Blutige Fehden, verhinderte Bombenanschläge und Tonnen von Kokain: Österreich ist längst mehr als nur Transitland für Drogen aus Südamerika – es ist Schauplatz eines Mafia-Kriegs.
Österreich entwickelt sich zunehmend zum Drehkreuz für südamerikanische Drogen, wobei die Fäden oft zu kriminellen Netzwerken mit Wurzeln im Westbalkan führen. Besonders rivalisierende Mafia-Clans aus Montenegro haben eine blutige Spur durch Europa gezogen. Als Binnenland fungiert Österreich sowohl als Ziel- wie auch als Transitland für den illegalen Suchtgifthandel.
Erst vergangenen Dienstag gelang Drogenfahndern des Wiener Landeskriminalamts ein bedeutender Schlag gegen Suchtgifthändler, die ihre Ware nach Österreich bringen wollten. Rund um die Osterfeiertage wurden in der Steiermark und in Wien mehrere hundert Kilogramm Cannabis sowie zwei Kilogramm Kokain sichergestellt, die in Lastwagen versteckt waren. Daniel Lichtenegger, Leiter des Büros zur Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität, schildert die beunruhigende Lage: „Die Annahme ist, dass der Verbrauch zwischen 10 und 12 Tonnen liegt, was eine beträchtliche Menge ist. Der Unterschied zu den entdeckten Lieferungen ist erheblich. Im Jahr 2023 wurden nur etwa 150 Kilogramm Kokain beschlagnahmt.“
„Die organisierte Tätergruppe Nummer eins bei schweren Drogendelikten kommt vom Westbalkan“, bestätigt Lichtenegger. Zwei verfeindete Mafia-Clans aus Montenegro waren wiederholt in gewaltsame Auseinandersetzungen verwickelt.
In den vergangenen Jahren forderte dieser Konflikt mindestens 80 Menschenleben – auch auf österreichischem Boden.
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Gewalt in Wien
„Wir hatten einen Mord vor dem Restaurant Figlmüller im Dezember 2018. Natürlich gibt es immer wieder Fälle, die schwere Gewalt beinhalten“, erläutert der Drogenermittler. Erst kürzlich konnte ein geplanter Bombenanschlag in Wien-Ottakring nur durch einen technischen Defekt verhindert werden. Lichtenegger beschreibt ein bemerkenswertes Phänomen innerhalb der organisierten Kriminalität: „Manchmal kann es vorkommen, dass auf den niedrigsten Ebenen Gewalttaten gegenseitig verübt werden, aber die höheren Ebenen miteinander kooperieren.“ Dies führe mitunter zu verwirrenden Situationen.
Kriminelle Strukturen
„Kriminelle Organisationen haben eine klare Arbeitsteilung: Einige Clans spezialisieren sich auf Transport, andere auf Verkauf oder Geldflüsse. Laut Lichtenegger reicht eine erfolgreiche Bekämpfung nicht aus, „nur die höchsten Funktionäre aus dem Spiel zu nehmen, sondern es geht auch um die Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität im Allgemeinen.“
„Das betrifft alle, vom Konsumenten bis zum Straßendealer und der organisierten Kriminalität“, unterstreicht er.
Die österreichischen Polizeikräfte setzen rund 600 Beamte ein, die sich schwerpunktmäßig der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität widmen – deutlich weniger als die geschätzte Anzahl der Personen, die in der organisierten Kriminalität tätig sind.
Trotz dieser zahlenmäßigen Unterlegenheit ist die Aufklärungsrate in diesem Bereich vergleichsweise hoch.
Ermittlungsgruppe gegen Balkan-Drogenclans
Seit 2020 geht die Ermittlungsgruppe „Alpha-Pannonia“ des Bundeskriminalamts gezielt gegen die serbisch-montenegrinischen Drogenclans vor. Diese Gruppen schmuggelten hochreines Kokain häufig von Südamerika über belgische und niederländische Häfen nach Österreich. Bei koordinierten Aktionen konnten bereits 73 Personen festgenommen werden. Neben Drogen stellten die Ermittler auch gefährliche Sprengstoff- und Schusswaffenbestände sicher.
Im Zentrum der Ermittlungen stehen die montenegrinischen Kavac- und Skaljar-Clans, denen eine Schlüsselrolle im europaweiten Kokainhandel zugeschrieben wird. Der Bandenkrieg zwischen diesen Gruppierungen wirkte sich direkt auf die Sicherheitslage in Wien aus – darunter der Mord beim Figlmüller und der kürzlich verhinderte Bombenanschlag in Ottakring.
Experten betonen die hochprofessionelle Struktur dieser kriminellen Organisationen: „Die arbeitsteilige Organisation dieser Netzwerke macht die Bekämpfung besonders schwierig“, erklärt ein Ermittler.
„Während einige Zellen ausschließlich für Logistik und Transport zuständig sind, kümmern sich andere um Vertrieb und Geldwäsche.“ Diese Komplexität erfordert internationale Polizeikooperation, um nachhaltige Erfolge zu erzielen.
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