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REGIERUNGSBILDUNG

Machtwechsel in Montenegro: Albanischer Politiker das Zünglein an der Waage

(FOTO: zVg.)

Nach den Parlamentswahlen vergangenen Sonntag (KOSMO berichtete) befindet sich Montenegro in einem politischen Umbruch. Die proserbische Opposition versetzte dem langjährigen Staatsoberhaupt Milo Đukanović und dessen Partei einen heftigen Schlag.

Obwohl die Demokratische Partei der Sozialisten Montenegros (DPS), welcher der bisherige Präsident Milo Đukanović vorsitzt, weiterhin die stärkste politische Kraft in Montenegro blieb und mit über 35 Prozent der Wählerstimmen 30 der insgesamt 81 Parlamentsmandate erreichte, so ist ihr die Opposition dicht auf den Fersen. Đukanović würde mit seinem bisherigen Verbündeten 40 Mandate erreichen -nicht genug, um eine Regierung zu bilden.

Den zweiten Platz erreichte das Wahlbündnis „Za budućnost Crne Gore“ („Für die Zukunft Montenegros“) mit knapp 33 Prozent bzw. 27 Mandaten, gefolgt von „Mir je naša nacija“ („Friede ist unsere Nation“) mit 12,5 Prozent der Wählerstimmen (10 Mandate). Beide Parteien schlossen im Vorfeld eine Koalition mit Đukanovićs DPS aus.

Nun scheint es sehr wahrscheinlich, dass die proserbischen Parteien zusammen mit der Bürgerbewegung URA (Ujedinjena reformska akcija – Vereinte Reformaktion) rund um den albanisch-montenegrinischen Politiker Dritan Abazović die neue Regierung in Montenegro bilden könnte. Abazovićs Partei, die vier Mandaten bei der Wahl erreichte, könnte buchstäblich das Zünglein an der Waage darstellen, um Đukanović zu Fall zu bringen.

Wer ist Abazović?
Aufgrund der derzeitigen Ausgangslange genießt der 34-jährige Dritan Abazović sehr große Aufmerksamkeit der montenegrinischen, aber auch der internationalen Öffentlichkeit. Abazović kam in Ulcinj zur Welt und studierte Politikwissenschaften in Sarajevo, wo er nach einem Abstecher zurück nach Montenegro auch doktorierte.

Er war einer der Mitgründer der montenegrinischen Partei „Pozitivna Crna Gora“ („Positives Montenegro“) im Jahr 2012, die damals sieben Mandate erreichte, womit Abazović das jüngste Parlamentsmitglied dieser Regierungsperiode war. Nachdem seine Partei zerfiel, ging er 2015 zur Bürgerbewegung URA, welcher er seit 2017 vorsitzt.

„Taugenichts“ und „albanischer Tschetnik“
Besondere Aufmerksamkeit erregte der albanischstämmige Politiker durch diverse negative „Kosenamen“, die er von seinen Politikerkollegen während seiner Zeit als Abgeordnete erhalten hat. Unter anderem wurde er als „Taugenichts“ und „albanischer Tschetnik“ bezeichnet. Für Zweiteren hatte der 34-Jährige im Wahlkampf eine Erklärung parat: „Ich verstehe das als Synonym für den Kampf gegen organisiertes Verbrechen und Korruption“.

Abazović ist ein vehementer Vertreter des Multikulturalismus und setzte sich in der Vergangenheit stark für dem Kampf gegen Kriminalität und Korruption ein. Ob sich die URA auf eine Koalition mit den zwei proserbischen Parten einlässt, bleibt abzuwarten. Sollte Montenegro eine solche Regierung bekommen, so wäre dies gelinde gesagt ein politischer Umbruch, da eine Zusammenarbeit zwischen pro-serbischen und albanischen politischen Kräften am Balkan bisher immer ausgeschlossen wurde.

Währenddessen kehren die Sozialdemokraten Nordmazedoniens mit Unterstützung einer albanischen Minderheitspartei an die Macht zurück. Doch die neue Regierungskoalition verfügt nur über eine winzige Parlamentsmehrheit.