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POLITIK

Andreas Babler als „Teil der Sozialdemokratie“

(Foto: Flickr.com/(c) Andreas Babler)

Andreas Babler, österreichischer Politiker der SPÖ und Bürgermeister der Stadtgemeinde Traiskirchen, hat angekündigt, dass er sich bei der SPÖ-Mitgliederbefragung für den Parteivorsitz der SPÖ bewerben wird. Neben ihm sind die amtierende Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner und der Landeshauptmann des Burgenlandes, Hans Peter Doskozil, als Kandidaten im Rennen. KOSMO hat mit Babler über die bevorstehenden Wahlen und die Zukunft der Sozialdemokratie in Österreich gesprochen.

KOSMO: Wie haben Sie die Reaktion auf Ihre Kandidatur als Parteivorsitzende der SPÖ wahrgenommen?

Andreas Babler: Ich habe in den letzten Wochen so viel Begeisterung gespürt, der Zuspruch ist enorm. Die Welle an Neueintritten von Menschen, die sagen, sie schöpfen aus unserer Kandidatur neuen Mut, das ist überwältigend. Wir konnten mehr als 2.000 Unterstützungserklärungen für die Kandidatur sammeln, die Basistour hat mittlerweile 7.000 Mitglieder persönlich erreicht. 550 Freiwillige haben sich gemeldet, die unsere Kampagne unterstützen wollen. Sie rufen zum Beispiel mehr als 20.000 Mitglieder durch. Viele Künstler:innen, Gewerkschafter:innen, Expert:innen unterstützen mich. Es liegt ein Wind der Veränderung in der Luft, eine Bewegung von unten. Das freut mich sehr und gibt mir viel Kraft!

„Gemeinsam“ heißt für mich einerseits, alte Gräben zu überwinden, aber auch, stärker auf unsere Basis zu hören, ihre Erfahrungen und Ideen und sich die eigene Politik nicht von Spindoktoren vorgeben zu lassen.“

Warum sind Sie die richtige Person für den SPÖ-Vorsitz?

Andreas Babler: Ich habe mich entschlossen zu kandidieren, weil ich die SPÖ einen und öffnen möchte: Mein Team möchte so viele Menschen wie möglich einladen, Teil der Sozialdemokratie zu werden und sich einzubringen. Und wir wollen die Konflikte der letzten Jahre beenden, dafür habe ich auch einen konkreten Plan vorgelegt. „Gemeinsam“ heißt für mich einerseits, alte Gräben zu überwinden, aber auch, stärker auf unsere Basis zu hören, ihre Erfahrungen und Ideen. Aber auch sich die eigene Politik nicht von Spindoktoren vorgeben zu lassen.

Ich kenne die Lebensrealitäten unserer Leute. Ich war selbst Schichtarbeiter, bin um fünf in der Früh aufgestanden und habe 12 Stunden an der Füllmaschine gearbeitet. Ich habe im zweiten Bildungsweg einen Universitätsabschluss gemacht. Und ich bin überzeugt: Wenn man sich ehrlich um die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger kümmert, wenn man aufrichtig an ihren Problemen oder ihren Ideen interessiert ist, wenn man Menschen mag, dann funktioniert man in der Politik. Das will ich an der Spitze der SPÖ einbringen.

(Foto: Flickr.com/(c) Andreas Babler)

Wie wollen Sie die Partei wieder vereinen und zusammenführen?

Andreas Babler: Mir ist ganz wichtig, dass wir nach der Abstimmung wirklich einen Neustart hinlegen. Ich will allen die Hand auszustrecken, die Tag für Tag für die Sozialdemokratie arbeiten. Wir haben einen konkreten Einigungsplan vorgelegt: Wenn ich Vorsitzender werde, will ich im Sommer auf einer Basis-Tour jeden Bezirk in Österreich besuchen. Dann wollen wir eine Mitgliederoffensive starten: Unter dem Motto “10.000 sind noch nicht genug” wollen wir noch einmal mindestens 10.000 neue Mitglieder werben. In den Herbst wollen wir mit Mitgliederversammlungen in ganz Österreich starten. Jedes Mitglied muss die Möglichkeit haben, sich mit seinen Ideen einzubringen. Bei diesen Versammlungen sollen Mitglieder gemeinsam mit hunderten Expert:innen, die sich gemeldet haben, an unserem Wahlprogramm arbeiten – ganz in der Tradition von Kreiskys 1.400 Expert:innen. Am Einigungskongress im November legen wir dann Schwerpunkte für die Nationalratswahl fest, bei der wir die Nr. 1 werden wollen. 

,,Wenn man sich ehrlich um die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger kümmert, wenn man aufrichtig an ihren Problemen oder ihren Ideen interessiert ist, wenn man Menschen mag, dann funktioniert man in der Politik. Das will ich an der Spitze der SPÖ einbringen.“

Wie planen Sie, die SPÖ in Zukunft zu positionieren, um gegen andere politische Parteien anzutreten?

Andreas Babler: Wir müssen wieder mehr Sozialdemokratie wagen. Meine Erfahrung in Traiskirchen zeigt: Unabhängig davon, ob jemand eher links oder rechts steht – die Leute mögen Aufrichtigkeit und Mut und können Scheinheiligkeit und Feigheit nicht leiden. Mich haben in Traiskirchen viele Menschen gewählt, die sonst bei anderen Wahlen FPÖ ankreuzen. Sonst wäre ich nicht auf 70% Zustimmung gekommen. Das Potenzial der SPÖ liegt natürlich weit über 30% bei Nationalratswahlen.

Wir vertreten die arbeitenden Menschen und die Pensionist:innen im Land, das ist die Mehrheit der Bevölkerung. Dass jedes Kind ein warmes Mittagessen hat, dass kein Kind in einem reichen Land arm sein soll – da haben wir die Mehrheit in Österreich hinter uns. Dass ältere Menschen keine Bittsteller sein dürfen, dass sie ein Recht auf gute Pensionen und gute Pflege haben, da haben wir die große Mehrheit im Land hinter uns. Dass wir etwas dagegen tun müssen, dass Konzerne in Zeiten der Teuerung ihre Profite maximieren, während andere nicht wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen – dafür gibt es deutliche Mehrheiten. Und genau dafür müssen wir all unsere Kraft und Stärke einsetzen.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, denen die SPÖ derzeit gegenübersteht?

Andreas Babler: Die größten Herausforderungen der SPÖ sind gleichzeitig die größten Herausforderungen, denen ganz Österreich gegenübersteht: Die Teuerung und die Klimakrise. Das sind große soziale Krisen, die wir im Sinne aller Menschen lösen müssen. Das können wir nur gemeinsam schaffen! Damit meine ich auch gemeinsam mit den rund 25% Nicht-Wähler:innen, die nicht mehr am demokratischen Prozess teilnehmen, weil sie so enttäuscht sind. Denen müssen wir ein Angebot liefern, das sie überzeugt. Aber auch gemeinsam mit den Menschen, die seit Jahrzehnten hier leben und arbeiten, aber mangels Staatsbürger:innenschaft nicht wählen können. Wir brauchen dringend einen leichteren Zugang zur Staatsbürger:innen-schaft, damit die arbeitenden Menschen im Land nicht länger von der politischen Teilhabe ausgeschlossen bleiben.

(Foto: Flickr.com/(c) Andreas Babler)

Wie wollen Sie sicherstellen, dass die SPÖ auch in Zukunft eine relevante politische Kraft in Österreich bleibt?

Andreas Babler: Im unteren Einkommensdrittel fühlt sich von der Politik kaum mehr jemand vertreten – auch die SPÖ hat dort ein massives Vertrauensproblem. Aber wer soll die Lebenssituation arbeitender Menschen verbessern, wenn nicht wir? Wer soll ihre Bedürfnisse nach besseren Arbeitsbedingungen, leistbaren Wohnungen und einer guten Bildung für ihre Kinder erfüllen, wenn nicht wir? Das wird sonst niemand tun. Aber dabei müssen wir überzeugend sein. Dafür brauchen wir politischen Mut und eine Aufbruchstimmung. Man überzeugt nicht mit taktischen Spielen, sondern mit Ehrlichkeit.

,,Wir brauchen dringend einen leichteren Zugang zur Staatsbürger:innen-schaft, damit die arbeitenden Menschen im Land nicht länger von der politischen Teilhabe ausgeschlossen bleiben.“

Wie wollen Sie die Wählerbasis der SPÖ erweitern und junge Wählerinnen und Wähler gewinnen?

Andreas Babler: Hoffnung. Aufbruch. Perspektive. Ich bin davon überzeugt, dass wir junge Wähler:innen, aber auch neue engagagierte Mitglieder gewinnen können, wenn wir uns Seite an Seite mit jungen Menschen für eine lebenswerte Zukunft auf einem lebenswerten Planeten einsetzen. Wenn wir mutig gegen Diskriminierung aufstehen, Bildung als zentrales Thema setzen. Und wenn wir gemeinsam dafür eintreten, eine wirklich nachhaltige Wirtschaft aufzubauen, die sozial und ökologisch funktioniert.

Werden Sie in die Stichwahl gehen, sollte Hans-Peter Doskozil bei der Mitgliedbefragung die absolute Mehrheit gewinnen?

Andreas Babler: Mir ist wichtig, dass die Mitgliederbefragung mit einer absoluten Mehrheit endet. Das ist bei jeder Klassensprecher:innen-Wahl in Österreich so. Norbert Hofer wäre Österreichs Präsident geworden, hätte es keine Stichwahl gegeben. Wenn die Entscheidung der Mitglieder bereits im ersten Wahlgang klar ist, stehe ich natürlich hinter dieser Entscheidung. Das ist eine Frage des Respekts vor den Mitgliedern. Wenn es im ersten Wahlgang keine klare Mehrheit gibt, brauchen wir eine Stichwahl.