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Unsere Botschaft lautet: „Hass ist nicht notwendig“

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(FOTO: Marlena Iglseder)

Als ich Xéna das erste Mal traf, lernte ich sie als feierlustigen Sonnenschein kennen. Damals wusste ich noch nicht, dass sie einen Ballast mit sich trägt. Diese Last ist aber ein Stück von ihr und macht sie im Endeffekt zu dem wundervollen Menschen, der sie ist.

„Why be sane when you can be insane?“, so das Motto der 24-Jährigen Wienerin mit serbischen Wurzeln. Klingt für mich zunächst nach einem witzigen Spruch, wenn ich aber genauer darüber nachdenke, sind wir doch alle nicht „sane“.

Die junge Künstlerin gehört zu dem Label „FEMME DMC“ das von Duffy, einer 30-jährigen Kosovarin, gegründet wurde, die nach dem verheerenden Krieg, Wien zu ihrer neuen Heimat wählte. Xéna ist Co-Ceo und leitet das Label mittlerweile mit ihr. Eine Kosovarin und eine Serbin, die gemeinsam Hiphop machen – schon ungewöhnlich. Doch die beiden sprengen auch weitere Klischees.

Ich treffe die zwei zu einem Interview und sie erzählen mir mehr über sich und ihre Musik.

Beim Eintreffen in Duffys Homestudio werde ich von schönen Akt-Malereien und abstrakten Fotografien empfangen. Sofort werden mir Snacks, Kaffee und „Čaj“ angeboten. So typisch balkanesisch wie Xéna und Duffy zunächst scheinen, so außergewöhnlich sind sie.

Es wirkt als wären sie verlorene Geschwister. Duffy ist sehr zierlich, trägt kurze stark aufgehellte Haare, im Slim-Shady-Look und hat ihr lockeres Poloshirt in die Karottenhose gesteckt. Xéna kombiniert ein farblich abgestimmtes Outfit mit rotem Bandana. Sie sind absolut geschlechtsneutral gekleidet und machen immer wieder coole Posen.

„Sie begrüßen mich mit: „Hello, welcome to Kosovo!“

Ihr Auftreten ist auffallend lässig und gleichzeitig humorvoll. Während sich Xéna gemütlich eine Tschick anzündet, erklärt mir Duffy ihre kontroversen Tattoos. Eines davon ist „Пушка“, das serbsiche Wort für Gewehr und steht für den Krieg, den die Musikerin miterlebte. Kurz darauf grinst sie mich breit an, beugt sich vor und meint: „Ich bin in Kosovo aufgewachsen, dementsprechend habe ich auch den Krieg durchgemacht. Außerdem bin ich gay und das ist meine lesbische Hand. Mein Rekord beträgt 30 Sekunden übrigens.“

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Duffy hat mehrere kontroverse Tattoos. Eines davon ist „Пушка“, das serbsiche Wort für Gewehr und steht für den Krieg, den die Musikerin miterlebte.(FOTO: Duffy)

Immer wieder reißen sie Witze und lachen lauthals miteinander. Die sympathischen Künstlerinnen fallen nicht nur in Wien auf. In ihren Herkunftsländern seien sie eine Art Attraktion. Viele Einheimische erkennen sie auf Anhieb nicht einmal als Landsfrauen. „Weil ich eben so ausschaue wie ich ausschaue, vermuten die Leute nicht, dass ich vom Kosovo bin. Sie begrüßen mich mit: „Hello, welcome to Kosovo“ aber dann klärt sich die Situation schnell, wenn ich anfange, Albanisch zu sprechen. Sie zeigen sich dann oftmals interessiert und sind freundlich“, schildert Duffy.

Trotz allem sieht sie Kosovo als ihre Heimat und fühlt sich dort sehr wohl. Teils auch wohler als in Wien, denn Duffy kam erst vor 11 Jahren nach Österreich und wurde sofort mit einer anderen, für sie etwas kalt wirkenden, Kultur konfrontiert. „Ich hatte zunächst Struggles, mich hier anzupassen. Die Menschen hier waren mir etwas zu leblos und nicht so gastfreundlich wie ich es vom Balkan kenne. Stattdessen durfte ich mir ständig „Sprich Deutsch“ anhören“, erklärt die zierliche Boss-Dame.

„Es war ein harter Kampf aber ich habe das Gefühl, dass wir im Endeffekt alle gesiegt haben“

Xéna zuckt währenddessen nur mit den Schultern. Sie ist gebürtige Wienerin und fühlt sich hier auch wohl. Frei und akzeptiert zu sein, das schätzt sie am meisten an Österreich. Sie fühlt sich in Serbien nicht wohl. Ihre Art wird dort nicht akzeptiert und es bringt sie in unangenehme Situationen. „In Serbien komme ich mir vor, wie eine Fremde und das auf eine ungute Art und Weise. So wie ich bin, fühle ich mich weder akzeptiert noch verstanden“ , erklärt die junge Frau. Während sie ihr Empfinden beschreibt, verspüre ich selbst einen Druck im Magen und versinke etwas in meinem Sitz. Obwohl sie so offen spicht, ist der seelische Druck, der auf ihr lastet, deutlich spürbar.

„Ich bin unten indirekt geoutet. Mir wurde keine Chance gegeben, mich zu zeigen. Stattdessen hat es sich einfach so herumgesprochen. Das ist unangenehm und sehr unpersönlich“, erklärt die Serbin. Sie glaubt, der Unterschied zwischen Duffy und ihr läge darin, dass sie nicht in Serbien aufgewachsen ist und eine andere Lebensart gewohnt ist.

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„In Serbien komme ich mir vor, wie eine Fremde und das auf eine ungute Art und Weise. So wie ich bin, fühle ich mich weder akzeptiert noch verstanden“ , erklärt Xéna (FOTO: Marlena Iglseder)

Meine Gedanken schwirren für kurze Zeit umher und ich frage mich, ob sie die Menschen in ihrem Herkunftsland damit nicht etwas in Schutz nimmt. Sollten wir nicht alle zu jeder Zeit so akzeptieren, wie sie sind und ihnen einen Platz zum Existieren und Wohlfühlen ermöglichen?

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