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LOKALE OHNE STANDORT

„Ghost Kitchen“: Diese Fake-Restaurants in Wien beliefern dich mit Essen

(FOTO: iStockphoto)

Wer in Wien bei Mjam bestellt, der ist beim Durchscrollen der Liefer-Lokale vielleicht schon einmal auf die ein oder andere „Ghost Kitchen“ gestoßen. Doch was bedeutet das und woher kommt das Essen?

„Burger? Haben wir, aber nur bei Lieferung.“ – Die Kebab-Stube im zweiten Wiener Bezirk wirkt auf den ersten Blick wie jede andere. Doch hinter dem unscheinbaren Lokal befindet sich eine sogenannte „Ghost Kitchen“, eine Geisterküche, die im Internet unter einem ganz anderen Namen läuft. So findet man diese bei Mjam etwa unter dem Namen „Beste Freunde Burgergrill“. Doch was verbirgt sich hinter den sogenannten „Ghost Kitchens“, von denen es in Wien bereits eine ganze Menge gibt? KOSMO klärt euch auf.

Virtuelle Restaurants, die es gar nicht gibt
Sogenannte „Ghost Kitchens“ bezeichnen Lokale, die es nur im Internet – etwa beim Bestellen über Mjam – gibt. Das Essen wird jedoch in Wirklichkeit in unscheinbaren Restaurants mit ganz anderen Namen zubereitet. Mit den geschickt inszenierten Marken soll die Mjam-Kundschaft auf diese Lokale aufmerksam gemacht und von anderen Konkurrenten weggelockt werden. Die Vermarktung übernimmt eine Tochterfirma des deutschen Liefer-Riesen Delivery Hero – und hilft damit den Ghost Kitchens, in Konkurrenz zu herkömmlichen, bei Mjam gelisteten Restaurants zu treten.

Einige Beispiele für solche Wiener Geisterküchen bei Mjam sind etwa die Liefer-Lokale Baba Noni, Gangnam Kitchen, Mamacita, Holy Chicken, Blattgold oder eben Beste Freunde Burgergrill. Geschickt getarnt hüllen sich diese Lokale in ein vermeintlich hippes Design. Mit Bildern von Gerichten und knackigen Texten machen die Restaurants Appetit auf die Gerichte – von den eigentlichen Restaurants, die die Speisen zubereiten und die dann von Mjam-Lieferboten zugestellt werden, steht da jedoch kein Wort. Eines haben die Webseiten – mal abgesehen vom ähnlichen Aufbau – dann aber doch immer gemeinsam: Betreiber ist die Delivery Hero HF Kitchens GmbH.

Ghost Kitchen bei MjamAdresseWebseiteTatsächliches Geschäftslokal
Baba NoniSemperstraße 47, 1180 Wienhttps://babanoni.at/Milons Restaurant
Gangnam KitchenEngerthstraße 92, 1200 Wienhttps://gangnamkitchen.at/Pizzeria Delfino
MamacitaSemperstraße 47, 1180 Wienhttps://mamacita.at/Milons Restaurant
Beste Freunde BurgergrillUntere Augartenstraße 2, 1020 Wienhttps://bestefreundeburger.at/Mr. Döner’s
Holy ChickenPantzergasse 4, 1190 Wienhttps://holychicken.at/Pizzeria Mamanoso
BlattgoldSemperstraße 47, 1180 Wienhttps://blattgold-lieferservice.at/Milons Restaurant

Wer steckt hinter den Ghost Kitchens?
Der Betreiber all dieser gelisteten Ghost Kitchens ist die Delivery Hero HF Kitchens GmbH. Diese lässt sich jedoch wiederum nicht im Firmenbuch finden. Ist also alles nur ein großer Fake? Nein: Delivery Hero ist der deutsche Mutterkonzern des Lieferdienstes Mjam in Österreich, und „HF“ steht kurz für „Honest Food“. Bei der Honest Food Company handelt es sich um ein Berliner Startup, das von Delivery Hero Ende 2019 aufgekauft wurde und damit um ein Schwesterunternehmen von Mjam.

Wie funktioniert das Konzept „Ghost Kitchen“?
Das Startup-Unternehmen „Honest Food“ betreibt virtuelle Restaurants. Lokalbetreiber wie Mr. Döner’s oder die Pizzeria Delfino sind Franchise-Nehmer der erfundenen Marken wie „Gangnam Kitchen“ und Co. Sie kaufen die Zutaten sowie die Verpackungen bei Honest Food. Die Speisen werden dann in Großküchen gekocht und tiefgefroren an die Franchise-Nehmer geliefert. Die Bestellungen kommen über Mjam oder die Lokal-Webseiten selbst herein, die Honest Food betreibt. Dafür wird eine Gebühr pro Lieferung bezahlt.

Wie geht die Gastronomie mit „Ghost Kitchens“ um?
Das Thema der Ghost Kitchen ist in der Gastronomie bereits bekannt – es gibt dazu viele Meinungen, sowohl Pro als auch Contra. Vom Fachverband Gastronomie der Wirtschaftskammer Österreich heißt es zu dem Thema: „Wir haben bis jetzt dazu noch keine Kritik von unseren Mitgliedsbetrieben erhalten und werden dieses Vorgehen einstweilen beobachten. Sollte die Thematik eine spürbare Beeinträchtigung für die Betriebe darstellen, werden wir gegebenenfalls weitere Schritte evaluieren.“

Delivery Hero hat fast doppelten Umsatz
Gerade in Zeiten von Corona zählt Delivery Hero, also der Mutterkonzern von Honest Food und Mjam, zu den großen Gewinnern.Ihr Umsatz ist im ersten Quartal 2020 um 92% auf 515 Millionen Euro gestiegen. Das ist fast eine Verdoppelung zum Vorjahr. In Österreich hieß es seitens der Delivery-Hero-Tochter Mjam zuletzt, dass die Bestellungen bei Essenslieferanten wieder zunehmen.