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REPORTAGE

Es gibt Hoffnung für Online-Spieler!

Die Anwalts­kanzlei Gottgeisl & Leinsmer führt Gerichtsprozesse für die Rückerstattung des verspielten Geldes. (v.l.n.r.) Mag. Haris Džidić (Konzipient), dipl. Juristin Milica Stojančev, Dr. Karim Weber (Rechtsanwalt) (FOTO: KOSMO)

Man sagt, dass Glücksspiele eine gewisse Befriedigung und die Hoffnung auf schnellen Reichtum bringen. Aber Szenen wie in berühmten Filmen, wo sich das Geld auftürmt, gibt es im wirklichen Leben nicht. Diejenigen, die in diesem Strudel gefangen waren, bestätigen, dass das Spielen ein schreckliches Laster ist!

Seitdem das Internet in alle unsere Lebensbereiche vorgedrungen ist, findet man auch leicht Glücksspielplattformen. Es reicht, bestimmte Seiten zu öffnen – und das sind in Österreich zumeist illegale Online-Spielplattformen – und kleine Geldbeträge zu setzen. Wer nach dem ersten Gewinn glaubt, unter einem Glücksstern geboren zu sein, befindet sich bereits im Teufelskreis. Und wenn der Traum vom schnellen Reichtum Fahrt aufnimmt und die Bremsen versagen, wird das Online-Spielen zum ernsten Problem, macht süchtig und stürzt die Spieler und ihre Familien ins Verderben.

KOSMO hat die Anwaltskanzlei Gottgeisl & Leinsmer in Wien besucht. Diese Kanzlei hat bereits zahlreiche Gerichtsprozesse um die Rückerstattung von Geld, das in illegalen online-Spielplattformen verloren wurde, geführt und erfolgreich abgeschlossen. Dank ihrer Vermittlung haben wir auch mit zweien unserer Mitbürger geredet, die es geschafft haben, aus diesem schweren Laster auszusteigen.

„Ich habe versucht,
mich umzubringen”

Der Fall von R.S. (42), der aus Ex-Jugoslawien stammt, hat durch die Online-Glücksspiele Züge einer Tragödie angenommen. Auch wenn er diese Episode seines Lebens gerne vergessen würde, hat er sich für KOSMO bereiterklärt, über seine Erfahrungen zu sprechen, um andere Menschen vor den schrecklichen Folgen des Spielens zu warnen. Das ist seine Geschichte:

KOSMO: Wie war Ihr Leben, bevor Sie die Glücksspielseiten im Internet gefunden haben?
R.S.: Ich habe mit meiner Frau und unseren beiden Kindern gut gelebt. Bei uns zu Hause herrschte Harmonie, es gab keinen Streit und kein Misstrauen. Da wir beide ganz gut verdienten, gingen wir gerne aus, fuhren in Urlaub und kauften eine schöne Wohnung auf Kredit. Kurz gesagt, wir hatten alles, bis der Teufel seine Hand ins Spiel bekam, bzw. bis ich die Online-Glücksspiele entdeckte.

Was hat Sie dazu gebracht, diesen Weg einzuschlagen?
Begonnen hat alles aus Neugier mit minimalen Geldbeträgen, die ich eingesetzt habe. Den größten Fehler habe ich dann gemacht, als ich am Anfang eine gewisse Summe gewonnen hatte und naiv glaubte, dass sich das schnell wiederholen würde. Darum begann ich, mehr Geld zu investieren und auch zu verlieren. Damit meine Frau das Loch im Familienbudget nicht bemerkte, hörte ich nicht auf, sondern spielte in meiner Verblendung weiter und versuchte, das Verlorene zurückzugewinnen.

Als ich merkte, dass ich den Boden unter Füßen verlor, lieh ich mir Geld von Freunden.

R.S.

Wohin hat das geführt?
Als ich merkte, dass ich den Boden unter Füßen verlor, lieh ich mir Geld von Freunden, aber der große Gewinn stellte sich nicht ein. Als sich die Schulden vermehrten und ich sie zurückzahlen musste, begann ich, Geld aus dem Familienerbe zu nehmen, das wir sorgsam hüteten. Meine Frau bemerkte, dass es mir nicht gut ging. Sie fragte mich, was los war, und fürchtete, ich sei krank. Ich war nicht bereit, ihr die Wahrheit zu sagen, bis sie diese selber bemerkte, und sah, dass von dem Familienerbe kein Euro mehr übrig war. Da musste ich ihr alles gestehen. Ich bat sie um Verzeihung, aber sie kam über meinen Betrug nicht hinweg. Sie hatte Recht, ich hatte sie und die Kinder verraten, aber als sie mir sagte, dass sie die Scheidung einreichen würde, brach für mich die Welt zusammen. Da halfen weder Tränen noch Versprechungen. Sie war entschlossen, einen Schlussstrich unter unser gemeinsames Leben zu setzen.

An dem Tag, an dem ich alleine zurückblieb, begriff ich, dass es für mich kein Leben mehr gab. Ich wollte mich umbringen.

R.S.

Was ist dann passiert?
An dem Tag, an dem ich alleine zurückblieb, begriff ich, dass es für mich kein Leben mehr gab. Ich stürzte völlig ab und entschied, mich umzubringen. Es fällt mir schwer, über Details zu sprechen, aber ich kam im Krankenhaus wieder zu mir. Als ich mich erholt hatte, wurde ich auf die Psychiatrie verlegt. Aus meinem halbtoten Zustand weckte mich eine Information, die eine Person aus der Krankenhausabteilung im Internet gefunden hatte. Es ging um die Rechtsanwaltskanzlei G&L im 10. Bezirk. Ich machte mir einen Beratungstermin aus und ging direkt aus dem Krankenhaus dorthin. Ich gebe zu, ich war skeptisch, denn ich dachte, ich würde mich umsonst auf den Weg machen, wenn ich kein Geld hätte, den Anwalt zu bezahlen. Dieses Problem wurde jedoch gelöst, indem ein Prozessfinanzierer die Kosten für mich übernahm. Dann wurde sehr schnell beim Gericht Klage gegen einen der größten Online-Spieleanbieter eingereicht, bei dem ich 180.000 Euro verloren hatte. Nach der positiven Gerichtsentscheidung legte die Gegenseite bei der nächsten Instanz Rekurs ein, aber auch dort wurde entschieden, dass ich das Geld zurückbekommen müsste. Ich muss sagen, dass das alles, vom Beginn des Prozesses bis zur Auszahlung des Geldes, überraschend schnell ging.

Wie sieht Ihr Leben heute aus?
Ich bin ein neuer Mensch! Meine Frau hat sich entschlossen, unserer Ehe eine neue Chance zu geben, was für mich das Wichtigste ist. Wir haben schlimme Momente durchgemacht, aber wir haben beide viel daraus gelernt und es wird mir nie mehr passieren, dass ich auf Abwege gerate. Das Geld, das ich zurückbekommen habe, ist wieder dort, wo es vor meiner unrühmlichen Episode war, und nach den anderthalb Jahren, die seitdem allen vergangen sind, kann ich endlich wieder frei atmen.

„Ich lebe ein
neues Leben”

Unser Landsmann K.V. (56) begann in der Zeit einer schweren familiären Krise mit dem Online-Spielen. Zuerst war es nur ein Zeitvertreib, aber die Dinge gerieten außer Kontrolle und er surfte immer häufiger im Internet von Spielseite zu Spielseite und seine Ersparnisse schmolzen dahin.

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