Europas Drogenfahnder jagen den Phantom-Paten: Radoje Zvicer, Kopf des berüchtigten Kavac-Clans, soll 83 Kilo Kokain nach Österreich geschleust haben.
Auf Ersuchen Österreichs hat Interpol eine internationale Fahndung nach dem montenegrinischen Staatsbürger Radoje Zvicer ausgeschrieben. Der 42-Jährige, der als Kopf des berüchtigten „Kavac-Clans“ (montenegrinische kriminelle Organisation) gilt, wird wegen schwerwiegender Drogendelikte gesucht. Die heimischen Behörden werfen ihm vor, als führendes Mitglied einer kriminellen Organisation rund 83 Kilogramm Kokain mit einer Reinheit von über 60 Prozent nach Österreich eingeschleust zu haben.
Laut Polizeibericht soll Zvicer maßgeblich an der Organisation einer internationalen Schmuggelkette beteiligt gewesen sein und Drogenlieferungen koordiniert haben, die später in seinem Auftrag in Wien vertrieben wurden.
Daniel Lichteneger vom Bundeskriminalamt erläuterte in der Sendung „Fahndung Österreich“ die Hintergründe, warum der Clanchef nun zu den meistgesuchten Personen hierzulande zählt. „Wir gehen davon aus, dass Zvicer für mindestens 100 Kilogramm Kokain verantwortlich ist, das auf österreichischem Boden in Umlauf gebracht wurde“, so der Leiter des Büros für Drogenbekämpfung. Lichteneger beziffert den jährlichen Umsatz durch Drogenhandel in Österreich auf zwei bis fünf Milliarden Euro.
Hochgefährlicher Verdächtiger
Darüber hinaus steht der Gesuchte im Verdacht, in zahlreiche Morddelikte und Gewaltverbrechen verwickelt zu sein. „Er soll für mindestens 20 Tötungsdelikte in Europa verantwortlich zeichnen“, warnt das Bundeskriminalamt und stuft den möglicherweise bewaffneten Mann als hochgefährlich ein. Zvicer gilt als Verwandlungskünstler: Die Behörden kennen bereits 15 verschiedene Aliasse, und es wird vermutet, dass er sein Erscheinungsbild regelmäßig verändert.
Mehrfach konnte er Anschlägen rivalisierender Gruppen nur knapp entkommen. 2020 überlebte er in der Ukraine schwer verletzt einen Mordversuch durch bewaffnete Angreifer. Wie die Kleine Zeitung im vergangenen November berichtete, äußerten sich mehrere hochrangige Ermittler zu dem Gesuchten. „Er zählt zu den meistgesuchten Kriminellen Europas“, erklärte damals Jürgen Jevsnikar, der das Büro für organisierte Kriminalität im Bundeskriminalamt leitet.
Internationale Verbindungen
Nach dem überlebten Anschlag in der Ukraine verschwand Zvicer spurlos. Die Behörden veröffentlichten auch seine bekannten Tarnidentitäten: Josip Babic (angeblich 1979 in Deutschland geboren), Dragan Gojkovic (angeblich 1977 in Montenegro geboren), David Grepo (angeblich 1983 geboren) und Ferenc Karoly (angeblich 1975 geboren).
Die Ermittlungen führten die Fahnder mehrfach nach Südamerika, wo Zvicer vermutlich Kontakte zu einflussreichen Drogenkartellen unterhält, um Kokainlieferungen nach Europa zu organisieren. Die Behörden gehen derzeit davon aus, dass er sich im Ausland aufhält.
„Allerdings können wir nicht ausschließen, dass er sich in Österreich versteckt und von hier aus seine Organisation steuert“, gibt Lichteneger zu bedenken.
Brutaler Clankrieg auf dem Balkan
Der Kavac-Clan gilt laut europäischen Sicherheitsbehörden als eine der gefährlichsten kriminellen Organisationen des Balkans. Seit 2014 liefert sich die Gruppe einen erbitterten Konflikt mit dem rivalisierenden Skaljari-Clan, der bislang mindestens 50 Todesopfer in verschiedenen europäischen Ländern gefordert hat. Diese blutige Fehde hat sich längst zu einem internationalen Problem entwickelt, das Ermittler in ganz Europa beschäftigt.
Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamts verfügt Zvicer über ein weitverzweigtes Netzwerk in Wien. Die Fahnder beschreiben ihn als muskulös mit zahlreichen Operationsnarben nach Schussverletzungen – ein körperliches Zeugnis seiner gewalttätigen Vergangenheit.
Ein wichtiger Erfolg im Kampf gegen den Clan gelang den Behörden 2023: Der mutmaßliche Wiener Statthalter des Kavac-Clans, ein 30-jähriger Serbe namens Dejan S., wurde nach erheblichen Schwierigkeiten aus Thailand ausgeliefert. Er sitzt derzeit in der Justizanstalt Josefstadt in Untersuchungshaft und könnte wertvolle Einblicke in die Strukturen des Netzwerks liefern.
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