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INTERVIEW

„Dodik und Izetbegović profitieren voneinander.“

Dodik & Izetbegovic
(FOTO: zVg.)

Der bosniakische Leader Bakir Izetbegović kündigte kürzlich an, die Möglichkeiten einer Revision des Falles B&H gegen Serbien aus dem Jahr 2007 zu überprüfen.

Beim Gerichtsverfahren des Internationalen Gerichtshofes aus dem Jahre 2007 wurde Serbien von der Komplizenschaft am Genozid in Srebrenica freigesprochen. „In den nächsten Tagen werde ich alle Experten, die akademische Gesellschaft und politisch aktive Menschen zusammenrufen, um die Elemente der Revision zu diskutieren“, so Izetbegović.

Das Vorhaben des bosniakischen Mitglied des Staatspräsidiums in Bosnien-Herzegowina wirbelte so einiges an Staub auf und wurde sowohl medial als auch politisch in den vergangenen Tagen heftig diskutiert. Diese Situation wirft zahlreiche Fragen auf und lässt einige die Befürchtung äußern, dass diese Situation in Bosnien-Herzegowina abermals eskalieren könnte.

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Dr. Vedran Džihić
Dr. Vedran Džihić

Viele fragen sich mit Sicherheit, warum Izetbegović genau jetzt eine Revision gegen Serbien überprüft und wie hoch die Chancen sind, dass diese vor Gericht durchgeht.

„Es gibt bereits seit längerer Zeit einen ethnonationalistischen Paarlauf in Bosnien-Herzegowina. Die Vertreter der drei großen ethnischen Gruppen, der Bosniaken, Kroaten und Serben sind nicht mehr in der Lage die große Zustimmung zu ihrer Partei auf normalem Wege, durch Reformen, wirtschaftlichen Fortschritt, etc., zu erlangen“, erklärte uns Dr. Vedran Džihić, Professor am Insitut für Politikwissenschaften der Universität Wien im exklusiven Gespräch.

Dodik und Izetbegović: „zwei kommunizierende Gefäße“

In Bosnien-Herzegowina herrsche laut Meinung des Balkanexperten ein ständiger Wahlkampf, welcher sich nur darauf fokussieren würde, Punkte bei der eigenen ethnischen Gruppe zu sammeln und die Anderen zu diskreditieren.

In den vergangenen Wochen und Monaten spitze sich die innenpolitische Situation innerhalb Bosnien-Herzegowinas immer mehr zu. Hierzu zählen zum Beispiel das Referendum der Republika Srpska oder die US-Sanktionen gegen Dodik. Diese Entwicklungen innerhalb des Landes würden Izetbegović zum Handeln verleiten, denn laut Džihić handle es sich bei dem RS Präsidenten Dodik und dem Staatspräsidiumsmitglied Izetbegović um „zwei kommunizierende Gefäße“, welche immer aufeinander reagieren würden. „In einer Zeit, in welcher sich auf keiner Ebene in Bosnien-Herzegowina etwas bewegt, schien es Izetbegović ein opportuner Zeitpunkt zu sein, um die Geschichte abermals in den Vordergrund zu rücken“, erklärte der Politologe.

Wie hoch stehen die Chancen für eine erfolgreiche Revision?
Rein rechtlich gesehen würden sich zwei Fragen stellen: Wird der Revisionsantrag überhaupt eingereicht? Dies sei laut Meinung des Universitätsprofessors gar nicht sicher, da die anderen beiden Mitglieder des bosnisch-herzegowinischen Präsidiums Čović und Ivanić dieses Vorhaben ablehnen würden. Wage Izetbegović einen Alleingang so würde dies mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Krise innerhalb des Staatspräsidiums mit sich bringen.

„Die Chancen, dass eine Revision vor Gericht durchgeht, halte ich für gering. Es gab bereits eine rechtliche Schlussfolgerung und neue Beweise sind auch nicht aufgetreten“, kommentiert der Experte.