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DAS WUNDER AUS MLADENOVAC

„Wir sind eine kranke Gesellschaft – Wir müssen ehrlicher und menschlicher werden“

Beli Interview Zoran Loncarevic
(FOTO: KOSMO/Zoran Lončarević)

Luka Maksimović ist unter dem Spitznamen Beli Preletačević („weißer Überflieger“) in die Politik eingetreten. Als soziologisches Phänomen hat er bei den kürzlich abgehaltenen Präsidentschaftswahlen in Serbien den dritten Platz errungen.

Er wurde 1991 in einer gemischten Ehe geboren. Seine Mutter in Slowakin und sein Vater stammt aus der Šumadija. Er steht kurz vor dem Abschluss seines Studiums der Kommunikationswissenschaft in Belgrad, aber sein unerfüllter Traum ist die Schauspielerei.

„Ich habe es nicht geschafft, mich an der Fakultät der Dramenkunst einzuschreiben, aber während des Präsidentschaftswahlkampfs habe ich wie in einem Film gelebt, der ohne Drehbuch von Tag zu Tag entstanden ist, je nach den Ideen, die meine Kameraden und ich hatten. Eigentlich ist die Kunst meine Herausforderung und meine Leidenschaft, ich komponiere Musik, schreibe Texte und habe neuerdings sogar eine Band, die gerade mit Volldampf an einem neuen Lied und einem Spot arbeitet“, erzählt Luka mit jugendlicher Offenheit und voller Enthusiasmus.

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Die politische Szene in Serbien wirbelt nun ein Komiker auf. Innerhalb von zwei Wochen katapultierte sich “Beli” auf den zweiten Platz, direkt nach Regierungschef Aleksandar Vučić.

 

Sensation in Mladenovac
In Mladenovac, wo er lebt, ist er schon seit Jahren als Amateurschauspieler tätig und hat komische Clips gedreht und auf seinen YouTube-Kanal gestellt. So wäre es wahrscheinlich auch weitergegangen, wenn er nicht 2016 aus Übermut mit seinen Freunden entschieden hätte, die Liste „Beli – samo jako“ („Der Weiße – mit ganzer Kraft“) für die Lokalwahlen aufzustellen.
„Die Idee war, die politische Szene in einer Videoaufnahme lächerlich zu machen, aber dann haben wir nur drei Wochen vor den Wahlen entschieden, auf der Straße Leute zu suchen, die auf unserer Liste nominiert werden wollen. Wir wollten uns nur gut amüsieren. Als wir allerdings gesehen haben, wie die Reaktionen der Bürger auf das Facebook-Profil von Ljubiša Preletačević waren, wurde uns klar, dass wir etwas für unsere Stadt tun könnten. Darum haben wir einige ernsthafte Leute eingeladen, die keiner politischen Partei angehörten und nicht kompromittiert waren. Sie vertrauten uns und willigten ein, auf der Kandidatenliste unserer Bewegung zu erscheinen.“ Das war Lukas politischer Anfang.

Sie gewannen 22 % bzw. 12 Sitze in Mladenovac. Neben zehn ernsthaften Menschen waren darunter auch die fiktiven Gestalten Beli Preletačević und Nebojša Prilepak. In den Sitzungen begannen sie, einige wichtige Fragen anzusprechen.
„Bei uns ist das Wasser nicht trinkbar und wir haben gefordert, dass diese Information auf allen Rechnungen stehen muss und dass es als technisches Wasser auch zu einem geringeren Preis verkauft werden muss. Da haben wir einen kleinen, aber bedeutenden Sieg errungen“, betont Luka stolz.

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Die politischen Gegner lehnen alles ab, was die Abgeordnetengruppe „Beli – samo jako“ in dieser Belgrader Gemeinde beantragt, und Luka hat dafür eine Erklärung.
„Sie haben Angst vor uns. Sie sind es gewohnt, gegen solche wie sie selbst zu kämpfen, aber wir sind unberechenbar und sie wissen nicht, was sie von uns zu erwarten haben. Ehrlich gesagt wissen wir selbst nicht, was wir morgen tun werden, denn es ist alles eine Frage spontaner Ideen. Junge Leute kommen zu uns und wir reagieren satirisch auf die Lügen und Täuschungen eines verdorbenen Systems. Sie haben unsere Bilder in die Postkästen geworfen und behauptet, dass wir Junkies und Drogendealer wären. Aber die Menschen kennen uns von Kindheit an und lachen darüber. Sie schießen sich selbst ins Knie“, verkündet der junge Mann sein scharfes Urteil.

Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.