Die Wiener Austria hat die Duelle mit Titelverteidiger Sturm Graz perfekt genutzt, um wieder ernsthaft vom ersten Meistertitel seit 2013 träumen zu können. Nach dem 2:1-Erfolg am Mittwoch folgte am Sonntag in Graz ein 1:0 in einer turbulenten Begegnung. „Eine unfassbare Woche liegt hinter uns“, schwärmte Austria-Kapitän Manfred Fischer.
Nach der Pleite gegen die Austria ist im Sturm-Lager der Frust über die Schiedsrichterentscheidungen groß. Die Wiener hingegen schweben auf Wolke sieben. „Wir erleben gerade gemeinsam einen Höhenflug, für den wir alle hart gearbeitet haben“, freut sich Austria-Coach Stephan Helm nach zwei überzeugenden Auftritten seiner Mannschaft.
Nur drei Zähler hinter den Spitzenteams lauert vier Runden vor Schluss der WAC (Wolfsberger AC), während Salzburg mit vier Punkten Rückstand ebenfalls in Schlagdistanz bleibt. „Die Tabellenführung ist ein schönes Gefühl, aber ein einziges verlorenes Spiel kann alles auf den Kopf stellen“, gibt Fischer zu bedenken. Vom Titeltraum will er sich dennoch nicht verabschieden: „Träumen dürfen wir alle, besonders wenn man so nah dran ist – aber der Weg bleibt brutal lang.“
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Turbulente Begegnung
Auch in der Steiermark präsentierte sich die Austria als unangenehmer Gegner. Die Partie hatte mit dem Duell vom Mittwoch allerdings wenig gemein. Durch drei Platzverweise extrem zerfahren, gelang es den Wienern kaum, ihre numerische Überlegenheit spielerisch zu nutzen. Dennoch verwandelte Nik Prelec eine der wenigen Topchancen in der 80. Minute.
„Das Spiel war komplett zerfahren, wir selbst zu hektisch und hätten den Vorsprung souveräner über die Zeit bringen müssen“, analysierte Helm selbstkritisch. In der 96. Minute jubelte Sturm kurz über den vermeintlichen Ausgleich durch Belmin Beganovic. Der Treffer wurde jedoch wegen eines vorherigen Foulspiels von Emanuel Aiwu nicht anerkannt – der Schlusspunkt einer Reihe umstrittener Entscheidungen, die allesamt gegen die Grazer ausfielen.
Regelkonform waren sowohl der Platzverweis für William Böving (28.) nach einer Unsportlichkeit gegen den später ebenfalls ausgeschlossenen Reinhold Ranftl als auch die Ampelkarte für Leon Grgic (66./Foul). „Aus neutraler Sicht waren die Entscheidungen korrekt“, verteidigte sich Gishamer im Sky-Interview.
Schiedsrichter-Kritik
Die Grazer sahen die Situation anders. Coach Jürgen Säumel bezeichnete beide Roten Karten als „sehr hart“ und ärgerte sich besonders über die zweite. Grgic hatte früh im Spiel wegen einer Schwalbe Gelb gesehen, der Platzverweis folgte nach einem Zweikampf mit Aleksandar Dragovic.
Laut Säumel hätten die Austria-Spieler aus minimalen Kontakten stets viel gemacht und die Ausschlüsse gewissermaßen provoziert. „Es ärgert mich, dass die Schiedsrichter Woche für Woche auf solche Dinge hereinfallen.“ Auch Torhüter Kjell Scherpen ging mit dem Unparteiischen hart ins Gericht. „Der Schiedsrichter hatte von Beginn an keine Kontrolle über die Partie, keinen klaren Kopf. Ein Mann hat seine Verantwortung nicht gut wahrgenommen“, kritisierte der Sturm-Keeper.
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Gishamer konterte: „Wenn man die Situationen einzeln betrachtet, sollten sich die Sturm-Spieler fragen, ob sie mit ihren Emotionen nicht zurechtkamen“, entgegnete der 36-Jährige, der erst eine Woche zuvor beim 5:1 des WAC gegen Rapid einen wohl spielentscheidenden Fehlpfiff geleistet hatte.
Auch Scherpen musste Kritik einstecken. Vor dem entscheidenden Treffer verschätzte sich der Sturm-Keeper nach einer Ecke und konnte den Ball nur kurz abwehren. „Da muss ich den Ball weiter wegschlagen“, gab der 25-jährige Niederländer zu. Von Säumel kam jedoch Rückendeckung: „Null Vorwurf, sowas passiert. Er ist für mich der beste Tormann der Liga und wird im Endspurt noch wichtig für uns sein.“
Mit dem Auswärtsspiel beim Tabellensechsten Blau-Weiß Linz wartet auf sein Team am kommenden Sonntag die auf dem Papier leichteste Aufgabe, während die Austria in Salzburg antreten muss. „Der Blick auf die Tabelle bringt nichts und ist momentan auch nebensächlich. Abgerechnet wird zum Schluss, es sind noch genug Partien, um das Blatt zu wenden“, betonte Säumel.
Aus dem Gejagten ist seine Mannschaft zum Jäger geworden. „Die Mannschaft hat in dieser Saison bewiesen, dass sie mit beiden Rollen umgehen kann“, zeigte sich der 40-Jährige überzeugt. Nicht optimal ist für ihn, dass in Linz mit Böving und Grgic zwei Stürmer gesperrt fehlen werden. Durch die Verletzungen von Seedy Jatta und Fally Mayulu war die Personalsituation in der Offensive bereits angespannt.
„Die Personaldecke wird nicht breiter, aber wenn ich die Mentalität und Einstellung gesehen habe – man hat die Unterzahl kaum bemerkt – dann bin ich überzeugt, dass wir am Sonntag zurückschlagen werden“, erklärte Sturms Trainer.
Weiteres Ungemach droht dem Verein aus einem anderen Grund. Gishamer kündigte eine Anzeige wegen eines Becherwurfs auf das Schiedsrichterteam beim Verlassen des Platzes an.
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