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EU-CHEFDIPLOMAT BORRELL

„Man kann sowohl Bosniake, Kroate bzw. Serbe als auch Bosnier und Herzegowiner sein“

(FOTOS: Wikimedia Commons/Unión Europea en Perú from Lima, Perú, zVg.)

Der Vizepräsident der EU-Kommission und Chefdiplomat Josep Borrell appelliert an Bosnien-Herzegowina, Verfassungsänderungen durchzuführen und das Urteil „Sejdić-Finci“ umzusetzen.

Das aktive und passive Wahlrecht in Bosnien-Herzegowina müsse allen und nicht nur den konstitutiven Völkern zugänglich gemacht werden, betonte Borrell. Dies sei eine Aufgabe, die das Land unbedingt erledigen müsse, insofern es eine EU-Mitgliedschaft anstrebt.

Während seines Aufenthalts in Sarajevo gab er einige Interviews für lokale Medien, in welchen er betonte, dass die Europäische Union eine starke Nachbarschaft brauche, die eine Quelle der Stabilität und Partnerschaft darstelle. Borrell erinnerte ebenso daran, dass die Verfassungsänderungen deutlich formulierte Kriterien für eine EU-Mitgliedschaft Bosnien-Herzegowinas seien, welche die Europäische Kommission vergangenes Jahr definierte. „Nun liegt es an Ihnen, diese Voraussetzungen zu erfüllen. Wenn man dafür die Verfassung ändern muss, dann müssen Sie sie ändern“, fügte der EU-Chefdiplomat hinzu.

Urteil „Sejdić-Finci“ umsetzen
Borrell erinnerte daran, dass das größte Problem darin liege, dass nicht alle Bürger Bosnien-Herzegowinas über dasselbe Wahlrechte verfügen. Dies wurde bereits vor mehr als zehn Jahren vom Europäischen Gerichtshof im Fall „Sejdić-Finci“ bestätigt. 2009 wurde gerichtlich entschieden, dass das in der Verfassung festgehaltene Wahlrecht in Bosnien-Herzegowina gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoße. Minderheiten des Landes wird untersagt, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, bzw. Abgeordnete im Oberen Haus, Haus der Völker bzw. Parlament zu sein.

„Man muss allen ermöglichen, zu kandidieren und nicht nur Mitgliedern der konstitutiven Völker“, so der EU-Politiker. Dafür müsse auf jeden Fall die Verfassung Bosnien-Herzegowinas geändert werden, da kein Land EU-Mitglied sein kann, insofern dort eine Ungleichbehandlung seiner Bürger aufgrund der nationalen Zugehörigkeit zu einer Gruppe herrscht.

Identitäten können auch eine Bedrohung sein
„Selbstverständlich muss man Identitäten bewahren. Sie ist jedoch eine plurale Kategorie. Ich bin Katalonier, Spanier, Europäer. All das sind meine Identitäten und sie widersprechen einander nicht. Wenn als jemand Bosniake, Kroate oder Serbe ist, ist das kein Hindernis, um Bosnier und Herzegowiner und Europäer zu sein“, betonte Borrell.

Die Europäische Union würde alle Identitäten anerkennen, da jede wichtig sei. Allerdings müsse man sich auch bewusst sein, dass sie auch zur Waffe werden kann. Insofern die Identität bis ans Limit gebracht wird und damit der Glaube entsteht, dass sie unvereinbar mit anderen ist, dann sei das eine wahre Bedrohung, resümierte der Politiker.