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Eskalation

Beide brechen Völkerrecht“ – Außenministerin ringt um Deeskalation

Die österreichische Außenministerin Beate Meinl-Reisinger bei einer Pressekonferenz mit Ignazio Cassis in Bern, Schweiz, am 01. April 2025.
EPA-EFE/PETER KLAUNZER

Während Kampfjets über Teheran donnern und Raketen auf Tel Aviv niedergehen, warnt Österreichs Außenministerin vor einer gefährlichen Eskalationsspirale im Nahen Osten.

Die israelische Armee hat in den frühen Morgenstunden des Freitags ihre großangelegte Militäroperation „Rising Lion“ gegen den Iran durchgeführt. Nach israelischen Militärangaben beteiligten sich etwa 200 Kampfflugzeuge an dem Einsatz, bei dem rund hundert strategische Ziele im iranischen Staatsgebiet angegriffen wurden. Zu den Angriffszielen zählten neben Einrichtungen in der Hauptstadt Teheran auch die Atomanlagen in Natanz, Isfahan und Arak.

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Der Schwerpunkt der Attacken lag offenbar auf Luftabwehrstellungen und nuklearen Einrichtungen. Berichten zufolge wurden bei den gezielten Angriffen auch Nuklearwissenschaftler und hochrangige Militärs getötet. Als unmittelbare Gegenreaktion feuerte der Iran zahlreiche Raketen auf israelisches Territorium ab, wobei einige davon in Tel Aviv einschlugen und dort Sachschäden sowie Personenverletzungen verursachten.

Der von israelischer Seite als präventive Maßnahme bezeichnete Militärschlag kam nicht überraschend. Israel hatte die laufenden diplomatischen Verhandlungen stets mit Skepsis betrachtet und wiederholt mit Luftangriffen gegen iranische Ziele gedroht. US-Präsident Trump führt derzeit Gespräche über das iranische Atomprogramm, nachdem er in seiner ersten Amtszeit ein bestehendes Abkommen aufgekündigt hatte. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu begründete die Angriffe mit einer fundamentalen Bedrohung der Existenz seines Landes.

Internationale Beobachter bestätigen, dass die am 12. Juni 2025 begonnene Operation „Rising Lion“ gezielt auf die Zerstörung der iranischen Nuklearinfrastruktur ausgerichtet war. Die israelischen Streitkräfte führten ihre Angriffe in mehreren Wellen durch, wobei die Urananreicherungsanlage in Natanz zu den Hauptzielen gehörte. Neben den materiellen Schäden an Atomanlagen kam es dabei auch zu gezielten Tötungen führender iranischer Nuklearwissenschaftler und hochrangiger Militärs, darunter auch Kommandeure der Revolutionsgarden.

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Österreichs Position

Im „ZIB“ äußerte sich am späten Dienstagabend die österreichische Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) im Gespräch mit Moderator Armin Wolf zur aktuellen Lage. „Ich würde sagen, es steht auf des Messers Schneide“, erklärte Meinl-Reisinger hinsichtlich der Gefahr einer militärischen Intervention der USA gegen den Iran.

Die entsprechenden Vorbereitungen seien „offensichtlich in Gang, das ist sehr beunruhigend“. Unklar bleibe, ob diese Maßnahmen lediglich als Druckmittel für ein Atomabkommen dienen sollten „oder ob es tatsächlich weitergehend ist“.

„Ich hoffe, dass alle zur Vernunft kommen“, betonte die Außenministerin und verwies auf ihren gemeinsamen Appell mit europäischen Amtskollegen zur Deeskalation. Man stehe für diplomatische Lösungen bereit. Meinl-Reisinger unterstrich, dass auch Österreich ein Interesse daran habe, eine iranische Atombombe zu verhindern. Entscheidend sei jedoch der Weg zu diesem Ziel, der besonders dann riskant werde, wenn weitere Akteure wie die USA militärisch eingreifen würden.

Es bestehe die Gefahr, dass aus dem bestehenden Konflikt „ein weiterer Brandherd wird für die Region“, weshalb sie nachdrücklich für eine politische Lösung plädiere.

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Völkerrechtliche Bewertung

Auf die Frage, warum die westlichen Staaten keinen formellen Protest gegen die Angriffe auf den Iran eingelegt hätten, antwortete die NEOS-Vorsitzende: „Ich wollte das nicht so verstanden wissen, als ob ich das kleinreden würde“. Sie sei sich „sehr bewusst, dass dieser Krieg schrecklich ist, und dass Zivilistinnen und Zivilisten auf beiden Seiten darunter leiden.“ Dennoch könne sie den israelischen Angriff auf den Iran nicht mit der russischen Invasion in der Ukraine gleichsetzen.

Russland spreche der Ukraine die staatliche Souveränität ab und führe einen „wirklich völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“, erläuterte sie.

Im Konflikt zwischen Israel und dem Iran herrsche hingegen ein „Nebel des Krieges“, der eine klare Beurteilung erschwere, so Meinl-Reisinger. „Ich bin überzeugt, dass beide Seiten Völkerrecht brechen“, räumte die Außenministerin ein, betonte jedoch, dass Österreich stets die Sicherheitsinteressen Israels anerkannt habe. Die fortschreitende Urananreicherung des Iran gebe Anlass zur Besorgnis, zudem spreche das iranische Regime Israel das Existenzrecht ab, führte Meinl-Reisinger aus.

Als einzigen Ausweg aus der Krise sehe sie ein politisches und diplomatisches Abkommen.