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FIT GEGEN VORURTEILE

Diese 4 Sportarten haben mit besonders überflüssigen Klischees zu kämpfen

Viele Muskeln, wenig Hirn und ein fragwürdiges Selbstbild. Gerade beim Bodybuilding gehen die meisten Klischees hart unter die Gürtelline. (FOTO: fotolia.com © antondotsenko)

Die meisten dürften über ziemlich jede Sportart gewisse Klischees im Kopf haben. Bei den folgenden Beispielen sind die jedoch besonders unfair.

Was wäre Sport ohne Klischees? Etwa Fußball. Hand hoch, wer da nicht manchmal an den nicht gerade hellen Balltreter denkt, der herumspuckt wie ein Lama und bei Interviews nur so mit Sprüchen zum Fremdschämen um sich wirft. Gut, aufgeklärte Menschen wissen, dass die meisten Klischees eben nur das sind – meist meilenweit entfernt von der Wahrheit. Doch leider sind sie dennoch nicht totzukriegen – siehe auch die teils hanebüchenen Mythen über Sinti und Roma. Bei den folgenden Sportarten läuft die Irrglauben-Maschine ähnlich auf Hochtouren. Zeit, mit ein paar Dingen aufzuräumen.

  1. Bodybuilding

Die Klischees

Viele Sportarten haben mit teils sehr unfairen Klischees zu kämpfen. Eine traurige Spitzenposition nimmt jedoch Kraftsport ein. Das am weitesten verbreitete Klischee dürfte wohl das sein, wonach Bodybuilder ihre Muskeln hauptsächlich Steroiden zu verdanken haben – und die damit, weil diese Mittel unter die Anti-Doping-Gesetze fallen, gleich auch schon in eine „halbseidene“ Ecke gerückt werden.

Und überhaupt: Oberflächliche Freaks sind das: „Wie kann man denn sowas schön finden, erst recht mit dem ganzen Selbstbräuner drauf?“ fragen sich viele empört – als wären Schönheitsideale jemals einheitlich gewesen. Dass der Durchschnitts-Bodybuilder in den Augen vieler Durchschnittsmenschen auch zu den geistig weniger Begüterten gehört, verwundert kaum – wer tagtäglich stundenlang dumpf Eisen pumpt, kann ja keine Geistesgröße sein. Und natürlich: Die Sklaven ihres Körpers, die irgendwann nicht anders können, als weiterzumachen, weil sonst die Haut hängt wie bei einem ehemals stark Übergewichtigen.

Die Wahrheit

Wer glaubt, dass jemand, nur weil er auf Bodybuilding steht, zum Anabolika-Konsumenten wird, glaubt wahrscheinlich auch, dass jemand, der zum Abendessen Wein trinkt, an der Schwelle zum Alkoholiker stünde – beides sind haltlose Unterstellungen, die ignorieren, dass selbst hohe Schätzungen für Österreich von maximal 20 Prozent aller Bodybuilder ausgehen – womit sich die Zahlen kaum noch von denen anderer Sportarten unterscheiden.

Auch das Bild vom „tumben Pumper“ ist einfach nur unfair. Denn um einen wirklich wettkampfmäßigen Körper zu erlangen, leben viele Bodybuilder über Jahre einen buchstäblich mönchsartigen, extrem selbstdisziplinierten Lebensstil, der 24/7/365 Aufmerksamkeit bedingt – auch außerhalb des Studios. Und das Wissen, das viele der Kraftsportler über Ernährung, Nährstoffe, Körperchemie angesammelt haben, dürfte so manchem Wissenschaftler zur Ehre gereichen – mal abgesehen davon, dass sich unter Uni-Absolventen nicht weniger Bodybuilder befinden, als unter Handwerkern und anderen Normalsterblichen. Und für die Optik gilt natürlich auch hier: Schönheit liegt im Auge des Betrachters.

  1. Golf

Die Klischees

Um Golf zu spielen, muss man definitiv alt sein – ist das überhaupt ein richtiger Sport, es fließt ja gar kein Schweiß? Und selbst wenn die Öffentlichkeit mit viel Wohlwollen Golf zum Sport erhebt, bleibt natürlich die Tatsache, dass wohl keine andere Disziplin so elitär sein dürfte. Sieht man Slobodan, 32, Automechaniker, jemals auf dem Golfplatz? Nein, das würde Heinz, 65, Vorstandsmitglied, niemals erlauben – und weil es die Platzreife gibt (eine Art Golf-Matura) und natürlich die zwingenden Clubbeiträge, stellt der „Sport“ auch sicher, dass keine Unwürdigen sich darin breitmachen und das teure Green zertrampeln. Die unglaublich teuren Schläger sind da nur eine weitere, höchst angenehme Hürde, damit das Proletariat nicht einfällt.

Die Wahrheit

Wenn kein Schweiß fließt, ist es also kein Sport? Das sollte man schnell dem olympischen Komitee verraten – damit es Bogenschießen abschafft. Pech natürlich auch für Billardspieler, Bowler und Boule-Spieler. Nein, die Wahrheit ist, Golf ist eine Präzisionssportart. Wie der Name schon sagt, geht es dabei nicht um körperliche Höchstleistung, sondern Präzision – das macht Golf aber nicht weniger sportlich. Und jeder, der es schon mal versucht hat, weiß, dass Golf unheimlich schwer ist, weil man selbst für einen normalen Abschlag lange üben muss.

Snobsport Nummer eins für alte, reiche Männer, die gerne in lächerlich gemusterten Outfits über Rasen schlendern – das denken sehr viele über Golf. (FOTO: fotolia.com © Decellio)

Und Fakt ist auch: Auch in Österreich gibt es diverse Plätze, in denen man ohne Platzreife und ohne Mitgliedschaft spielen kann – für rund 20 Euro pro Tag, mit denen nur die immensen Kosten für das Anlegen und Pflegen eines Golfplatzes gedeckt werden. Bei gleicher Gelegenheit kann auch das Equipment geliehen werden. Nichts mit Elitismus. Dafür sorgt auch die quicklebendige Szene der Crossgolfer. Die kaufen sich zwei, drei günstige Schläger und machen ihre Umwelt zum Golfplatz. Auch das kann jeder.

  1. Sportschießen

Die Klischees

Auch beim Sportschießen gibt es Klischees – selbst die Wohlwollenderen sprechen auch hier den Sportstatus ab. Die gängigeren sehen jedoch so aus: Volle Deckung, die Waffennarren kommen. Wer Schusswaffen besitzen will, vor dem muss man sich doch schon in Acht nehmen, oder? Sicher zu viele Actionfilme geguckt und jetzt glaubt er, er müsse das Gesetz in die eigenen Hände nehmen. Was der sich wohl vorstellt, wenn er auf dem Schießstand ist und durchs Zielfernrohr schaut? Sicherlich nichts Gutes. Wozu hat jemand fünf verschiedene Pistolen und Gewehre und ein paar hundert Schuss Munition zuhause?

Die Wahrheit

Schusswaffen können gefährlich sein. Das wissen Sportschützen (ferner auch Jäger) wohl besser, als jeder Nichtinvolvierte. Im Gegensatz zu diesen haben Sportschützen jedoch ein wesentlich größeres Sachwissen – und nebenbei mit eines der strengsten Waffengesetze der Welt. Alle Waffen in Österreich sind registriert. Und Kurzwaffen, also Pistolen und Revolver, gibt’s sowieso nur für Besitzkarteninhaber, die sich einer sehr strengen Kontrolle unterziehen müssen.

Genau deshalb finden sich hierzulande wohl auch nur weniger Bevölkerungsgruppen, die noch gesetzestreuer sind. Denn auch geringfügige Fehltritte können zum Einzug aller Waffen führen. Und mit sich durch die Gegend tragen dürfen Sportschützen ihre „Eisen“ auch nicht – dazu braucht es einen Waffenpass, den bekommt man nur bei (sehr restriktiv überwachtem) Bedarf. Bleibt noch das Klischee vom Actionfilmzuschauer. Dazu vielleicht eine Statistik: Von allen Verbrechen, die im Zusammenhang mit Schusswaffen gegangen werden, entfallen in Österreich weniger als 0,1% auf Legalwaffen.

  1. Boxen
Nichts gelernt außer regellosem Draufprügeln. Boxen scheint in den Augen vieler gleichbedeutend mit einer Kneipenschlägerei zu sein. (FOTO: fotolia.com © sodorovstock)

Die Klischees

Es dürfte wohl nur wenige geben, die noch nicht mindestens einen Teil der „Rocky“-Boxfilmreihe gesehen haben. Tatsächlich stammen auch die meisten Boxsport-Klischees hieraus. Natürlich abermals das von mangelnder Intelligenz – wer lässt sich schon freiwillig auf Schlägereien ein? Das kann ja nur jemand sein, der es anderweitig nicht geschafft hat. Und mit jedem Schlag, den sie einstecken, werden sie noch ein bisschen trüber im Oberstübchen. Was dann schon fast amüsant anmutet: Die, die solche Klischees vertreten, sind häufig auch diejenigen, die bei Profikämpfen im Fernsehen den Kontrahenten schnell vorwerfen, „Klammeraffen“ zu sein, nicht aggressiv genug einzudreschen.

Die Wahrheit

Zunächst mal: Rocky ist solides Popcorn-Kino – aber vom Boxsport so weit entfernt, wie „Rambo“ vom Bundesheer. Boxen ist ein Hochleistungssport, nicht weniger als Triathlon oder Zehnkampf. Und Boxen ist definitiv keine disziplinlose Haudrauf-Veranstaltung. Im Gegenteil, es steckt voller Regeln – und ist mit enormer Strategie und Selbstbeherrschung verknüpft. Eben weil jemand, der einfach nur blindlings draufprügelt, ganz schnell ausgepowert in den Seilen hängt, bereit, vom sorgsam taktierenden Gegner auf die Bretter geschickt zu werden. Tatsächlich baut es durch die kontrollierte Anwendung von Gewalt Aggressionen viel mehr ab, statt sie aufzubauen.