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Justizreform

Justiz-Ironie: Regierungssparpläne könnten Grasser vor Knast retten

Fiona (Swarovski) Pacifico Griffini-Grasser und Karl-Heinz Grasser
FOTO: EPA/JOERG CARSTENSEN

Ausgerechnet die Sparpläne der Regierung könnten Karl-Heinz Grasser einen Gefängnisaufenthalt ersparen. Die neue Fußfessel-Regelung eröffnet dem verurteilten Ex-Minister unerwartete Perspektiven.

Die Regierungssparpläne könnten für Karl-Heinz Grasser zum Glücksfall werden. Der rechtskräftig verurteilte Ex-Finanzminister hat nun noch zwei Wochen Frist, um sich in der Justizanstalt Innsbruck zum Haftantritt zu melden. Das Innsbrucker Gefängnis genießt keinen besonders guten Ruf – in einer Untersuchung der Universität Innsbruck landete die Einrichtung auf dem letzten Platz unter zehn evaluierten Haftanstalten. In jüngster Zeit bereitete zudem eine Mäuseplage den rund 500 Insassen erhebliche Probleme.

Die Festlegung, ob bei einem Verurteilten eine Halbstrafe oder eine Zwei-Drittel-Strafe zur Anwendung kommt, obliegt der Justizanstalt selbst. Für den zu vier Jahren verurteilten ehemaligen Politiker würde dies eine tatsächliche Haftzeit von entweder zwei Jahren oder zwei Jahren und acht Monaten bedeuten. Die erste Variante entspricht exakt der neu geplanten Fußfessel-Regelung von 24 Monaten. Grasser könnte demnach bereits zum 1. September einen Antrag auf elektronisch überwachten Hausarrest stellen.

Neue Fußfessel-Regelung

Ein bemerkenswerter Aspekt des Budgetbegleitgesetzes 2025 betrifft die Ausweitung der Fußfessel-Regelung von bisher zwölf auf künftig 24 Monate vor dem regulären Haftende. Laut Regierungsvorlage, die Seite 18 des Dokuments, das Mitte Juni verabschiedet werden soll, tritt diese seit Jahren diskutierte Maßnahme zur Entlastung der Justizanstalten bereits am 1. September 2025 in Kraft. Diese zeitliche Planung dürfte direkte Auswirkungen auf die effektive Haftdauer des Ex-Ministers Karl-Heinz Grasser haben.

Sollte Grasser Ende Mai im umgangssprachlich als „Ziegelstadel“ bekannten Gefängnis einrücken, könnte er selbst bei Anwendung einer Zwei-Drittel-Strafe bereits im Jänner 2026 in den elektronisch überwachten Hausarrest wechseln.

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Im günstigsten – wenngleich nicht sehr wahrscheinlichen – Fall erreicht der wegen Untreue in der Buwog-Affäre (Privatisierung bundeseigener Wohnungen) verurteilte frühere Minister einen Haftaufschub bis zum 1. September.

Mögliche Szenarien

Eine vollständige Vermeidung des Gefängnisaufenthalts erscheint aus heutiger Sicht für Grasser nicht realistisch – es sei denn, seine Rechtsvertreter könnten noch einen triftigen Grund für einen weiteren Aufschub präsentieren. In diesem Fall hätte er die Möglichkeit, direkt aus der Freiheit heraus die Fußfessel zu beantragen. Stellt sich also die Frage: Könnte Grasser nach einem 16 Jahre dauernden Verfahren tatsächlich eine Gefängnisstrafe vollständig umgehen?

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Bemerkenswert bleibt in diesem Zusammenhang, dass der Oberste Gerichtshof das ursprüngliche Strafmaß von acht Jahren auf vier Jahre reduziert hat.

Obwohl die Verlängerung der Fußfessel-Regelung seit langem geplant war, hat der Richtersenat des Höchstgerichts vermutlich nicht mit einer so raschen Umsetzung gerechnet.

Keine Sonderbehandlung für Prominente

Laut Stellungnahme des Justizministeriums kann Grasser trotz seiner Prominenz grundsätzlich wie jeder andere Verurteilte von der neuen Fußfessel-Regelung profitieren. Voraussetzung ist, dass keine Ausschlussgründe – etwa schwere Gewalt- oder Sexualdelikte – vorliegen. Das Ministerium betont, dass die Reform vor allem auf eine Entlastung der Gefängnisse und die Förderung der Resozialisierung abzielt.

In den vergangenen Jahren wurde das elektronische Monitoring bereits mehrfach auch bei prominenten Verurteilten angewendet, ohne dass dabei Ausnahmen oder Verschärfungen zum Tragen kamen. Die Praxis zeigt, dass bei der Anwendung der Fußfessel-Regelung der Bekanntheitsgrad des Verurteilten keine wesentliche Rolle spielt – entscheidend sind vielmehr objektive Kriterien wie das Verhalten während der Haft und die Sozialprognose.

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