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Unsichtbare Helden: der gefährlichste Job der Welt

(FOTO: iStock/Zoran Orcik)
(FOTO: iStock/Zoran Orcik)

Während Indien mit ambitionierten Weltraummissionen den Mond anvisiert, kämpfen Menschen wie Sher Singh in den dunklen Kanälen von Neu Delhi ums nackte Überleben. In den Abwasserkanälen, weit entfernt von den schillernden Lichtern der Raumfahrtzentren, riskieren sie täglich ihr Leben – oft ohne jegliche Schutzausrüstung.

Sher Singh, ein Kanalarbeiter mit einer chronischen Lungenkrankheit, erinnert sich an einen Einsatz vor drei Jahren, der zwei seiner Kollegen das Leben kostete. „Wir haben das Bewusstsein verloren“, erzählt er mit belegter Stimme. Trotz strenger Gesetze, die das Arbeiten ohne Schutzausrüstung verbieten, setzen Singh und seine Kollegen täglich ihr Leben aufs Spiel.

Dunkelziffer der Tragödien

Zwischen 2018 und 2022 wurden offiziell 330 Todesfälle in den Kanälen registriert. Doch Bezwada Wilson, ein Aktivist, der sich für die Rechte der Kanalarbeiter einsetzt, schätzt die tatsächliche Zahl auf Tausende pro Jahr. Die Arbeiter, die oft für einen Hungerlohn und ohne jeglichen Schutz angestellt sind, kämpfen nicht nur gegen gefährliche Gase, sondern auch gegen Krankheiten wie Typhus und Tuberkulose.

Amrik Singh, dessen Sohn in den Kanälen starb, fordert bessere Arbeitsbedingungen. Seine Tochter hält ein Plakat hoch, auf dem steht: „Durchschnittliche Lebenserwartung Mann: 72 Jahre – Kanalisationsarbeiter: 32 Jahre.“ Hautkrankheiten und Alkoholsucht sind nur einige der vielen Folgen der extremen Arbeitsbedingungen, unter denen diese Arbeiter leiden.

Unsichtbaren Helden

Die meisten Kanalreiniger gehören zur Dalit-Gemeinschaft, die trotz der gesellschaftlichen Fortschritte in Indien immer noch Diskriminierung und Armut erlebt. In den großen Städten wie Delhi gibt es zwar Fortschritte, wie die Einführung von Maschinen, die die manuelle Reinigung ersetzen. Doch in den ärmeren Regionen, wo die Latrinen nicht an die Kanalisation angeschlossen sind, bleibt die Gefahr bestehen.

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Ein Protest in Delhi bringt die Frustration und Wut der Arbeiter auf den Punkt: „Warum müssen unsere Kinder diese Jobs machen? Warum nicht eure?“ Die Frage bleibt offen, ebenso wie die Frage, wie lange Indien noch bereit ist, den Preis für seinen Fortschritt mit dem Leben seiner unsichtbaren Helden zu bezahlen.

Sandra Plesser
Als zweites Kind jugoslawischer Gastarbeiter wurde Sandra in Wien geboren und studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Während ihrer Tätigkeit als Redakteurin bei Advanced Photoshop, mokant und Der Standard baute sie mittels Weiterbildungen ihr Wissen im Bereich Social Media-, Content- und Veranstaltungsmanagement aus. Nach drei Jahren in der Eventorganisation widmet sie sich bei KOSMO wieder ihrer Passion: dem Journalismus.