Start Politik
AUSUFERNDER AUSSCHLUSS

Wien-Wahl: Jeder Dritte darf nicht wählen gehen

Symbolbilder (FOTOS: iStockphotos)

Am 11. Oktober findet die Wien-Wahl statt. Doch jeder Dritte darf aber nicht daran teilnehmen, da er kein österreichischer Staatsangehöriger ist. Mehr als die Hälfte davon lebt aber schon zehn Jahre oder länger in Wien.

Auch wenn viele Menschen hier aufgewachsen oder gar geboren sind, dürfen sie als ausländische Staatsbürger nicht einmal auf Gemeindeebene wählen. Das betrifft in der Bundeshauptstadt fast eine halbe Million Menschen – bei einer Einwohnerzahl von rund 1,9 Millionen! 30.1 Prozent – Das ist ein noch nie dagewesener Anteil an Nichtwahlberechtigten in der Bundeshauptstadt. EU-Bürger mit dauerhaftem Wohnsitz in Österreich dürfen immerhin auf Bezirksebene mitbestimmen.

Laut Zahlen des Integrationsmonitorings der Stadt Wien haben 45 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund, beide Eltern sind also im Ausland geboren. 37 Prozent wurden selbst im Ausland geboren, 31 Prozent sind ausländische Staatsbürger. Und der Trend geht weiter in diese Richtung. Gleichzeitig sinkt aber die Zahl der Wahlberechtigten. Die Einbürgerungsrate liegt bei 0,8 Prozent: Durften 2002 etwa 16 Prozent nicht wählen, sind es heute schon fast doppelt so viele. Und diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren verstärken. Der Verein Wiener Jugendzentren sieht darin ein Problem.

„Demokratie wird verlernt“
Besonders kritisch ist diese Entwicklung für die Jugendlichen. Unter den ca. 500.000 Menschen, die nicht wahlberechtigt sind, befinden sich auch 72.000 junge Wiener zwischen 16 und 24 Jahren, von denen 80 Prozent schon länger als fünf Jahre in Wien leben.

Jugendarbeiter sehen das höchst kritisch: So würde ein geringes politisches Interesse der Jugend nur noch weiter verstärkt werden. Warum auch damit beschäftigen, wenn man ohnehin nicht abstimmen darf? 

Bezirksspezifische Unterschiede
Auch zwischen den Bezirken lässt sich eine Ungleichverteilung von wahlberechtigten und nicht-wahlberechtigten Bürgern feststellen. Besonders hoch ist die Zahl derer, die aufgrund ihrer Staatenangehörigkeit nicht wählen dürfen, in Rudolfsheim-Fünfhaus. Im 15. Bezirk sind 42 Prozent der Einwohner nicht wahlberechtigt. In keinem anderen Bezirk ist dieser Anteil höher! Zum Vergleich: In Liesing oder Hietzing sind jeweils 19 Prozent von der demokratischen Teilhabe ausgeschlossen.

Kritik von SPÖ, Grünen und NEOS
Diese Kluft, die in den vergangenen Jahren zwischen der Gesamtbevölkerung und den Wahlberechtigten immer weiter wächst, wird auch stark von SPÖ, Grünen und NEOS kritisiert. Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) meint, es dürfe der Politik „nicht egal sein, wenn zehntausende Wienerinnen und Wiener nicht wählen dürfen, obwohl sie hier geboren sind oder seit vielen Jahren hier leben.“

Der Migrations- und Integrationssprecher der Wiener Grünen, Niki Kunrath, betont, dass seine Partei „seit langem“ für das Recht aller Wiener kämpfe, „ab dem 16. Lebensjahr auf Bezirks, Gemeinde- und Landtags Ebene zu wählen“. Und der Klubchef der Wiener Neos, Christoph Wiederkehr, bezeichnet es als „großes Problem“, dass „immer mehr Menschen, die in Wien wohnen, vom Wahlrecht ausgeschlossen sind“.

Initiative „Pass Egal Wahl“
Dennoch scheint eine Änderung des Wahlrechts in naher Zukunft unsicher. Auch deshalb, und um den Ausgeschlossenen eine Stimme zu geben, organisiert der Verein SOS Mitmensch daher auch heuer wieder die „Pass Egal Wahl“. Bis 6. Oktober können alle in Wien lebenden Menschen – unabhängig von ihrem Pass – symbolisch ihre Stimme abgeben. Zur Wahl stehen alle Parteien, die bei der Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl antreten. „Mit der ‚Pass Egal Wahl‘ wollen wir zeigen, dass Wien mehr ist als nur eine Zweidrittelstadt“, so Gerlinde Affenzeller, Geschäftsführerin von SOS Mitmensch.

[poll id=“134″]