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REPORTAGE

Das Leben eines Detektivs: „Die Gefahr gehört zu meinem Beruf!“

Wie sind Sie zu diesen Informationen gekommen?
„Ich besuchte sein Dorf ganz unauffällig, in einem bescheidenen Auto mit lokalen Kennzeichen, ging dort ein bisschen spazieren, kehrte in ein Café ein, und da ich bereits Informationen über ihn gesammelt hatte, konnte ich mich ihm unauffällig nähern. Aus sicherer Entfernung fotografierte ich ihn und filmte seine körperlichen Aktivitäten, schrieb einen Bericht und übergab ihn dem Auftraggeber. Damit war der Fall für mich abgeschlossen.“

Haben Sie schon einmal einen Fall abgelehnt?
„Ja, es gab solche Fälle. Einmal wurde in Wien ein sehr teurer, ganz neuer Wagen gestohlen und nach Bulgarien gebracht. Dort wurde er aufgefunden und befand sich auf dem Parkplatz einer Polizeistation. Die Versicherung bot mir an, diesen Fall zu Ende zu bringen, weil sie meinte, dass mir die Kommunikation mit den Bulgaren durch meine Kenntnis der serbischen Sprache leichter fallen würde. Ich schlug ihnen vor, mit dem Flugzeug nach Bulgarien zu fliegen, das Auto abzuholen und zum nächsten Hafen zu fahren, wo es auf einen Schlepper der DDSG aufgeladen werden könnte, und dann mit dem Flugzeug nach Wien zurückzukommen. Die Versicherung lehnte meinen Vorschlag ab und bestand darauf, dass ich mit dem Flugzeug hinfliegen, aber mit dem betreffenden Auto zurückfahren sollte, was ich sofort ablehnte. Später erfuhr ich inoffiziell aus unseren Kreisen, dass sie einen jungen Kollegen engagiert hatten, der hinfuhr, das Auto übernahm und nie nach Wien zurückkehrte. Leider hatten ihn die Verbrecher verfolgt, als er das Auto entgegennahm, hatten versucht, ihm das Auto abzunehmen, und ihn unter ungeklärten Umständen erschossen. Man muss auch die Gegebenheiten in anderen Teilen der Welt kennen, denn die Unterschiede zu Österreich sind manchmal enorm.“

Bedauern Sie es, dass Sie irgendeinen Fall nicht bearbeitet haben?
„Ich bedaure es nicht gerade, aber ich denke, dass man bisweilen mehr hätte tun können, wenn man auf meine Empfehlung gehört hätte. Einmal wurde ich nämlich zu einem Fall gerufen, bei dem unschätzbare Werte aus dem österreichischen Nationalschatz gestohlen worden waren und dessen Spuren nach Südamerika führten. Man wusste alles über den Täter, aber er war für die hiesigen Behörden unerreichbar. Nach intensivem Nachdenken habe ich der Versicherung empfohlen, mir 100.000 Dollar auf eine seriöse Bank in dem Land, in das ich fahren sollte, zu überweisen. Mein Plan war es, im besten Hotel abzusteigen, den dortigen Polizeichef kennenzulernen und ihm, wenn er sich bei einigen Drinks entspannt hätte, zu sagen, dass sich in der betreffenden Hazienda Dinge befänden, die ich dringend bräuchte, und dass ich ihm, wenn er sie mir zum Flughafen bringen würde, 100.000 Dollar geben würde. Der Transport der gestohlenen Dinge nach Österreich wäre nur ein kleines technisches Detail gewesen. Die Versicherung lehnte meinen Plan ab, obwohl die Summe, die ich gefordert hatte, im Verhältnis zum Wert des gestohlenen Schatzes unbedeutend war.“

FOTO: Radule Bozinovic

Warum wurden die gestohlenen Dinge nicht auf offiziellem Wege gesucht?
„Weil dieser Teil der Welt für die Korruption in seinen offiziellen Strukturen bekannt ist. Dinge konnten verschwinden, und wenn Untersuchungen eingeleitet wurden, konnte es zu Opfern kommen, denn es war ein großer Wert im Spiel. Und wenn man über offizielle Kanäle geht, ist alles viel langsamer und das Ergebnis ist ungewiss. Ich weiß nicht, wie dieser Fall endete, aber ich war nicht bereit, meinen Kopf aufs Spiel zu setzen, indem ich in irgendeine Hazienda einstieg. Mit Geld geht alles schneller und eleganter, aber es ist auch besser, als Zielscheibe von Kriminellen zu werden, denen ein Menschenleben nichts bedeutet.“

Wenn Sie den Fall übernommen hätten, wie hätten Sie sich diesem Polizeichef vorgestellt?
„Ich hätte ihm gesagt, dass ich ein Geschäftsmann bin und diese Dinge einfach haben will. Glauben Sie mir, ihm wäre es nur um das Geld gegangen, das er hätte bekommen können. Die Wahrheit der Details und meine Motive hätten ihn kaum interessiert. Meine Erfahrungen aus den letzten drei Jahrzehnten meiner Arbeit zeigen, dass Sie jeden kaufen können, jeder hat seinen Preis.“

Man bekommt den Eindruck, dass Betrug in den vermögenden Gesellschaftsschichten häufiger ist?
„Die Betrugsfälle, mit denen ich zu tun habe, drehen sich um große materielle Werte. Ich werde Ihnen noch einen Fall erzählen. Einer meiner Freunde, ein angesehener Wiener Rechtsanwalt, hatte mir erzählt, dass er seiner Freundin, einer erfolgreichen Geschäftsfrau, eine halbe Million Euro geborgt hat. Ihr Geschäft ging schief, sie hatte kein Geld mehr, sodass auch mit einem Gerichtsbeschluss über die zwangsweise Rückzahlung der Schulden nichts zu erreichen war. Das große Haus lief nicht auf ihren Namen und der Rechtsanwalt befand sich in einer wenig beneidenswerten Situation. Es war jedoch klar, dass sie irgendwelche Geldquellen haben musste, denn sie lebte ja von irgendetwas. Das Gericht überprüfte alles, aber die Dame hatte kein Bankkonto und kein Sparbuch. Ich habe mich an sie ’drangehängt’, ich wollte unbedingt herausfinden, aus welcher Quelle ihr Geld stammte. Bei ihrer Verfolgung kamen wir zu einer Bank. Unbemerkt ging ich mit ihr hinein und sah, dass sie sofort zum Filialleiter ging. Sie gaben sich Küsschen und plauderten, während er etwas in den Computer tippte, und dann nahm er Geld heraus und gab es ihr. Ich verließ die Bank vor ihr.“

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