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ALBANIEN

Balkan Stories: Die Busse sterben am Balkan aus

(FOTO: Balkan Stories)

Der öffentliche Verkehr in Albanien ist noch chaotischer als in den anderen Balkanstaaten. Nicht nur für Außenstehende ist die eigenwillige und lückenhafte Organisation verwirrend. Verlassen kann man sich einzig auf Mercedes.

„Nach Lezha willst du? Da bist du am falschen Busbahnhof.“

Ich schaue die Mitarbeiterin des Reisebüros verwirrt an.

Google hat mich an diese Stelle entlang der Rruga Kolonija beim Pallati i Sportit verwiesen, als ich nach „Bus terminal Tirana“ suchte.

So sehr ich Google Maps hasse, ohne diese App hätte ich diesen Ort wahrscheinlich nie gefunden.

Es ist ein mittelgroßer Parkplatz, umgeben von einem Rechteck erdgeschossiger Reisebüros mit einigen Cafes dazwischen.

Dass das ein Busbahnhof ist, kann man eher erahnen als wissen. Schilder gibt’s hier keine.

„Das ist der internationale Busbahnhof“, sagt mir die sehr freundliche junge Frau. „Du musst zum Nord-Süd-Busbahnhof“.

Ich sehe sie verwirrt an.

„Ich weiß, das ist nicht unbedingt logisch, und vor allem Touristen verirren sich regelmäßig“, sagt sie. „Aber glücklicherweise ist der Busbahnhof nicht weit weg. Und wenn du zurückgehst auf den Boulevard, ist auch gleich eine Bushaltestelle, wo du direkt hinfahren kannst.“

Sie gibt mir die genaue Adresse.

Der Fahrer des Busses der Tiranaer Linien spricht natürlich kein Englisch, wie fast alle anderen älteren Albaner.

Sein Schaffner auch nicht.

Glücklicherweise gibt es ein paar Fahrgäste, die mir weiterhelfen.

Wie gemeinhin am Balkan üblich sind die Menschen in Albanien ausgenommen hilfsbereit.

Ich frage mich auf dem Weg zur Bushaltestelle nur, ob’s hier wohl auch einen Ost-West-Busbahnhof gibt. Aber den brauch ich glücklicherweise diesmal nicht.

Irgendwie schaff ich’s zum richtigen Busbahnhof

Fahrschein habe ich keinen. Kioske scheinen keine zu haben. Und dit Ausnahme eines einzigen Fahrkartenschalters in der Nähe vom Skenderbeg-Platz hab ich bislang keine Möglichkeit gefunden, hier Tickets für den öffentlichen Nahverkehr in Tirana zu erwerben.

Aus dieser Verlegenheit hilft mir der Schaffner.

Irgendwie quetscht er sich durch den übervollen Bus und kassiert bei jedem den Fahrpreis von 40 Lek. Das sind ziemlich genau 40 Cent.

Als alle aussteigen, steige ich auch aus.

Ein ansonsten zusammenhanglos aufgestelltes Schild weist mich darauf hin, in welche Richtung ich muss.

Schild beim Busbahnhof Süd-Nord in Tirana
(FOTO: Balkan Stories)

Das Wort Jug bedeutet offenbar das Gleiche wie in slawischen Sprachen. Terminali ist dem Italienischen entlehnt. Ich kann mir zusammenreimen, dass der Süd-Nord-Busbahnhof irgendwo in der Gegend sein muss.

Hoffentlich in der vagen Richtung, in die mich der Pfeil weist.

Das ist so wie der Internationale Busbahnhof Wien Erdberg, nur schlimmer.

Dann steht man vor einem großen Parkplatz mit einem Parkwächterhütterl samt Schranke.

(FOTO: Balkan Stories)

Ist das der Parkplatz, wo sie zwischendurch die Busse abstellen? Oder ist das der Busbahnhof?

Ich bin etwas unschlüssig.

Bis ich einen Fahrkartenschalter sehe. Neben dem ist ein Fahrplan angeschlagen.

„Ich würde gerne eine Fahrtkarte nach Lezha kaufen“, sage ich der Verkäuferin.

„Die haben wir nicht. Das musst du direkt im Bus kaufen“, sagt sie mir.

Der Kiosk gehört einer der Buslinien, die hier abfahren.

Wie im ehemaligen Jugoslawien ist der öffentliche Busverkehr in Albanien vollständig privatisiert.

Es gibt keine allgemein gültigen Fahrkarten, und keinerlei irgendwie koordinierten Netzfahrplan.

Jede Buslinie macht, was sie will.

Nur, dieses Ausmaß an Laissez Faire sucht man auch im ehemaligen Jugoslawien vergeblich – mit Ausnahme des Kosovo, wo man offenbar die Gepflogenheiten Albaniens übernommen hat.

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