Start Blog
GESCHICHTE

Ceca, Papierfähnchen und Bokis Strandbücher

Du entkommst dem Turbofolk nicht

Eine Liegestuhlreihe hinter mir hören drei Frauen zwischen 18 und 22 Turbofolk. Die Rothaarige singt mit. Falsch und mit Begeisterung. Wenigstens nicht laut.

Ich kann nicht erkennen, wer die Originalsängerin ist.

Ceca und Jelena Karleuša klingen für mich gleich.

Den alternativen Turbofolkliebhabern mag es die Haare aufstellen bei dieser Aussage.

Ceca ist im Nebenberuf die Witwe von Kriegsverbrecher und Mafioso Arkan.

Karleuša gilt als die Weltoffene im Turbofolk und setzt sich für Schwulen- und Lesbenrechte ein, wenn sie nicht gerade als Eso-Tante unterwegs ist und von Autismus durch Impfungen schwurbelt.

Fairerweise: Gegen Corona ließ sie sich impfen.

Ein Boot fährt vorbei und informiert uns über Lautsprecher, dass am Freitagabend ein mutmaßlich bekannter regionaler Sänger mit seinem Auftritt in einem Klub in Herceg Novi die Saison beenden wird.

Dortmund, ein Leben und ein Hundebaby

Ich flüchte ins Meer.

Die ersten paar Meter liegt ein dünner Sonnenölfilm an der Oberfläche.

Unvermeidbar in einem ruhigen Adriaabschnitt. Herceg Novi ist das nördliche Ende der Bucht von Kotor.

Das Wasser ist kalt. Ich gehe nur langsam herein.

„Ja, das ist erfrischend. Ich versteh dich gut“, lacht mich ein etwa 70-Jähriger auf Deutsch an. „Ich gehe auch nur langsam rein“.

Wir machen die ersten Schwimmzüge gemeinsam.

Bei Dortmund lebt er, erzählt er mir, und das auch schon seit 45 Jahren.

„Damals wollte ich nur ein, zwei Jahre raufgehen, richtig Geld machen.“

Das Leben kam dazwischen, wie es meine liebe Freundin Katarina Kaupa formulieren würde, die vor 20 Jahren auch nur zum Studieren nach Wien kam.

Bei dem Dortmunder Montenegriner waren es Frau und drei Kinder. Eine klassische Gastarbeitergeschichte.

Auch das Haus in seiner Heimatstadt Herceg Novi gehört dazu. „Jedes Jahr hab ich daran geschuftet. Fertig ist es bis heute nicht. Aber dieses Jahr, da habe ich viel Zeit und werde viel weiterbringen“, erzählt er mir.

„Ich bin ja in Rente, da kann ich mich ganz dieser Aufgabe widmen“, sagt er, und lacht herzlich.

Am Strand sitzt eine junge Frau im Wasser.

Ein Welpe schmiegt sich an ihren Oberkörper. Drei, vier Monate alt.

Sie übergießt die kleine Retrieverhündin mit etwas Wasser, vorsichtig.

Das Hündchen sieht sich neugierig um.

Frauerl macht ein paar Schritte weiter rein.

Sitzen geht hier nicht mehr.

Sie geht langsam in die Hocke.

Schwanz und Hintern des Welpen sind im Meer.

Das Tier wirkt etwas aufgeregt.

Frauerl taucht langsam den Arm ins Meer.

Der ganze Bauch des Welpen ist unter Wasser.

Frauerl zieht langsam den Arm unter dem Welpen weg.

Das Hundemädchen schwimmt.

Nicht panisch.

Aber geradelinig auf den Strand zu.

Das Retriever-Mädchen schüttelt sich und läuft zu den Eltern von Frauerl. Genauer gesagt auf die Strandhandtücher der Quasi-Großeltern.

Dort schüttelt es sich ein zweites Mal, und kräftiger, und legt sich immer noch klitschnass auf das Handtuch.

Wozu ist man schließlich Hund geworden?

Die Quasi-Großeltern begrüßen das Hündchen herzlich und loben es.

„Drei Monate ist die Kleine“, erzählt mir die Besitzerin nachher. „Wir haben sie vor ein paar Wochen gekriegt. Unseren alten Hund haben wir leider einschläfern lassen müssen, und das hat so wehgetan, dass klar war, wir brauchen wieder Einen.“

Seit ein paar Tagen gewöhnen sie die Kleine ans Wasser. Für einen Retriever dürfte sie ein wenig wasserscheu sein,

„Aber es wird schon. Gestern war sie das erste Mal schwimmen, und das hat sie überhaupt nicht traumatisiert. Wichtig ist natürlich, dass wir sie loben, wenn sie schwimmt.“

Streng genommen sind Hund auf diesem Strandabschnitt verboten.

„Aber sie ist noch so klein, da geht das noch“, verrät mir der Vater der Besitzerin schmunzelnd. „Außerdem ist jetzt Nachsaison, es sind also nicht so viele Leute am Strand.“

Die Krofne-Verkäuferin macht wieder eine Runde.

Die Sonne steht etwas tiefer. Es muss wohl gegen 17 Uhr sein.

Lesen Sie mehr auf der nächsten Seite!