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Jovan und Nenad Gruban: ,,Fußball gab uns Freiheit“

(Foto: zVg.)

Jovan und Nenad Gruban sind die Gründer von „Street Football Network Klessheim“, mit denen KOSMO gesprochen hat. „Street Football Network Klessheim“ ist das größte Straßenfußballnetzwerk und setzt sich für interkulturelle Integration ein.

KOSMO: Woher stamm die Idee, das Street Football Network Austria zu gründen?

Jovan & Nenad Gruban: Im Jahr 2015 haben wir uns dazu entschlossen, mit der Austragung von bescheidenen Straßenfußballturnieren den damals noch größtenteils menschenleeren Bolzplätzen wieder Leben einzuhauchen. Wir wollten einfach nur wieder regelmäßig kicken, jedoch merkten wir schnell, dass die Qualität, die dort omnipräsent war, übermenschliche Maßstäbe annahm. Und so taten wir alles, was in unserer Macht stand, um diese Leute so oft wie möglich an einem Platz zu versammeln, denn wieso sollten wir unsere Aufmerksamkeit den Profifußballern im Fernsehen schenken, wenn unzählige Rohdiamanten tagtäglich auf dem Bolzplatz in Klessheim unsere Fußballherzen zum Strahlen brachten?

KOSMO: Wann haben Sie angefangen, Fußball zu spielen, und wie entstand die Liebe zu dieser Sportart? Haben Sie vielleicht auch andere Sportarten trainiert?

Jovan & Nenad Gruban: Wir haben mit Fußball angefangen, als wir noch kleine Kinder waren, aber wir können nicht genau sagen, in welchem Jahr das war. In der Nähe gab es einen Spielplatz mit einem Fußballplatz, auf dem man 7 gegen 7 spielen konnte. Der Platz war früher ein Rasenplatz, aber wegen uns und der damaligen Truppe verfärbte er sich schnell vom Grünen ins Braune, vor allem im Mittelfeld. Wir waren nahezu jeden Tag dort und haben uns körperlich betätigt. Die buntgemischte Truppe von Menschen um uns herum stammte aus verschiedenen Ländern und Kulturen, und wir konnten den Mehrwert der Multikulturalität genießen. Nach dem Kicken saßen wir oft stundenlang zusammen und erzählten uns gegenseitig alles Mögliche. Die Liebe zum Fußball entstand auf unerklärliche Weise, als wir einen Schuss ins Tor lenken oder mehr als zehnmal mit dem Ball „gabeln“ konnten. Dieses Gefühl von Unbeschwertheit, Erfüllung, Zeitlosigkeit und Sorgenfreiheit war so befriedigend, dass wir uns keine Sorgen darüber machten, was wir erreichen oder nicht erreichen könnten.

Fußball gab uns diese Freiheit und vereinte uns jedes Mal auf’s Neue.

Obwohl wir auch fünf Jahre lang Karate gemacht haben, wollten wir irgendwann nur noch kicken.

,,All diese Erfahrungen haben uns gelehrt, dass wir keine Lehrer sind, sondern Wegbegleiter und Betreuer, die anderen helfen, sich selbst zu entdecken.“ (Foto: zVg.)

KOSMO: In welchen Altersgruppen kann man an Ihren Turnieren teilnehmen und in welchen Städten haben Sie bisher Turniere organisiert?

Jovan & Nenad Gruban: Grundsätzlich dürfen alle ab dem 14. Lebensjahr bei unseren Turnieren teilnehmen. Bisher haben wir nur im Salzburger Raum Turniere organisiert, da straßenfußballtechnisch nirgendwo in Österreich mehr geht als hier.

KOSMO: Am Anfang waren Sie Veranstaltungskoordinatoren, jetzt haben Sie jedoch durch die Arbeit mit Jugendlichen eine pädagogische Rolle. Wie kam es zu diesem Übergang?

Jovan & Nenad Gruban: Solche Dinge kann man nicht planen – es ist schlichtweg von selbst passiert. Das Leben nahm seinen Lauf und nahm uns somit mit auf eine unerwartete Reise.

Man könnte fragen, was uns befähigt, anderen auf pädagogische Weise zu helfen. Unsere inspirierende Wirkung wurde oft erwähnt, aber was macht jemanden inspirierend? Wenn man seinem authentischen Selbst Ausdruck verleiht und ehrlich zu sich selbst ist, wird man inspirierend. Wir sind der Meinung, dass man in der Zeit zwischen dem Schulabschluss und der Familiengründung den Fokus auf sich selbst legen und alles ausprobieren sollte, was man schon immer wollte. Man sollte seine Leidenschaft verfolgen und die risikoreichsten Dinge tun. In dieser Zeit sollte man sich als Priorität Nummer 1 betrachten, um sich selbst und anderen langfristig zu helfen. Es erfordert Mut, sich von gesellschaftlichen Erwartungen zu lösen und sein eigenes Ding durchzuziehen.

Egal, ob man Erfolg hat oder nicht, der Weg ist das Ziel.

Wir haben unseren Job gekündigt und die Welt bereist, von Mexiko bis Kolumbien, von Kirgisistan bis Südkorea, und auch nach Burkina Faso. Wir waren als Trainer für eine mexikanische Frauenfußballmannschaft, als Erzieher in einer spanischen Flüchtlingsorganisation und als Lehrer für Deutsch und Englisch an einer kirgisischen Schule tätig. All diese Erfahrungen haben uns gelehrt, dass wir keine Lehrer sind, sondern Wegbegleiter und Betreuer, die anderen helfen, sich selbst zu entdecken.

KOSMO: Was sind die Pläne für das Jahr 2023?

Jovan & Nenad Gruban: Wir wollen den Straßenfußball auf globaler Ebene revolutionieren und sehen den 3×3 Street Ball als Hauptinspiration, um das Interesse großer Menschenmassen für eine neue Profisportart zu wecken. Obwohl der Straßenfußball noch nicht auf der olympischen Bühne präsent ist, sind wir überzeugt, dass er enormes Potenzial hat. Der 3×3 Street Ball wurde erstmals 2010 bei den Olympischen Jugend-Sommerspielen getestet und 2021 schließlich bei den Olympischen Spielen aufgenommen. Wir glauben, dass eine Auffrischung des Fußballs mittels der Einführung des „4×4 Street Footballs“ denkbar ist. Wir entwickeln derzeit ein Konzept und werden es Ende April unserem globalen Netzwerk vorstellen. Der 3×3 Street Ball bedient sich einem ähnlichen Ranking-Konzept wie Tennis, um sich für die großen Turniere zu qualifizieren.Unser Traum ist es, für den Straßenfußball ein ähnliches globales Ranking-System zu entwickeln, das neben regionalen und nationalen Turnieren in den jeweiligen Austragungsländern eine prestigegerechte World Series einbindet – und zentraler Ausgangspunkt hierfür wird der Bolzplatz in Klessheim sein. Tennis hat 4 Grand Slams – im Straßenfußball schweben uns 10 Orte vor, wobei Klessheim, der Ursprung dieses gesamten Projekts, das Wimbledon im Straßenfußball sein soll. Natürlich klingt das äußerst utopisch und die Einführung einer Austrian Street Football League wäre schon mehr als genug, aber wir zielen auf den Mond und falls wir ihn verfehlen, treffen wir zumindest einen Stern.