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BALKAN STORIES

BALKAN STORIES: Herceg Novi hat die kleinste Buchhandlung der Welt

Die ewigen Freiheitskämpfer

„Und wenn du etwas über unser Selbstverständnis wissen willst, empfehl ich dir dieses Buch“, sagt Rade und hält mir eine neue Übersetzung von Henrik Angells „The Sons of The Black Mountains“ hin.

Der norwegische Marineoffizier hatte vor mehr 100 Jahren Montenegro erkundet und die Bewohner als ewige Freiheitskämpfer beschrieben.

Das Buch entstand auch unter dem Eindruck des norwegischen Unabhängigkeitskampfs gegen Schweden.

Heute gehört es zum nationalen Narrativ Montenegros.

„The Sons of the Black Mountains“ ist nicht vom Mimoza-Verlag herausgegeben wurden, an dem etliche Künstler der Stadt mitarbeiten, sondern von der montenegrinischen Zweigstelle des International Press Institute.

Die Saison ist zu Ende

Eine US-amerikanische Touristin sieht sich die Kühlschrankmagneten an.

„Die sind eine Spezialanfertigung“, sagt ihr Rade.

Für das Innere interessiert sie sich auch nicht, als Rade sie aufklärt, dass das der wahrscheinlich kleinste Buchladen der Welt sei.

 Sie zieht weiter, ohne etwas gekauft zu haben.

„Ja, die Saison ist zu Ende“, sagt Rade. „Darum mach ich auch nicht mehr so oft auf. Eigentlich nur mehr, wenn ich Zeit habe.“

Außerhalb der Saison wirft das Geschäft nicht genug ab, um davon leben zu können.

Rade arbeitet nebenher oder hauptberuflich, je nach Ansicht, weiter als Grafiker und im Verlag.

„Keine Ahnung, ob ich Zeit habe“

Wenn Leute aus Herceg Novi etwas aus der Mimoza brauchen, rufen sie ihn an.

Da kann es passieren, dass Touristen vor verschlossenen Türen stehen. Rade scheint das eher locker wegzustecken.

Ob das zufällige Besucher auch so sehen, bleibt dahingestellt.

Aber noch ist die Mimoza ja auch keine offiziell angepriesene Touristenattraktion. Auch wenn es sie schon an die 20 Jahre gibt.

Berichte im Internet etwa sind rar.

Vielleicht ein Zeichen, dass selbst in der Touristenstadt Herceg Novi der Fremdenverkehr ausbaufähig wäre.

So gut wie in jugoslawischen Zeiten geht es der Stadt in der Hinsicht jedenfalls noch nicht.

„So, und jetzt muss ich noch ein wenig aufräumen und zusperren“, sagt Rade.

Ob er morgen auch aufmachen wird?

„Ich hab am Nachmittag was zu tun. Keine Ahnung, ob ich später Zeit habe.“

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(FOTO: Balkan Stories)