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REPORTAGE

Das Leben eines Detektivs: „Die Gefahr gehört zu meinem Beruf!“

Was haben Sie dann weiter getan?
„Weil Freitag war, blieb ich vor der Bank und wartete auf den Filialleiter. Ich verfolgte ihn bis zu seiner Wohnung und fand heraus, dass er eine Frau und zwei Kinder hatte. Ich wusste, dass mein nächster Schritt riskant war, aber ich zögerte nicht. Ich wartete an diesem Abend vor dem Gebäude auf ihn, aber er erschien nicht. Am nächsten Tag wartete ich weiter und er kam aus dem Haus, setzte sich ins Auto und fuhr los. Und ich hinterher. Wir kamen zur „Lila Villa“, einem Schwulentreff. Ich ging mit hinein, setzte mich, bestellte ein Getränk, das das Haus zahlte, und beobachtete. Ich machte mit meinem Handy einige Bilder und ging. Am Montag besuchte ich ihn in der Bank, bat ihn um ein Gespräch und zeigte ihm die Bilder. Er wurde blass und fragte mich, ob es um Bestechung ginge, ob ich einen Kredit oder irgendetwas anderes bräuchte. Ich fragte nur nach der Kontonummer der betreffenden Dame und betonte, dass er sie nicht aufschreiben oder ausdrucken müsse, denn ich würde sie selber aufschreiben. Mein Freund, der Rechtsanwalt, übergab diese Information dem Gericht und auf diesem geheimen Konto wurden über zweieinhalb Millionen Euro gefunden. Er erhielt sein Geld zurück, der Filialleiter wurde entlassen, ich bekam mein Honorar und die Geschichte war zu Ende.“

Ist diese Arbeitsweise legal?
„Ja, natürlich. Erstens habe ich den Fall im Auftrag des Rechtsanwalts übernommen. Dann habe ich die Akteure verfolgt ohne das Risiko, dass mich jemand beschuldigt, ich sei in seine Privatsphäre eingedrungen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, wenn es nötig ist, jemanden heimlich zu verfolgen. Und zweitens habe ich mich auf all das eingelassen, um einen schweren Betrugsfall aufzuklären, was auf regulärem Wege nicht gelungen war. Ich habe mein Ziel erreicht, und der Zweck heiligt die Mittel.“

Haben Sie manchmal Angst, wenn Sie zur Tat schreiten?
„Nur unvernünftige Menschen kennen keine Angst. Aber wichtig ist, sie unter Kontrolle zu halten, und das ist eine Sache des Trainings. Als Psychologe erkenne ich die Anzeichen von Furcht bei anderen, und das gibt mir in meiner Arbeit oft Hinweise. Wenn ich zur Tat schreite, habe ich einen Plan, welche Schritte ich unternehmen will, um den Fall zu lösen. Ich habe natürlich auch Tatsachen, die meine Richtung von Anfang an bestimmen, aber vor Ort kann es immer passieren, dass sich etwas ändert, sowohl mit Bezug auf die Richtigkeit der Informationen, die ich habe, als auch aufgrund neuer Erkenntnisse, die eine Änderung der Konstruktion bzw. der Legenden erfordern, wie wir in unserem Beruf dieses Ineinandergreifen verschiedener Tatsachen nennen. Ich überlasse nichts dem Zufall, es gibt keine Improvisation, sondern ich habe von Beginn an verschiedene Varianten vorbereitet, die mich zur Lösung der Aufgabe führen.“

FOTO: Radule Bozinovic

Wie arbeiten Sie im Ausland?
„Ich bin Mitglied im Europäischen Detektiv-Verband. Wir sind miteinander vernetzt, solidarisch und arbeiten natürlich alle für Geld. Wenn ich einen Fall im Ausland habe, setze ich mich mit den Kollegen in Verbindung, erteile Aufträge für verschiedene Tätigkeiten, bezahle die ausgeführten Aufträge und erleichtere mir so die Lösung der Fälle. Genauso wenden sich auch Kollegen aus anderen Ländern an mich.“

Wie lange wollen Sie diesen Beruf noch ausüben?
Es ist mir noch nicht in den Sinn gekommen, in Pension zu gehen. Solange ich gesund bin, solange ich fähig bin, professionell, gesund und schnell zu denken und zu planen, werde ich mit ungeminderter Intensität arbeiten.“

Gibt es in Ihrer Arbeit Gefahren?
„Natürlich. Ich arbeite auch im Personenschutz für Kunden, von denen viele in der Öffentlichkeit exponiert sind. In Südafrika bin ich angegriffen worden und wurde beim Beschützen anderer zweimal verwundet. Das kann beim nächsten Mal eine interessante Geschichte für Sie sein.“

Analysieren Sie Menschen auch in unverbindlichen Gesprächen?
„Ja, fast immer, denn das ist Training, das ist meine Art zu leben und zu denken, außer wenn mein Gegenüber jemand besonders Schönes ist wie Sie, dann vergesse ich meine Arbeit.“

Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.