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Behauptungen

Reisen Ukrainer nach Österreich, nur um die Mindestsicherung zu beziehen?

Sozialhilfe
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Gerüchte über ukrainische Geflüchtete und Mindestsicherung in Wien kursieren online. Doch die Fakten zeigen ein anderes Bild.

In den sozialen Medien kursieren irreführende Behauptungen über ukrainische Geflüchtete, die angeblich nach Wien reisen, um dort die Mindestsicherung zu beziehen und anschließend in der Ukraine von diesem Geld zu leben. Tatsächlich haben ukrainische Geflüchtete in Österreich jedoch keinen Anspruch auf Mindestsicherung, sondern erhalten lediglich Grundversorgung, deren Höchstsätze deutlich niedriger sind. Eine Reise in die Ukraine könnte für die Geflüchteten den Verlust ihres Aufenthaltsrechts und den Entzug der Grundversorgung bedeuten.

EU- bzw. EWR-Bürger haben in Österreich nur dann Anspruch auf Mindestsicherung, wenn sie als Arbeitnehmer tätig sind oder länger als fünf Jahre im Land leben. Auch Drittstaatsangehörige benötigen einen mindestens fünfjährigen rechtmäßigen Aufenthalt, um Anspruch zu haben. Asylberechtigte erhalten ab Anerkennung des Flüchtlingsstatus Mindestsicherung, während Asylwerber keinen Anspruch darauf haben. Diese Regelungen gelten nicht für die ukrainischen Geflüchteten.

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Vorübergehender Schutz

Am 4. März 2022 trat die EU-Richtlinie 2001/55/EG in Kraft, die ukrainischen Geflüchteten vorübergehenden Schutz gewährt. In Österreich regelt die „Vertriebenen-Verordnung“ das Aufenthaltsrecht, das bis zum 4. März 2026 verlängert wurde. Ukrainische Flüchtlinge erhalten ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht, dokumentiert durch einen „Ausweis für Vertriebene“, der es ihnen erlaubt, im Schengen-Raum für 90 Tage innerhalb von 180 Tagen visafrei zu reisen. Reisen in die Ukraine sind zwar erlaubt, aber meldepflichtig, und der Anspruch auf Grundversorgung bleibt nur bei Aufenthalt in Österreich bestehen.

Die finanzielle Unterstützung für ukrainische Flüchtlinge erfolgt über die Grundversorgung, die Verpflegung, Unterkunft, medizinische Versorgung und Bekleidungshilfe umfasst. Die Höchstsätze variieren je nach Bundesland und liegen unter der Mindestsicherung. In Wien erhalten Betroffene 150 Euro jährlich für Bekleidung in Form von Gutscheinen und Schüler 200 Euro für Schulunterlagen. In betreuten Unterkünften wird Verpflegung gestellt oder mit 6,50 Euro täglich bezuschusst. Zusätzlich gibt es 40 Euro Taschengeld und 10 Euro Freizeitgeld monatlich. Bei privater Unterbringung beträgt der Mietzuschuss 165 Euro für Einzelpersonen und 330 Euro für Familien. Erwachsene erhalten 260 Euro und Minderjährige 145 Euro Verpflegungsgeld monatlich.

Finanzielle Realität

Eine alleinlebende ukrainische Frau in privater Unterkunft erhält insgesamt 425 Euro monatlich. Die in den sozialen Medien genannte Summe von 1.572 Euro pro Monat bezieht sich fälschlicherweise auf die maximale Mindestsicherung, die jedoch nur bei gleichzeitiger Deckung der Wohnkosten in bestimmten Regionen Österreichs gilt und für ukrainische Geflüchtete nicht zutrifft. Vergleicht man die Grundversorgungsbeträge mit den Ticketpreisen für Flixbus-Fahrten nach Kiew, erscheint die Behauptung wenig plausibel. Die Preise für Hin- und Rückfahrten liegen zwischen 60 und 120 Euro, was fast die Hälfte der monatlichen Grundversorgung beanspruchen würde.

Zudem reduziert sich der Anspruch auf finanzielle Unterstützung um die Dauer des Auslandsaufenthalts.

Bereits im September 2022 hat die APA einen Faktencheck zu den Busfahrten nach Kiew veröffentlicht. Damals wurde Flixbus von einem Pressesprecher zitiert, dem zufolge keine Auffälligkeiten im Reiseverhalten von Ukrainern bekannt seien.