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TAUSENDE FLÜCHTLINGE GESTRANDET

Migranten an bosnischer Grenze: Droht eine Explosion an Corona-Erkrankten?

Symbolbild (FOTO: iStockphoto)

Mehrere Dutzend Migranten und Flüchtlinge sind an Kontrollpunkten zwischen den Regionen Bosnien und Herzegowina, der Republika Srpska und der Föderation, gestrandet, nachdem die lokalen Behörden ihre Bewegungsfreiheit streng eingeschränkt hatten.

Wie KOSMO berichtete wurden in den vergangenen Tagen in der nordwestbosnischen Stadt Velika Kladuša vermehrt Busse auf eigene Faust von Bewohnern der Stadt gestoppt und die Passagiere auf Migranten und Flüchtlinge überprüft. Dies war nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Bereits seit längerem verschlechtert sich die Situation in dieser Region von Bosnien und Herzegowina zunehmend.

In Bosnien entsteht ein regelrechter Hürdenlauf für Migranten und Flüchtlinge, die versuchen, die Außengrenze der Europäischen Union nach Kroatien und darüber hinaus nach Westeuropa zu überschreiten. Nun sind rund 60 Migranten und Flüchtlinge, darunter Familien und mehrere Minderjährige, die alleine gereist sind, an Kontrollpunkten auf den Straßen zwischen den Städten Ribnik und Kljuc sowie zwischen Novi Grad und Otoka gestrandet, wie das Rote Kreuz der Föderation Bosnien und Herzegowina am Dienstag berichtet.

Kanton Una-Sana schränkt Bewegungsfreiheit der Flüchtlinge ein
Zu einer Anhäufung an Flüchtlingen in diesen Gebieten kam es, nachdem die Behörden des Kantons Una-Sana deren Bewegungsfreiheit mit einem Erlass stark einschränkten: Sie dürfen nicht zu Fuß, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder in Taxis reisen. Amnesty International bezeichnete die Beschränkungen am Dienstag als „unverhältnismäßig und diskriminierend“.

Jelena Sesar, Balkanforscherin bei Amnesty International, kritisiert die Vorgehensweise stark: „Die Behörden sollten daran arbeiten, Lösungen zu finden, um mehrere tausend Menschen außerhalb der offiziellen Aufnahmezentren unterzubringen und zu unterstützen, anstatt sie anzugreifen und ohne Schutz zu lassen“.

Einige der gestrandeten Migranten und Flüchtlinge schlafen in einer improvisierten Holzhütte an der Straße zwischen Ribnik und Kljuc, die das Rote Kreuz mit Hilfe von Einheimischen gebaut hat. In den Hütten ist jedoch nicht genug Platz für alle. Rund 30 von ihnen haben provisorische Schlafplätze neben der Hütte, während der Rest im Freien am Straßenrand schläft. Es gibt keine Toiletten oder Waschgelegenheiten. Viele leben schon tagelang in diesem Zustand und die Zahl der Neuankömmlinge steigt laut dem Roten Kreuz stätig.

Der Kanton Una-Sana in der föderalen Einheit Bosnien und Herzegowina nahe der Grenze zum EU-Mitglied Kroatien ist am stärksten von der Krise betroffen, da mehr Migranten hier gelandet sind, um in die EU überzugehen. Auf den Straßen am Eingang des Kantons Una-Sana wurden Polizeikontrollpunkte eingerichtet, um Fahrzeuge, insbesondere Busse, die von der benachbarten Republika Srpska stammen, zu überprüfen. Alle gefundenen Migranten werden aus den Fahrzeugen gebeten und vor Ort zurückgelassen.

Sie können jedoch nicht zur Republika Srpska zurückkehren, da die Polizei dort einen Kilometer entfernt einen Kontrollpunkt eingerichtet hat, um die Rückkehr von Migranten zu verhindern.

Milorad Dodik, das serbische Mitglied der dreigliedrigen Präsidentschaft von Bosnien und Herzegowina, sagte, nachdem der Kanton Una-Sana die Bewegungseinschränkung eingeführt hatte, dass die Republika Srpska weiterhin Migranten zurück zur Demarkationslinie transportieren werde. Dort gibt es jetzt eine Polizeipatrouille und am Montagnachmittag traf Verstärkung der Gendarmerie-Einheit am Kontrollpunkt ein.

Droht eine Explosion der Corona-Infektionen?
Nermina Cemalovic, die Gesundheitsministerin des Kantons Una-Sana, sagte auf einer Pressekonferenz, dass die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Migranten täglich zunehme: „Wir können sie nicht kontrollieren, weil sie sich in Gruppen von 100 Personen bewegen. Sie folgen keinen Regeln oder Normen und wir müssen über den Schutz der Bürger nachdenken“. Und weiter:„Wenn wir sie in die Lager lassen, wird es eine Explosion der Fallzahlen geben, und wenn wir sie rauslassen, werden sie mit den Bürgern in Kontakt kommen und sie gefährden.“

Während immer noch eine staatliche Strategie zur Lösung des Problems fehlt, beschuldigen sich die wichtigsten politischen Parteien des Landes weiterhin gegenseitig, für die Migrantenkrise verantwortlich zu sein. In der Zwischenzeit haben sich niedrigere Regierungsebenen selbst mit dem Problem befasst.

Amnesty International warnte, dass „Bosnien vor einer bevorstehenden humanitären Krise steht“, wenn die Behörden nicht eine einheitliche Lösung finden, um geeignete Einrichtungen für die Unterbringung von Flüchtlingen und Migranten zur Verfügung zu stellen.