Die Volksanwaltschaft deckt gravierende Missstände im Jugendstrafvollzug auf. Justizministerin Sporrer reagiert mit einer Prüfung der Haftbedingungen.
Die Aufdeckung erheblicher Missstände im Jugendstrafvollzug durch die Volksanwaltschaft hat eine intensive Diskussion über die Haftbedingungen für Jugendliche ausgelöst. In den Gefängnissen von Linz und St. Pölten wurden aufgrund eines Mangels an Haftplätzen für Erwachsene die Jugendabteilungen aufgelöst, was dazu führte, dass in der Justizanstalt (JA) St. Pölten fünf Jugendliche in Zellen für Erwachsene untergebracht wurden. In der JA Wiener Neustadt befand sich ein 16-Jähriger in einem überfüllten Zehn-Personen-Haftraum.
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Die Reaktion auf diese Vorwürfe war prompt. Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) ordnete eine Prüfung der Zustände an und betonte die Wichtigkeit eines humanen und sicheren Strafvollzugs, besonders für Jugendliche. Ein erwachsener Häftling hatte die Volksanwaltschaft darüber informiert, dass in seiner Zelle ein 16-Jähriger mit neun Männern untergebracht sei. Diese Bedingungen widersprechen den Mindeststandards, die das Justizministerium 2012 festgelegt hat, und es ist gesetzeswidrig, dass Jugendliche 23 Stunden am Tag in ihren Zellen verbringen müssen, da ihnen zwei Stunden Aufenthalt im Freien zustehen.
Kritik und Forderungen
Volksanwältin Gabriela Schwarz (ÖVP) kritisierte die prekären Zustände im Jugendstrafvollzug scharf. Sie betonte, dass Untersuchungshaft bei Jugendlichen nur als letztes Mittel eingesetzt werden sollte und hob die Bedeutung der Resozialisierung hervor. Schwarz forderte Justizministerin Sporrer auf, die Empfehlungen der Volksanwaltschaft umzusetzen und sich ein Bild von den Bedingungen zu machen.
Das Justizministerium räumte ein, dass Jugendliche getrennt von Erwachsenen untergebracht werden sollten, jedoch gibt es aufgrund der Überbelegung Ausnahmen. In Wiener Neustadt sind Pläne für einen eigenen Jugendbereich in Arbeit, jedoch fehlt noch die Baubewilligung. Kurzfristige Verlegungen sollen Überstellungen vermeiden, was Besuche für Angehörige erschwert. Die Volksanwaltschaft weist darauf hin, dass Jugendliche oft ihre Rechte nicht kennen und es keine Beschwerden über den nicht durchgeführten Aufenthalt im Freien gab.
Bauarbeiten und Herausforderungen
Das neue Jugendgefängnis am Münnichplatz in Wien-Simmering, dessen Eröffnung ursprünglich für Juli 2024 geplant war, ist noch im Bau. Nur eine Abteilung ist in Betrieb, da die Sanitärräume in den anderen Abteilungen nicht funktionsfähig sind. Die Volksanwaltschaft kritisierte den Personalmangel und die unzureichende Betreuung. Insassen dürfen wöchentlich nur einen Besuch empfangen und müssen für ihre Schulausbildung pendeln. Eine ärztliche Versorgung ist laut Volksanwaltschaft nicht vorhanden. Der Einkauf von Lebensmitteln und Hygieneartikeln erfolgt über Listen, da eine eigene Versorgungseinrichtung fehlt.
Während eines Besuchs der Volksanwaltschaft funktionierte die Videotelefonie nicht. Der Münnichplatz ist noch nicht vollständig gebaut, und es fehlt an Personal. Dennoch sind dort bereits Jugendliche untergebracht. Das Justizministerium plant, die Leitung der Anstalt ab dem 1. April zu besetzen und treibt die Besetzung weiterer Stellen voran. Der Abschluss der Bauarbeiten wird für Ende 2025 erwartet. Das Ministerium hob die positiven tagesstrukturierenden Maßnahmen am Münnichplatz hervor und versicherte, dass alle Baumaßnahmen im Zeitplan sind.
Zu den Duschen lägen keine Beschwerden vor, da die belegten Hafträume saniert wurden.
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