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Arbeitsauftrag

Kinderarmut kostet Österreich jährlich 17 Milliarden Euro

(FOTO: BKA/Florian Schrötter)
(FOTO: BKA/Florian Schrötter)

Die Schatten der Kinderarmut reichen oft bis ins Erwachsenenalter. Zudem kostet sie den österreichischen Staat jährlich 17,2 Milliarden Euro, wie eine aktuelle OECD-Studie aufzeigt. Sozialminister Johannes Rauch sieht in den Daten einen dringenden „Arbeitsauftrag an die Politik, strukturelle Verbesserungen anzugehen“.

Die OECD-Studie untersuchte auf Anfrage des Sozialministeriums die soziale Situation der Kinder in Österreich im Jahr 2021. Sie zeigt ein gemischtes Bild. Zwar ist die soziale Lage der Kinder im europäischen Vergleich stabil, doch mit 13 Prozent liegt der Anteil der von Einkommensarmut betroffenen Kinder leicht über dem Durchschnitt von 12,4 Prozent.

Blick auf die Bildung

Besonders deutlich wird die soziale Benachteiligung im Bildungsbereich. Acht Prozent aller Kinder in Österreich haben Eltern mit niedrigem Bildungsabschluss. Damit liegt Österreich unter dem europäischen Durchschnitt von 11 Prozent. Insgesamt sind 18 Prozent der Kinder von mindestens einem dieser drei Indikatoren für soziale Benachteiligung betroffen – weniger als in anderen OECD-Staaten, wo die Quote bei 23 Prozent liegt.

Frühkindliche Bildung im Fokus

Die OECD sieht insbesondere bei der Treffsicherheit von Familienleistungen Verbesserungsbedarf. Bei Alleinerziehenden machen diese nur etwas mehr als die Hälfte der kinderbezogenen Ausgaben aus im Vergleich zu Zwei-Eltern-Haushalten. „Chancengleichheit fängt in der Kindheit an“, betont Sozialminister Rauch und fordert mehr Investitionen in die frühkindliche Bildung und Betreuung. Im Vergleich zu führenden OECD-Staaten wie Schweden, Dänemark und Frankreich fließen in Österreich deutlich weniger Geldmittel in diesen Bereich.

Wohnliche Situation

„Armut macht krank“, warnt Rauch. Laut der OECD-Studie lebten im Jahr 2021 etwa fünf Prozent aller Kinder in Österreich in beengten und feuchten bzw. schlecht ausgestatteten Wohnräumen. Trotz dieser Herausforderungen bietet Österreich einen der besten Zugänge zum Sozialsystem: 99 Prozent aller Eltern sehen den Bedarf ihrer Kinder mit medizinischen Kernleistungen abgedeckt.

17,2 Milliarden Euro

Die Kosten der Kinderarmut sind enorm: Die OECD berechnet die Folgekosten einer durch Kinderarmut verursachten Arbeitslosigkeit oder schlechterem Gesundheitszustand mit 17,2 Milliarden Euro, oder 3,6 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts. „Die Schlüsselfrage ist nicht ‚Was kostet es, Kinderarmut zu bekämpfen?‘ sondern ‚Was kostet uns Kinderarmut?'“, stellt Rauch klar.

Hindernisse

Um die Lebensperspektiven der Kinder zu verbessern, müsse man laut Yoshiki Takeuchi, stellvertretender Generalsekretär der OECD, zuerst „die Erwerbstätigkeit der Eltern fördern, eine gerechtere Aufteilung der Betreuungsaufgaben zwischen den Eltern unterstützen und die Kinderarmut verringern“. Rauch sieht in treffsicheren Familienleistungen, verbesserten Erwerbschancen für Eltern und einem Ausbau der Kinderbetreuung und des gemeinnützigen Wohnbaus mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderarmut. Eine Kindergrundsicherung, für die Rauch eintritt, scheint jedoch in dieser Legislaturperiode unwahrscheinlich: „dazu ist die ÖVP nicht zu bringen“, so Rauch.

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Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger sieht in der OECD-Studie die eigenen Forderungen bestätigt. Die Studie unterstreiche die Notwendigkeit treffsicherer Maßnahmen und besserer Kinderbetreuung. Trotz des guten Zeugnisses der Studie für den Gesundheitsbereich, fordert Fenninger mehr Investitionen, insbesondere in den Ausbau von Therapie-Kassenplätzen.

Sandra Plesser
Als zweites Kind jugoslawischer Gastarbeiter wurde Sandra in Wien geboren und studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Während ihrer Tätigkeit als Redakteurin bei Advanced Photoshop, mokant und Der Standard baute sie mittels Weiterbildungen ihr Wissen im Bereich Social Media-, Content- und Veranstaltungsmanagement aus. Nach drei Jahren in der Eventorganisation widmet sie sich bei KOSMO wieder ihrer Passion: dem Journalismus.