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FAKTENCHECK

Anti-Baby-Pille vs. AstraZeneca: Wie hoch ist das Thrombose-Risiko wirklich?

(FOTOS: iStockphotos)

Der Covid-19-Impfstoff von AstraZeneca könnte möglicherweise schwerwiegende Hirnvenenthrombosen verursachen. Auch die Pille erhöht bekanntermaßen das Thrombose-Risiko. Doch wie hoch ist dieses Risiko tatsächlich und lassen sich die beiden überhaupt vergleichen?

Die Einnahme der Antibabypille gilt als Risikofaktor für die Entwicklung einer Thrombose. Derzeit steht auch der Corona-Impfstoff AstraZeneca im Verdacht, die Entstehung von Blutgerinnseln zu begünstigen. In den Sozialen Medien werden diese beiden Beispiele daher immer wieder im Vergleich genannt. Sogar die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley, twitterte: „Die neueste Generation der Antibabypille hat als Nebenwirkung Thrombosen bei 8-12 von 10.000 Frauen. Hat das bisher irgendwen gestört?“ Trotzdem würden sich viele Menschen mehr vor der Impfung als vor der Pille fürchten. Doch ist das Thrombose-Risiko bei der Anti-Baby-Pille überhaupt mit dem Risiko durch eine Corona-Impfung vergleichbar?

Kann man die beiden Thrombose-Risiken miteinander vergleichen?
Nein, sagen die Experten, denn Thrombose ist nicht gleich Thrombose. Mit derzeit diskutierten Nebenwirkungen der Corona-Impfung lasse sich die Pille nicht vergleichen, auch weil noch kein Zusammenhang zwischen Impfstoff und Thromboserisiko festgestellt worden ist, meint etwa Professor Brigitte Schwarzer-Daum, Leiterin Qualitätsmanagement an der Klinischen Pharmakalogie der MedUni Wien.

Doch wie unterscheiden sich die Thrombose-Vorfälle zwischen Pille und Impfstoff?
Bei den Gerinnungsstörungen, die in zeitlichem Zusammenhang mit der AstraZeneca-Impfung auftraten, handelt es sich um Hirnvenenthrombosen. Die Krankheit ist laut dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) schwerwiegend und zudem schwer zu behandeln. Ein Teil der betroffenen Personen hatten eine besondere Form von Hirnvenenthrombosen, nämlich eine Sinusvenenthrombose.

Bei der Anti-Baby-Pille gibt es hingegen ein nachgewiesenes Risiko für venöse Thromboembolien, also für ein Blutgerinnsel in einer Vene. Meistens treten Thrombosen in den Beinen auf. Solche venösen Thromboembolien verlaufen selten – in etwa 1 bis 2 Prozent der Fälle – tödlich. Thrombosen im Gehirn werden unter der Pille selten beobachtet. Die Thrombosen, die möglicherweise einen Zusammenhang mit dem AstraZeneca-Impfstoff haben unterscheiden sich also stark von der Thrombose, die die Pille verursachen kann.

Generelles Thromboserisiko für Frauen, die…Anzahl pro Jahr
keine hormonalen Verhütungsmittel verwenden und nicht schwanger sindEtwa 2 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Levonorgestrel, Norethisteron oder Norgestimat enthältEtwa 5-7 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Etonogestrel oder Norelgestromin enthältEtwa 6-12 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Dienogest enthältEtwa 8-11 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Drospirenon, Gestoden oder Desogestrel enthältEtwa 9-12 von 10.000 Frauen
ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum verwenden, das Chlormadinon oder Nomegestrol enthältNoch nicht bekannt, auf europäischer Ebene werden derzeit Studien ausgewertet
(Quelle: BfArM)

Zum Vergleich: Insgesamt wurden bislang sieben Millionen Impfungen mit dem AstraZeneca-Impfstoff in der Europäischen Union und etwa elf Millionen in Großbritannien durchgeführt. Im Zeitraum weniger Monate traten dabei insgesamt 18 Fälle von zerebralen Sinus- und Venenthrombosen (CVST) und sieben Fälle von disseminierter intravasale Koagulopathie (DIC) auf (Stand 18.3.2021). Das entspricht runtergerechnet etwa einem CVST-Fall pro einer Million Geimpfter.

Diese Faktoren erhöhen das Thrombose-Risiko
Zu den Risikofaktoren für eine Thrombose zählen Rauchen, Übergewicht, eine Schwangerschaft, Flüssigkeitsmangel, aber auch die Einnahme der Anti-Baby-Pille. Einen Vergleich der Wirkungen der Antibabypille mit denen der AstraZeneca-Impfung und folglich die Ableitung einer Warnung halten Experten für schwierig. Grundsätzlich sei das Risiko für Thrombosen bei Frauen sehr hoch. Das habe aber nichts mit den Impfungen zu tun, so der Mediziner Dr. Christoph Specht.

Er warnt vor der Kombination mehrerer Risikofaktoren: „Rauchen und die Pille einnehmen – das allein ist ein ungleich viel höheres Risiko für eine Thrombose als die Impfung. Mit jedem Risikofaktor potenziert sich das.“

Quellen und Links: