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SONDERTRIBUNAL

Nach zwei Freisprüchen dritter Prozess? Haradinaj in Den Haag verhört

Haradinaj-Kosovo-Serben-Statut
(FOTO: zVg.)

Bereits gestern reiste der ehemalige kosovarische Premier in die Niederlande. Vom Den Haager Kosovo-Sondergericht wurde er heute Morgen als Verdächtiger vorgeladen.

Gegen 10:00 Uhr morgens startete die Einvernehmung von Ramush Haradinaj durch das Den Haager Sondertribunal. Nach rund eineinhalb Stunden verließ er das Gebäude wieder, wo hunderte Journalisten bereits gespannt auf ihn warteten. Die Öffentlichkeit war von der Befragung ausgeschlossen.

„Ich bin meiner rechtlichen Pflicht als Verdächtiger nachgekommen. Mir wurde von meinen Anwälten geraten, nicht auf die Fragen der Journalisten zu antworten“, so Haradinaj nach der Einvernehmung. Das Kosovo-Sondergericht, welchem der amerikanische Richter Jack Smith vorsitzt, befasst sich mit der Aufklärung von Kriegsverbrechen, die zwischen 1998 und 2000 im Kosovo begangen wurden.

Rücktritt nach Vorladung
Und mit genau diesen Kriegsgeschehnissen wird Haradinaj bereits seit Jahren in Verbindung gebracht. Als Sohn einer Bauernfamilie meldete er sich 1988 freiwillig für den Militärdienst bei der jugoslawischen Armee. Als die Situation zwischen Serben und Albaner am Kosovo immer brenzliger wurde, ging er 1989 in die Schweiz ins Exil. Dort erhielt er politisches Asyl. Rund zehn Jahre später schloss er sich dem bewaffneten Widerstand der Kosovo-Albaner gegen die Serben an und kehrte 1998 als UÇK-Untergrundkämpfer zurück in seine Heimat.

Der ehemalige kosovarische Premier, der in den späten 90er Jahren in den Reihen der kosovo-albanischen Befreiungsarmee UÇK als Regionalkommandant gekämpft hat, wird heute von seinen Landsleuten als Held verehrt. Die Gegenseite wirft ihm Folterung, Organhandel und Morde an Serben, Roma und albanischen Kollaborateuren vor.

Nachdem bekannt wurde, dass er vom Gericht in Den Haag als Verdächtiger vorgeladen ist, legte Ramush Haradinaj sein Amt als Premierminister des Kosovos nieder. Er selbst argumentierte damit, dass er damit „die Funktion des Premiers von der Person Ramush Haradinaj trennen wolle“.

Schuldspruch im dritten Anlauf?
Bereits seit 20 Jahren ist Haradinaj einer der führenden Politiker im Kosovo. Bereits zwei Mal befand er sich an der Spitze der Regierung des jüngsten Staates Europas. Aufgrund seiner Vergangenheit hat er sich jedoch bereits zwei Mal vor dem Jugoslawien-Tribunal in Den Haag für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten müssen.

Vor 14 Jahren erfolgte die erste Anklage gegen den heute 51-Jährigen. 2008 folgte der erste Freispruch aus Mangel an Beweisen. Damals kamen Kronzeugen auf bis heute ungeklärte Weise zum Tode, oder revidierten ihre Aussagen. Aus diesem Grund wurde ein Teil des Prozesses auch kurz darauf wiederaufgerollt. Im Jahr 2012 folgte der zweite Freispruch für Haradinaj. Bei seiner Rückkehr in den Kosovo wurde er von seinen Landsleuten wie ein Held empfangen.