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Corona Chaos

Verwirrung um neue Regelung: Tests irrelevant, Corona-Ampel egal

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(FOTO: iStock)

In Österreich ist seit dieser Woche erstmals seit Längerem wieder die Corona-Ampel auf Rot geschalten. Wien wurde von der Ampel-Kommission auf „sehr hohen Risikos“ eingestuft. Die Tatsache, dass in der Bundeshauptstadt noch immer am häufigsten getestet wird und trotzdem nicht die meisten Fälle vorhanden sind, scheint unwichtig. Aktuell wird mit einer neuen Systematik gearbeitet, die vom gesetzlichen Auftrag absieht.

Die entsprechenden Parameter wie das Corona-Risiko im Land abzubilden ist und welche Covid-19-Maßnahmen in Kraft treten sollen, sind in Paragraph 1 klar abgebildet.

In diesem Paragraph kann man nachlesen, nach welchen Kriterien die Bewertung der epidemiologischen Situation zu erfolgen hat. Dort sind Übertragbarkeit, Clusteranalyse, Fälle mit geklärter Quelle, Tests und Positivitätsrate, Durchimpfungsgrad, Virusvarianten, regionale Besonderheiten und Ressourcen im Gesundheitswesen, angeführt.

Älter Infizierte für Färbung ebenso irrelevant

Der letzte Punkt im Paragraph wird tatsächlich noch bei der Farbgebung hervorgehoben – fast ausschließlich. Die zuständige Kommission (Vertreter der Länder und der Regierung sowie Experten) hat die übrigen Parameter, die früher relevant gewesen sind, aussortiert. Berichte aus Wien zeigen, dass es mittlerweile Berechnungsänderungen im zweistelligen Bereich gab.

Im vergangenen Winter stach besonders ein Fall hervor, als man in der Omikron-Welle die Grenzwerte drastisch herabsetzte, da eine andere Farbe als Rot über Monate nicht erreichbar schien. Eine größere Änderung gab es im Juni gab, bei welcher weder mehr Tests noch asymptomatische Fälle relevant waren. Zu dieser Zeit war die sogenannte Risikozahl dafür entscheidend, welche Farbe vergeben wird.

Fallzahlen kaum noch Einfluss

Den Score gibt es rund seit einem Monat. Die Risikozahl von 100 durfte nicht überschritten werden, heute ist es die zehn, wenn man nicht im roten Bereich landen will. Dieser Score zielt in erster Linie auf die Spitalsbelegung ab. Zweiter wesentlicher Faktor sind Personalausfälle, wobei die landesweit beklagte Unterbesetzung, unabhängig von Krankheit, keine Rolle spielt. Die Fallzahlen sind nur dann relevant, wenn zumindest der Trend zu einem minimalen Anteil für den Score einberechnet wird. Dem Abwassermonitoring wird hier auch (wenig) Bedeutung bei der Berechnung zugewiesen.

Die Risikobewertung wird daher de facto beinahe nur mehr nach den Situationen in den Spitälern berechnet. Wie viele Fälle ein Bundesland hat sei irrelevant, solange genug Betreuungspersonal gegeben ist. Wenn aufgrund der hohen Fallzahlen und damit verbundenen Personalausfälle, wie etwa Kindergartenschließungen oder Mullabfuhr-Ausfälle erfolgen, wäre das für die Ampel unbedeutend, solange genug Krankenhausbetten und Personal dafür vorhanden ist.

OÖ: Höchste Fall-Inzidenz, drittniedrigste Testquote

Diese Berechnungsmethode bringt skurriles hervor. Oberösterreich ist so eines von nur zwei Ländern im gelben Bereich des mittleren Risikos: das Bundesland mit der höchsten Fall-Inzidenz bei der drittniedrigsten Testquote, was wiederum eine eher hohe Dunkelziffer vermuten lässt. Das zweite Bundesland Vorarlberg zeigt den ungünstigsten Trend bei besonders gefährdeten Über-65-Jährigen. Unbedeutend sei diese Farbe aber, weil auch dieser Faktor am Arbeitsdokument der Kommission zwar ausgewiesen, aber für die Farbgebung nicht einberechnet wird. Beide Länder profitieren daher von ihren günstigen Belagszahlen in den Spitälern.

Die Kommission begründet die fehlende Bewertung der Infektionszahlen damit, dass seit längerem eine geringe Anzahl an Tests verzeichnet wird, wodurch die Realität des Infektionsgeschehens auf diesem Weg nicht mehr abgebildet werden könne. Dass dieser Faktor weggefallen ist, ist ungünstig für jene Länder, in denen noch recht eifrig getestet wird, wo die tatsächlichen Zahlen höher vermutet werden: das rote“ Wien und das „orange“ Burgenland.

Für alle, die auf der Ampel schlecht abschneiden ist ein Trost, dass die Farbe eigentlich irrelevant ist. Dass anhand dieses Risikoprofils regionale Maßnahmen gesetzt werden, hat die Politik schon vor der ersten Ampelschaltung im September 2020 verworfen.