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Amtsmissbrauch

15.000 Euro: Polizist soll Strafzettel-Gelder abgezweigt haben

Polizei Polizist Kontrolle
FOTO: iStock/Spitzt-Foto

Von Kollegen als Mustergendarm gefeiert, von der Justiz als Betrüger angeklagt: Ein Verkehrspolizist soll fast 15.000 Euro aus Strafzetteln in die eigene Tasche gesteckt haben.

Ein 56-jähriger Verkehrspolizist sieht sich mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert: Zwischen August 2020 und April 2023 soll er bei der Einhebung von Verkehrsstrafen insgesamt 14.720 Euro veruntreut haben. Die Anschuldigungen stehen in krassem Gegensatz zu seinem bisherigen Ruf. Ein Vorgesetzter hatte ihn als einen der „tüchtigsten Verkehrspolizisten, den sich die Republik wünschen kann“ bezeichnet. Auch andere Beamte bestätigen sein außergewöhnliches Engagement – im niederösterreichischen Wiener Neustadt soll der Beamte für rund 70 Prozent aller ausgestellten Organmandate (vor Ort ausgestellte Strafzettel) verantwortlich gewesen sein.

Die Ermittlungen wurden durch einen Hinweis aus Kollegenkreisen ausgelöst. Die Aufklärungsarbeit gestaltete sich aufwendig: Die Ermittler mussten zahlreiche Verkehrsteilnehmer ausfindig machen, die entweder ihre Strafzettel aufbewahrt hatten oder sich an die bezahlten Beträge erinnern konnten. Diese Informationen wurden anschließend mit den archivierten Durchschlägen abgeglichen.

Teilgeständnis abgelegt

Der suspendierte Beamte, für den die Unschuldsvermutung gilt, räumte vor Gericht den Vorwurf des Amtsmissbrauchs teilweise ein. Er gab administrative Fehler bei der Verwaltung der Strafzettelblöcke zu, wies jedoch die Anschuldigung der persönlichen Bereicherung entschieden zurück: „Ich habe niemals Geld eingesteckt.“ Laut Anklage soll der 56-Jährige, der seit Beginn der Untersuchungen vom Dienst freigestellt ist, beispielsweise bei Geschwindigkeitsübertretungen 50 Euro kassiert, auf dem Durchschlag jedoch nachträglich nur 20 Euro vermerkt haben. Die Differenz soll in seine eigene Tasche geflossen sein.

Verfahren vertagt

Bei der Fortsetzung des Verfahrens am Dienstag am Landesgericht Wiener Neustadt wurden weitere Zeugenaussagen gehört.

Das Verfahren wurde anschließend auf unbestimmte Zeit vertagt.

Vergleichbare Fälle und Kontrollsysteme

Der aktuelle Fall ist kein Einzelfall in Österreich. Laut Daten des Innenministeriums wurden seit 2020 österreichweit 24 Fälle von Veruntreuung im Polizeidienst registriert. Die Schadenshöhe bei diesen Vorfällen bewegte sich zwischen 5.000 und 30.000 Euro. Frühere Verurteilungen bei ähnlichen Vergehen führten zu bedingten Haftstrafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren für die betroffenen Beamten.

Als Reaktion auf solche Vorfälle hat das Innenministerium die Kontrollen verschärft. Seit 2022 gilt in mehreren Bundesländern die verpflichtende Nutzung digitaler Organmandate, wodurch Bargeldflüsse minimiert und alle Transaktionen lückenlos dokumentiert werden können. Diese Digitalisierungsmaßnahme soll sowohl Missbrauchsfälle verhindern als auch die Transparenz der Verfahren für alle Beteiligten erhöhen.