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REPORTAGE

Die Armen finanzieren die Sparmaßnahmen im Gesundheitssystem

(Foto: iStock)

Die Bürger Österreichs spüren erste Sparmaßnahmen im Gesundheitssystem. Immer länger wird die Liste der Medikamente, die selbst zu zahlen und nicht gegen eine Rezeptgebühr erhältlich sind, Überweisungen für Untersuchungen werden seltener vergeben und hochwertige orthopädische Hilfsmittel schwerer bewilligt.

Während der Arbeit an dieser Reportage sprachen wir mit mehreren Wiener Bürgern unterschiedlicher Altersgruppen, die unter chronischen Gesundheitsproblemen leiden und Zukunftsängste entwickeln, wenn sie an ihre medizinische Versorgung denken. Die Wirtschaftskrise und die hohe Inflation schränken die monatliche Kaufkraft stark ein, und davon sind Bürger mit einem geringen Einkommen und Pensionisten besonders betroffen. Denn die Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen machen viele hochwertige Medikamente der neuen Generation, orthopädische Behelfe und Diagnosemethoden für sie unerschwinglich und sie fühlen sich als Bürger zweiter Klasse. Werfen wir zunächst einen Blick auf zwei schwere Lebensgeschichten:

Zdravka Subić: „Ich habe ein Bein verloren“

Mit den Folgen der Sparmaßnahmen im österreichischen Gesundheitssystem ist eine tapfere Dame konfrontiert, die einen schweren Autounfall überlebt hat. Zdravka Subic ist 73 Jahre alt und Pensionistin, sie stammt aus Derventa (BuH) und lebt bereits seit 1970 in Österreich. In Wien brachte sie ihren Sohn und ihre Tochter auf die Welt und zog sie auf, arbeitete ihr Leben lang fleißig und lebte nicht einen Tag vom AMS.

„Ich habe volle 40 Jahre gearbeitet. Ich hatte immer gute Stellen, zuerst in einem Krankenhaus, dann bei einer Versicherung, und ich habe immer anständig verdient. 2010 bin ich in Pension gegangen, weil ich auf ein schönes und ruhiges Alter hoffte, in dem ich meine Kinder und Enkelkinder genießen und reisen könnte. So war es auch bis zum 23. Juni 2022, als ich einen schweren Autounfall hatte. An diesem Tag war ich in der Krottenbachstraße unweit meiner Wohnung, denn ich hatte einige Erledigungen zu machen. Ich kam aus der Apotheke und sah, dass sie Ampel für die Autos rot zeigte und dass die Wagen zum Stehen kamen. Ich war etwa 25 m vom Fußgängerübergang entfernt, dachte aber, ich hätte genug Zeit, um zwischen den Autos hindurch auf die andere Straßenseite zur Bushaltestelle zu gelangen. Dann aber wurde die Ampel grün und die Autos kamen von beiden Richtungen.

Zdravka Subic (Foto: zVg.)

Ich blieb in der Mitte stehen und wollte warten, bis die Ampel für die Autos wieder auf Rot schalten würde. Kurz darauf kam ein LKW, ein Betonmischer, mit hoher Geschwindigkeit angefahren und erfasste mein Bein mit einem Rad. Volle 11,5 Meter schleifte er mich mit, bevor andere Leute ihn mit Schreien und Gestikulieren auf den Unfall aufmerksam machten. Ich war die ganze Zeit bei Bewusstsein, spürte, wie das riesige Rad mein Bein zermahlte, und als es auch das zweite Bein erwischte, dachte ich, ich würde auch dieses Bein verlieren“, berichtet Zdravka unerwartet ruhig.

„Meine Verletzungen waren schrecklich und ich schwebte mehrfach zwischen Leben und Tod. Es war schwer, mich an die neuen Lebensbedingungen zu gewöhnen“, so Zdravka.

Unsere Gesprächspartnerin fügt hinzu, dass der LKW von hinten gekommen und ursprünglich fünf bis sechs Wagenlängen von ihr entfernt gewesen war. Daher ist es ihr als langjähriger Autofahrerin noch heute unbegreiflich, dass der Fahrer sie übersehen hat und nicht stehengeblieben oder ausgewichen ist.

„Meine Verletzungen waren schrecklich und ich schwebte mehrfach zwischen Leben und Tod. Es war schwer, mich an die neuen Lebensbedingungen zu gewöhnen. In einem Rehabilitationszentrum übte ich das Gehen mit einer Prothese und mit Krücken. Aber das ist schwer für mich und ich kann noch immer nicht lange stehen oder gehen. Ich erhielt eine mechanische Prothese, die kein Kniegelenk hat, und mit der kann ich nicht gehen, denn ich fühle mich instabil und sie vermittelt mir keine Sicherheit. Selbst bei kleinen Unebenheiten stürze ich bisweilen, was in meinem Alter sehr gefährlich sein kann. Außerdem ist sie hart und schon nach kurzer Zeit bekomme ich Probleme mit dem Rücken und kann auch keine Stiegen steigen.

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