Start News Panorama
INTERVIEW

Hospiz und Palliative Care – Würdevoll und in guten Händen

Mag.a Leena Pelttari, MSc, Geschäftsführerin des Dachverbandes Hospiz Österreich (FOTO: KOSMO)

Wie sieht die Situation in Sachen Hospiz und Palliative Care in Österreich aus?
In Österreich gibt es ein abgestuftes Hospiz- und Palliativversorgungskonzept für Erwachsene, welches 2004 von GÖG/ÖBIG im Auftrag des Gesundheitsministerium gemeinsam mit uns, dem Dachverband Hospiz Österreich, und der Österreichischen Palliativgesellschaft (OPG) entwickelt und 2006 von Bund, Ländern, Sozialversicherungen bestätigt wurde. Dieses Konzept umfasst zwei Arten der Hospiz- und Palliativversorgung – die sogenannte Grundversorgung, in deren Rahmen PatientInnen und Patienten in den Krankenhäusern, Heimen, durch Hausarzt, Hauskrankenpflege betreut werden, und die sogenannte spezialisierte Hospiz- und Palliativversorgung, die sechs unterschiedliche Einrichtungen beinhaltet.

„Das Motto des Versorgungskonzeptes ist: Der richtige Patient, die richtige Patientin wird zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort betreut.“

Die palliative Grundversorgung soll in allen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens stattfinden. Die spezialisierte Hospiz- und Palliativversorgung kann darüber hinaus auf komplexere Situationen und schwierige Fragestellungen eingehen. Derzeit gibt es keine Regelfinanzierung für alle sechs Angebote der spezialisierten Versorgung, sondern nur für Palliativstationen, die den Krankenhäusern angegliedert sind. Es gibt stationäre Hospize, die je nach Bundesland ganz unterschiedlich finanziert sind. Es  gibt Mobile Palliativteams, die im Grunde in manchen Bundesländern kostenlos sind. Darüber hinaus gibt es in einigen Bundesländern Tageshospize und die ehrenamtlichen HospizbegleiterInnen in allen Bundesländern. Außerdem gibt es Palliativkonsiliardienste in Krankenhäusern.

Hospiz- und Palliativeinrichtungen für Erwachsene in Österreich 2017 (FOTO: HOSPIZ ÖSterreich, GÖG/ÖBIG)

Das Motto des Versorgungskonzeptes ist: Der richtige Patient, die richtige Patientin wird zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort betreut. Mit anderen Worten – es sollte zu keiner Überversorgung und auch keiner Unterversorgung kommen. Dieses System gibt es in dieser Klarheit in keinem anderen Land außer in Österreich. Die European Association of Palliative Care (EAPC) hat das System auch in ihrem Grundsatzpapier zu Strukturen der Palliativversorgung  übernommen. In Österreich ist die Situation sehr gut, weil Umfang und Qualität der Hospiz- und Palliativversorgung  mit dem Sozial- und Gesundheitsministerium abgestimmt und definiert sind. Das ist ein großes Plus für Österreich und eine wichtige Grundlage für die Entwicklungen, die wir in den letzten Jahren hatten. Es fehlt noch die Regelfinanzierung, sodass alle Kosten von der öffentlichen Hand übernommen werden. Viele Einrichtungen der spezialisierten Hospiz- und Palliativversorgung sind momentan sehr auf Spenden angewiesen. Wir arbeiten schon lange an einer Lösung. Seit 2016 gibt es auch das Hospiz- und Palliativforum, wo Ministerien, Länder und andere wichtige Stakeholder etc. daran arbeiten, dass die öffentliche Regelfinanzierung Realität wird.

Etwa 10 bis 20% der schwerkranken und sterbenden Menschen brauchen die spezialisierte Hospiz- und Palliativversorgung. Unser großes Ziel im Dachverband ist es, Hospiz- und Palliativbetreuung für alle, die es brauchen, leistbar und erreichbar zu machen. In Österreich gibt es auch Hospiz- und Palliativeinrichtungen für Kinder. Man denkt oft, dass schwere Krankheiten nur die Erwachsenen betreffen. Es gibt aber leider auch schwerkranke Kinder, deren Familien auch Unterstützung brauchen. Daher haben wir hier in Hospiz Österreich vor ca. neun Jahren angefangen, diesen Bereich aufzubauen. Zusammen mit dem Gesundheitsministerium und Gesundheit Österreich haben wir ein ähnliches System für die Hospiz- und Palliativbetreuung im Kinder- und Jugendbereich entwickelt.

„Erst dann, wenn es einen selber betrifft, fangen die Menschen an, Informationen zu suchen.“

Es bestehen große Unterschiede im Vergleich zum Erwachsenen-Bereich, weil Kinder oft jahrelang mit schweren Erkrankungen leben können. Sie haben auch Phasen, in denen sie keine Palliativbetreuung benötigen. Wir haben diesen Bereich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. In der Zwischenzeit gibt es 30 Einrichtungen in den Bundesländern. Die Situation ist jetzt besser, aber auch in diesem Bereich fehlt eine öffentliche Regelfinanzierung.

Abgestufte Hospiz – und Palliativversorgung für Erwachsene (FOTO: Hospiz Österreich, GÖG/ÖBIG 2004)

Das Bewusstsein über das Thema in der Gesellschaft ist nicht besonders groß. Welche weiteren Maßnahmen für die Entwicklung des Angebots in diesem Bereich und für die Steigerung des Bewussteins unter den Menschen sind noch geplant?
Mittlerweile ist das Thema nicht so ein großes Tabu wie vor 20 Jahren, das Bewusstsein darüber sollte jedoch größer sein. Erst dann, wenn es einen selber betrifft, fangen die Menschen an, Informationen zu suchen. Auf unserer Homepage www.hospiz.at kann man sehr viele Informationen finden. Das allerwichtigste wäre, wie schon erwähnt, die öffentliche Regelfinanzierung für alle spezialisierten Hospiz- und Palliativangebote zu bekommen.

Was die Grundversorgung und Abteilungen in den Krankenhäusern betrifft, sollte viel mehr Grundwissen über Palliative Care vorhanden sein. In Alten- und Pflegeheimen macht der Dachverband Hospiz Österreich Organisationsentwicklungs-Projekte, in welchen das Personal geschult wird, um auf die schwerkranken und sterbenden PatientInnen besser vorbereitet zu sein. In Österreich gibt es ca. 800 Pflegeheime, unser Projekt wurde und wird in 140 Pflegeheimen umgesetzt. Zusammen mit St. Virgil (Schulungszentrum in Salzburg) und der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg haben wir 1999 einen Universitätslehrgang gestartet – heute gibt es 157 Master of Science in Palliative Care. Das Spektrum der TeilnehmerInnen ist multiprofessionell:  Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonen, SeelsorgerInnen etc.

Auf der nächsten Seite geht´s weiter zur Broschüre…