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Historiendrama

600 Darsteller, 100 Pferde: ORF wagt episches Mittelalter-Spektakel

ORF Hunyadi
(FOTO: ORF/Beta Film/MR Film

Mit 56 Millionen Euro Budget, 600 Darstellern und 100 Pferden bringt eine europäische TV-Serie erstmals die Geschichte des vergessenen Feldherrn auf die Bildschirme.

Eine europäische TV-Produktion der Superlative erzählt erstmals die Geschichte des Feldherrn János Hunyadi, der im 15. Jahrhundert die osmanische Invasion Westeuropas verhinderte. Mit einem Gesamtbudget von 56 Millionen Euro zählt die zehnteilige Serie „Hunyadi – Aufstieg zur Macht“ zu den kostspieligsten europäischen Fernsehproduktionen aller Zeiten. Der ORF beteiligte sich mit etwa 2,5 Millionen Euro – vergleichbar mit den Kosten einer einzelnen Folge der heimischen Produktion „Biester“, wie Generaldirektor Roland Weißmann betont.

Die Dimensionen des Projekts sind beeindruckend: Über 600 Darstellerinnen und Darsteller, darunter die österreichischen Schauspieler Murathan Muslu, Laurence Rupp und Cornelius Obonya, standen gemeinsam mit rund 100 Pferden vor der Kamera. Die Dreharbeiten erstreckten sich über 174 Tage zwischen Juli 2022 und August 2023 nahe Budapest. Im Mittelpunkt steht das Leben des ungarischen Feldherrn János Hunyadi, dessen entscheidender Sieg gegen die zahlenmäßig überlegene osmanische Armee 1456 den Vormarsch nach Westeuropa und einen geplanten Angriff auf den Vatikan verhinderte.

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Ausgewogene Darstellung

Für Regisseur Robert Dornhelm, der seine Kindheit in der Nähe des Hunyadi-Schlosses verbrachte, war die ausgewogene Darstellung beider Konfliktparteien ein zentrales Anliegen. „Die Osmanen werden nicht als die Bösen und die anderen als die Helden abgebildet“, erklärt der 77-jährige Filmemacher, der bereits bei Großproduktionen wie „Krieg und Frieden“, „Maria Theresia“ und „Vienna Blood“ Regie führte. „Die grauslichen Seiten der Ungarn und Serben sind genauso zu sehen wie die der Türken. Krieg ist nie schön“, betont Dornhelm, der die mehrsprachige Besetzung in ihrer jeweiligen Muttersprache drehen ließ.

Auf die Frage nach möglicher politischer Einflussnahme durch die ungarische Regierung unter Viktor Orbán, für die der Nationalheld Hunyadi propagandistisch nützlich sein könnte, antwortet Dornhelm klar: „Es gab null Einmischung von politischer Seite.“ Schwarz-Weiß-Malerei oder ein Geschichtsepos zur Befriedigung politischer Machthaber habe ihn nicht interessiert.

Aufwändige Produktion

ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz verspricht dem Publikum „viele schöne Menschen, die man sehr gerne anschaut“ – allen voran Newcomer Gellért L. Kádár in der Titelrolle. Der rumänische Schauspieler berichtet von intensiven Vorbereitungen: „Bis zum ersten Drehtag haben die Vorbereitungen rund ein Jahr gedauert.“ Er musste für die Rolle Reiten, Kämpfen und den Umgang mit verschiedensten Waffen erlernen.

Die Handlung beginnt mit Hunyadis Kindheit, in der sein Hass auf die Osmanen geweckt wird, und begleitet ihn später am Hof des serbischen Despoten George Brankovic, eines Vasallen des ungarischen Königs. In seiner Position soll er die ungarischen Grenzen gegen die osmanische Bedrohung verteidigen – ein Unterfangen, das durch die Machtspiele europäischer Herrscherhäuser zusätzlich erschwert wird.

Historische Bedeutung

János Hunyadis Sieg bei der Belagerung von Belgrad 1456 wird von Historikern als ein entscheidender Wendepunkt in der europäischen Geschichte betrachtet. Er stoppte nicht nur den unmittelbaren osmanischen Vormarsch, sondern verzögerte deren Expansion nach Westeuropa um fast 70 Jahre – eine Zeitspanne, die für den Erhalt des christlichen Europas als wesentlich gilt. Experten betonen, dass Hunyadi weit mehr als nur ein ungarischer Nationalheld war: Er wird als einer der bedeutendsten Militärstrategen seiner Zeit angesehen, dessen Wirken auch in serbischen und rumänischen Geschichtsbüchern hervorgehoben wird.

Das bis heute in vielen europäischen Ländern praktizierte „Mittagsläuten“ geht auf Hunyadis Sieg zurück – ein symbolisches Glockenläuten, das vom damaligen Papst angeordnet wurde und bis heute Teil des europäischen Kulturerbes ist.

Als literarische Vorlage dienten die historischen Romane von Mór Bán, die in Ungarn seit über einem Jahrzehnt Bestseller sind. In ihrem Heimatland erreichte die Serie bei ihrer Erstausstrahlung im März bereits einen Quotenrekord mit fast einer Million Zuschauern. International soll die Produktion unter dem Titel „Rise of the Raven“ vermarktet werden – als spannender Einblick in einen bislang wenig bekannten Teil der europäischen Geschichte.

Im ORF feiert die Serie heute mit einer Doppelfolge um 20.15 Uhr ihre lineare Premiere. Auf der Streaming-Plattform ORF On ist bereits die komplette Serie verfügbar, allerdings aufgrund expliziter Kampf- und Sexszenen tagsüber aus Jugendschutzgründen gesperrt.

Zum Auftakt wird die neue ORF-Dokumentation „Hunyadi – Der Reiz des Mittelalters“ die historischen Hintergründe der Serie beleuchten.