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INTERVIEW

Favoritens Bezirksvorsteher Marcus Franz im KOSMO-Interview über Wohnen, Sicherheit und Schulen

FOTO: Christian Husar
FOTO: Christian Husar

Wien steht vor der Wahl – und in Favoriten, dem bevölkerungsreichsten Bezirk, gibt es viel zu besprechen. Bezirksvorsteher Marcus Franz (SPÖ) spricht im KOSMO-Interview über leistbares Wohnen, Schulbau, Sicherheit und die Herausforderungen der Zukunft. Warum er mehr Polizisten fordert, wie der Bezirk trotz Neubauten Grünraum erhält und was sich in Sachen Verkehr und Gesundheitsversorgung tut – ein Überblick über die wichtigsten Themen für Favoriten.

KOSMO: Pandemiefolgen, Lieferkettenprobleme, Kriege am Rande Europas – das alles hat unsere Lebenskosten steigen lassen. Vor allem Wohnen wird immer teurer. Wie steuern die Stadt und der Bezirk entgegen?

BV Marcus Franz: Mit dem Willi-Resetarits-Hof am Neuen Landgut wurde aktuell der 3. Gemeindebau NEU in Favoriten – mit 165 neuen Wohnungen – fertiggestellt. Kein Bezirk hat mehr neue Gemeindebauten auf den Weg gebracht, als der Zehnte. Weitere Projekte sind in den Startlöchern. Etwa Wienerfeld West, Kurbadstraße, Favoritenstraßen 250, Saligergasse und Hebbelplatz. Außerdem müssen laut neuer Bauordnung auf allen Flächen, die als Wohngebiet neu gewidmet werden, mindestens zwei Drittel geförderte Wohnungen stehen. Diese Regelung, die wir eingeführt haben, ist ein starker Hebel, der die Quote für leistbare Wohnungen – auch im Bestand – sichert.

KOSMO: Manche kritisieren diese Wohnbauoffensive, und sagen, dass dadurch Grünraum vernichtet wird. Was entgegnen Sie?

BV Marcus Franz: Das stimmt nicht. In Favoriten bleibt der Grünraum – trotz Bautätigkeit – stabil. Warum? Weil viele Wohngebiete wie etwa am Neuen Landgut, auf versiegelten Flächen entstehen. Der Grünraum, der in Form von Parks dazukommt, ist dann ein Plus. Und wir errichten neue Parks – etwa den Tangentenpark. Dieser 7 Hektar große Park ist auf der ehemaligen Ausfahrt Simmering entstanden, wo vorher Betontrassen waren. Jetzt gibt es dort ein Freizeitparadies für alle.

KOSMO: Unsere Kinder brauchen gute und leistbare Schulen. Was macht der Bezirk, um das zu gewährleisten?

BV Marcus Franz: Wien bietet als einzige Stadt Österreichs beitragsfreie Ganztagsschulen, beitragsfreie Kindergärten und kostenloses Mittagessen in ganztägigen Pflichtschulen sowie gratis Nachhilfe-Angebote. Wir haben im Bezirk gerade auch zwei neue Bildungsgrätzl eröffnet. Diese unterstützen dabei, ein starkes Netzwerk von Eltern, Lehrern, Schülern zu etablieren. Über die schulischen Grenzen hinaus. Aber der Bund muss endlich auch Verantwortung übernehmen und mehr Lehrer ausbilden und zusätzliche Planstellen finanzieren – diese Verantwortung liegt weder beim Bezirk noch bei der Stadt.

KOSMO: Gibt es genug neuen Schulraum für unsere Kinder?

BV Marcus Franz: Ja, den gibt es. Bis zum neuen Schuljahr 2025 werden 142 neue Schulklassen in Favoriten geschaffen. Bis 2028 werden es voraussichtlich 185 sein. Denn Kinder sind unsere Zukunft. Und deshalb wurden seit meinem Amtsantritt bei jedem Budget mindestens 50 Prozent für Kinder und Jugendliche ausgegeben. Ein großer Teil für neue Schulen, aber auch für Zubau, Erhaltung und Sanierung.

KOSMO: Wie schaut es aus beim Thema Sicherheit? Vor allem die rechten Parteien schlachten jeden Vorfall aus und malen den Teufel an die Wand.

BV Marcus Franz: Was richtig ist, wir brauchen mehr Polizei! Das fordere ich selbst schon seit 2013 vehement ein. Und seit 2017, wo ich Bezirksvorsteher wurde, habe ich in über 30 Interviews von den verantwortlichen Innenministern der ÖVP und FPÖ immer mehr Beamte für Favoriten gefordert – insgesamt 500 brauchen wir. Es ist vom Innenministerium viel versprochen worden, aber alle Versprechen – ob von Kickl, Nehammer oder Karner – wurden gebrochen.

KOSMO: Wie stellt sich die Polizeisituation für Favoriten aus Ihrer Sicht dar? Sie fordern ja seit Jahren mehr Beamte für den Bezirk, warum?

BV Marcus Franz: In Österreich kommen auf 100.000 Einwohner durchschnittlich 333 Polizisten. In Favoriten bräuchte es also bei 220.000 Einwohnern 732 Polizisten. Tatsächlich versehen hier im Bezirk aber bei 319 Planstellen nur mickrige 290 Polizisten tatsächlich ihren Dienst. Das kann nicht gut gehen. Deshalb fordere ich in einer Sofortmaßnahme 500 Polizisten für Favoriten. Dazu haben wir auch eine Petition gestartet www.mehrpolizei.at.

KOSMO: Mehr Sozialarbeit ist auch eine Forderung. Wie sieht es da aus?

BV Marcus Franz: Sozialarbeit ist notwendig und sie wird auch von Seiten des Bezirks aufgestockt. Etwa mit dem Ausbau der Jugendzentren, einem neuen Kindertreff in der Leebgasse, der Aufstockung des Fair-Play-Teams in den Parks sowie den Multiprofessionellen Teams an den Schulen. Aber ich erwarte mir hier mehr Unterstützung vom Bund. Bisher hat Sozialministerin Raab von der ÖVP in der vergangenen Legislaturperiode nur den erhobenen Zeigefinger für die Favoritnerinnen und Favoritner gehabt – aber keine Unterstützung geleistet. Ich gehe davon aus, das wird mit der neuen Regierung besser.

KOSMO: Wie sieht es mit einem Alkoholverbot am Keplerplatz aus?

BV Marcus Franz: Nachdem ein diesbezüglicher SPÖ-Antrag von allen Parteien im Bezirksparlament unterstützt wurde, ist es eine Option, die jetzt am Tisch liegt. Was der zuständige Innenminister bisher gemacht hat, ist nur eine Notlösung. Wir brauchen aber endlich gute Lösungen zum Wohl der Bevölkerung. Wir brauchen Grätzlpolizisten, die hier in der Fußgängerzone ansprechbar sind für die Sorgen der Menschen. Zu denen die Menschen vertrauen haben. Was wir nicht brauchen, sind militärisch aufgerüstete, gepanzerte Kampfeinheiten von jungen, unerfahrenen Polizisten, die sich nicht in Favoriten und mit dem Bezirk auskennen und deshalb leider auch nicht präventiv wirken können.

KOSMO: Viele Menschen sind auf die Öffis angewiesen, was tut sich diesbezüglich beim Ausbau?

BV Marcus Franz: Wir werden die U2, derzeit finden die Arbeiten am Matzleinsdorfer-Platz statt, über die Gussriegelstraße auf den Wienerberg führen. Es wird auch die U1 nach Rothneusiedl um zwei Stationen erweitert. Und beim Bestand erfolgen laufend Verbesserungen, etwa die Klimatisierung von Straßenbahnen und U-Bahnen. Oder dass aktuell die Buslinien 70A und 17A auf batteriebetriebene Elektrofahrzeuge umgestellt wurden. Damit ist man auf diesen Strecken klimaneutral unterwegs.

KOSMO: Gesundheit ist ein weiteres wichtiges Thema. Ist der Bezirk hier gut versorgt?

BV Marcus Franz: Mit Cape 10, dem Diabeteszentrum im Karl-Wrba-Hof oder dem FEM Frauengesundheitszentrum am Reumannplatz sind in der vergangenen Legislaturperiode auch auf Bezirksebene viele innovative Projekte im Gesundheitsbereich umgesetzt worden. Gerade haben wir eine Primärversorgungseinheit extra für Kinder am Laaer-Berg eröffnet – zusätzlich zu der bestehenden im Cape 10. Ein richtig großer Brocken ist die Erneuerung und der Ausbau der Klinik Favoriten. Für eine bessere Gesundheitsversorgung arbeitet man dort aktuell an der Fertigstellung von zwei neuen Gebäuden – einem Hightech-Labor sowie einer neuen Radiologie, Brutsgesundheit, Gefäße und einer neuen Onkologie. Es ist ein gutes Gefühl, eine eigene Klinik im Bezirk zu haben.

Schul-Sanierungen der letzten 5 Jahre

2020: GTVSMS Grundäckergasse 14 (13 VS-Klassen und 12 MS-Klassen), VS Quellenstraße 142m (14 Klassen), Wienerbergschule Gödelgasse 5 (25 Klassen)

2022: VS Sonnleithnergasse 30 (17 Klassen)

2023: Bildungscampus Neues Landgut (33 Klassen)

2025: VS Selma-Lagerlöf-Gasse 20 (16 Klassen), VS Laaer-Berg-Straße 170 (13 Klassen)

Bis 2028: Feuchterslebengasse 65 (8 MS und 4 VS-Klassen), „zusätzlich zwei neue Schulen mit insgesamt 30 Bildungsräumen“