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„Heasd Brate geh ma‘ Fitinn“: Ein Erlebnisbericht

FOTO: Selma Tahirovic

Na oida, fix ned!
Als ich mich zum ersten Mal im Spiegel sehen konnte, verzog ich vor lauter Schreck das Gesicht und versuchte den perfekten Zeitpunkt für meinen Heulanfall zu berechnen. Als E. dann auch noch verlangte, dass ich mit einem Bein auf die Bank aufsteige, während meine Hände gleichzeitig Gewichte hielten und ich dazu noch mein zweites Bein in die Luft heben sollte, war es bei mir vorbei.

Meine kognitiven Fähigkeiten sind in Stresssituationen mehr als beschränkt – dies war definitiv so eine besagte Situation. Ich sah ihn an und sagte „Vergiss, i moch des fix ned!“ – besonders nicht vor allen anderen Leuten. Ich malte mir immer mehr unrealistische Szenarien aus und stellte mir vor wie die ganzen „Fitnesspros“ über mich tuschelten. In dem Moment kam ich mir vor wie bei Dick & Doof – nur, dass ich 3in1 war – dick, doof und potschad.

Seine Geduld neigte sich dem Ende zu und ich wollte einfach nur im Boden versinken. Zumindest an der Beinpresse konnte ich ihn „beeindrucken“ – ganze 40 Kilo habe ich da mit meinen X-Haxn gedrückt und das ohne gröbere Probleme. Als es jedoch dazu kam Lunges am Gang des Fitinns zu machen, wo mich absolut jeder sehen konnte – während ich wie ein Vollidiot meine lächerlichen 2 Kilo Gewichte hielt und zitterte – wollte ich einfach nur mehr nach Hause. Paar Augenverdreher später flehte ich meinen sporty Freund an mich einfach an einem „Cardio-Gerät“ abzusetzen bis er mit seinem Training fertig war.

Er entschied sich für den Stepper. E. stellte mir die Schwierigkeitsstufen ein und bescherte mir einen ernsten Blick: „Ich geh jetzt mal mein Training machen. Du steppst 20 Minuten, volle 20 Minuten. Falls du auf die Idee kommen solltest früher aufzuhören, vergiss es – ich kann dich von meinem Trainingsbereich aus sehen.“

Ich wimmelte ihn mit einem „Ja, Ja“ ab und wartete bis er endlich verschwunden war. Daraufhin stellte ich die Schwierigkeitsstufe von Sechs auf Zwei und fragte mich, ob er insgeheim geplant hatte mich umzubringen.

Nein, Nein und nochmals Nein
Ich kippte mir einen „Energydrink“ aus der tollen Getränke-Bar in meinen Mund, den mir E. kurz zuvor geholt hatte und versuchte mich zu konzentrieren. Während der chemische Kirsche-Banane-Mix meine inneren Organe verklebte, starrte ich wie eine Verrückte auf die Anzeige. Es waren ganze zwei Minuten vergangen und ich schwitzte wie ein hormongeladener Teenie bei einem Justin Bieber-Konzert in der ersten Reihe.

Nach zehn Minuten wurde mir so schlecht, dass ich von dem Gerät absteigen musste. Zumindest einen positiven Effekt hatte dieser Drink – er brachte mich fast zum Kotzen und ich hatte ’nen guten Grund mein Training abzubrechen. Ich spionierte unauffällig in E.’s Trainingsbereich und huschte in die Umkleide – für mich war dieses Abenteuer definitiv vorbei.

Ich wartete am Ausgang und war mental schon unter der Bettdecke mit meiner Hand in der Chipspackung. Als E. auf mich zukam, lächelte er mich an: „Morgen geh‘ ma gleich nochmal!“ Berührt von diesem ultimativen Liebesbeweis und der Tatsache, dass er sich die gleiche Sache mit mir nochmal antun würde, verneinte ich. Meine Beziehung war mir dann schlussendlich doch zu wichtig, da wollte ich’s nicht darauf ankommen lassen.

Meinen Vertrag habe ich paar Tage später ohne Probleme gekündigt – ein Hoch auf das Online-Rücktrittsrecht! Ich glaube das war das zweite und letzte Mal, dass ich mich in so ein Studio gequält habe. Im Endeffekt ist es einfach nichts für mich und macht mich absolut nicht glücklich. Mittlerweile habe ich durch das tolle Sportangebot der Uni Tanzen und Pilates für mich entdeckt. Ich schau zwar auch dabei aus wie ein heroinsüchtiger Pinguin, aber hab‘ zumindest tausendmal mehr Spaß.

Selma Tahirovic
Selma Tahirovic

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