Die juristischen Nachbeben des Wiener Terrorprozesses könnten noch lange nicht abgeklungen sein. Nach der Verurteilung mehrerer mutmaßlicher Unterstützer des Attentäters könnte es zu einer Teilverhandlung kommen. Grund dafür sind Nichtigkeitsbeschwerden, die von den Verurteilten eingereicht wurden und laut einem Gutachten der Generalprokuratur teilweise Berechtigung haben könnten.
Der Gerichtssaal des Wiener Landesgerichts war im Februar 2023 Schauplatz eines aufsehenerregenden Prozesses: Mehrere mutmaßliche Unterstützer des Wien-Attentäters wurden zu lebenslangen und langjährigen Haftstrafen verurteilt. Doch die juristische Aufarbeitung des Falls könnte noch nicht abgeschlossen sein. Die Verurteilten haben Nichtigkeitsbeschwerden eingebracht, die nun von der Generalprokuratur geprüft wurden.
Kern der Anklage
„Die Generalprokuratur kam bei der Prüfung zum Schluss, dass einem Rechtsmittel teilweise Berechtigung zukommt“, erklärte Martin Ulrich, Sprecher der Generalprokuratur. Dabei wurde klargestellt, dass der Kern der Anklage – die Begehung terroristischer Straftaten in Verbindung mit Beteiligung am Mord – nicht betroffen ist. Vielmehr geht es um die Tatbestände der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation.
„Zu diesen Tatbeständen enthielt das schriftliche Urteil einerseits Feststellungsmängel bzw. wurde den Geschworenen eine möglicherweise irreführende Rechtsbelehrung erteilt“, so Ulrich. Nun liegt der Ball beim Obersten Gerichtshof (OGH), der noch keine Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerden getroffen hat. Ein Gerichtstag wurde dafür noch nicht anberaumt.
Ersturteile können aufgehoben werden
Sollte der OGH der Rechtsansicht der Generalprokuratur folgen, könnten die Ersturteile hinsichtlich der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation bei insgesamt fünf Angeklagten aufgehoben werden. In diesem Fall müsste die Verhandlung neu durchgeführt werden. Allerdings wäre die Verhandlung dann nur auf die Frage beschränkt, ob die Männer Teil einer terroristischen Vereinigung und einer kriminellen Organisation waren bzw. ob eine solche vorlag.
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Die Begehung terroristischer Straftaten in Verbindung mit Beteiligung am Mord und Vergehen nach dem Kriegsmaterialgesetz und dem Waffengesetz würden hingegen nicht mehr verhandelt. Die dazu getroffenen erstgerichtlichen Feststellungen sind nach Ansicht der Generalprokuratur nicht mit Nichtigkeit behaftet. Die Nichtigkeitsbeschwerden dazu wären also abzuweisen. Es bleibt abzuwarten, wie der OGH entscheidet und ob der Wiener Terrorprozess ein juristisches Nachspiel haben wird.
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