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Gesundheitsreform

Ärztekammer droht mit Kündigung von Kassenverträgen

(FOTO: BKA/Florian Schrötter/ÄK Tirol/Wolfgang Lackner)
(FOTO: BKA/Florian Schrötter/ÄK Tirol/Wolfgang Lackner)

Inmitten der anhaltenden Diskussionen über die geplante Gesundheitsreform verschärft die Ärztekammer ihre Rhetorik. Sie warnt vor einer potenziellen Verschlechterung der Patientenversorgung und droht mit einem vertragslosen Zustand.

„Man wolle die Bevölkerung informieren, dass die Patientenversorgung dadurch deutlich verschlechtert würde“, so Edgar Wutscher, Vizepräsident der Ärztekammer. Die angedrohte Auflösung des Gesamtvertrags mit der Krankenkasse ist eine Reaktion auf die Pläne des Bundes und der Sozialversicherung, die bestehenden Verträge so umzugestalten. Laut Ärztekammer sollen Mediziner dadurch zwangsverpflichtet werden. Damit wird automatisch die Patientenversorgung eingeschränkt. „Das ist dem geschuldet, dass ja der Bund und die Sozialversicherung die bestehenden Verträge so ummodellieren wollen, dass es quasi zu einer Zwangsverpflichtung von Ärzten und zu Einschränkungen der Versorgung der Patienten kommen wird“, erklärte Wutscher.

Entmachtung der Ärtzekammer?

Die Ärztekammer sieht sich durch das Gesetzesvorhaben aus dem grün geführten Gesundheitsministerium in mehreren Bereichen entmachtet. Sie befürchtet eine Beschränkung ihrer Mitspracherechte bei der Gründung von Ambulatorien, der Stellenplankompetenz und der Mitsprache bei Gesamtverträgen. Zudem sorgt eine geplante gesetzliche Codierungspflicht der Krankheitsbilder ab 2025 und eine E-Card- sowie ELGA-Pflicht für Wahlärzte ab 2026 für Unruhe. Ein weiterer Streitpunkt: Ärzte sollen künftig nur noch Wirkstoffe und nur noch in Ausnahmefällen konkrete Medikamente verschreiben dürfen.

Gesamtvertragsverhandlungen enttäuschend

Wutscher äußert sich enttäuscht über die bisherigen Gesamtvertragsverhandlungen und warnt vor den Auswirkungen, die die Reform auf die regionale Versorgung haben könnte. „Das kranke Mutterl, 50 Kilometer davon entfernt, muss schauen, wie es dann einen Doktor kriegt“, warnte er.

Nur noch Private Ärzte

Sollte der aktuelle Gesamtvertrag ohne Ersatz aufgelöst werden, könnte dies laut Wutscher zu einem vertragslosen Zustand führen. Die Patienten müssten dann beim Arzt zahlen, was immer dieser von ihnen verlangt, würden von der Krankenkasse aber nur 80 Prozent des jeweiligen Kassentarifs zurückerstattet bekommen. Entweder man bringe Sozialversicherung und Bund so wieder zu seriösen Gesprächen mit der Ärztekammer, so der Funktionär, oder man müsse als Ärzte selbst eine bestmögliche Versorgung auf die Beine stellen.“ Andere Protestformen schloss er aus: „Nein, Demonstrationen brauchen wir keine.“

Rauch will rasche Bearbeitung

Die ÖVP, großer Koalitionspartner der Grünen, betont, dass die Verhandlungen noch laufen. „Die Gespräche innerhalb der Koalition laufen“, ließ Gesundheitssprecher Josef Smolle verlauten. Gleichzeitig drängt der grüne Gesundheitsminister Johannes Rauch auf eine rasche Verabschiedung des Gesetzes noch im November, um es im Dezember beschließen zu können.

Längeres Arbeiten? Regierung schafft Anreiz für Ärzte

Grünen-Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner kritisierte die Vorgehensweise der Ärztekammer. „Ich finde das nicht in Ordnung, wie hier Angst geschürt wird und wie hier der Teufel an die Wand gemalt wird“, sagte er. Trotz der angespannten Atmosphäre sind die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen und es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt.

Sandra Plesser
Als zweites Kind jugoslawischer Gastarbeiter wurde Sandra in Wien geboren und studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Während ihrer Tätigkeit als Redakteurin bei Advanced Photoshop, mokant und Der Standard baute sie mittels Weiterbildungen ihr Wissen im Bereich Social Media-, Content- und Veranstaltungsmanagement aus. Nach drei Jahren in der Eventorganisation widmet sie sich bei KOSMO wieder ihrer Passion: dem Journalismus.