Start Aktuelles
Kirchengeschichte

Konklave: Kardinäle eingemauert und ohne Dach – So brutal waren Papstwahlen

Schwarzer Rauch steigt aus dem Schornstein auf dem Dach der Sixtinischen Kapelle auf – das bedeutet, dass die Kardinäle am zweiten Tag ihres geheimen Konklaves im Vatikan, am 13. März 2013, keinen neuen Papst gewählt haben. FOTO: EPA/VALDRIN XHEMAJ
Schwarzer Rauch steigt aus dem Schornstein auf dem Dach der Sixtinischen Kapelle auf – das bedeutet, dass die Kardinäle am zweiten Tag ihres geheimen Konklaves im Vatikan, am 13. März 2013, keinen neuen Papst gewählt haben. FOTO: EPA/VALDRIN XHEMAJ

Eingemauert, dem Wetter ausgesetzt, ohne Dach – die Geschichte der Papstwahl ist geprägt von drastischen Maßnahmen gegen zögerliche Kardinäle.

Vor dem 12. Jahrhundert war die Papstwahl noch ein deutlich offenerer Prozess. Nicht nur die Kardinäle hatten ein Wort mitzureden – auch Könige und andere Machthaber konnten erheblichen Einfluss nehmen. Erst 1179 legte Papst Alexander III. fest, dass künftig eine Zweidrittelmehrheit der Kardinäle für die Wahl des Kirchenoberhauptes erforderlich sei. Doch selbst diese klare Regelung garantierte keine reibungslosen Entscheidungsprozesse.

Die Geburtsstunde des Konklave (Versammlung der Kardinäle zur Papstwahl), wie wir es heute kennen, schlug zu Beginn des 13. Jahrhunderts – und zwar unter recht drastischen Umständen. Als sich die Kardinäle bei einer Papstwahl in endlosen Debatten verstrickten, griff die Bevölkerung von Perugia zu einer radikalen Maßnahme: Sie sperrte die 19 Kirchenfürsten kurzerhand ein. Der Begriff „Konklave“ leitet sich genau davon ab – „cum clave“ bedeutet „unter Verschluss“. Diese unfreiwillige Klausur zeigte Wirkung, denn kurz darauf wurde im Jahr 1216 Honorius III. zum Papst gewählt.

Dessen Nachfolger Gregor IX. hält bis heute einen bemerkenswerten Rekord: Nach dem Tod von Honorius III. am 18. März 1227 dauerte es nur einen einzigen Tag, bis Gregor zum neuen Kirchenoberhaupt gekürt wurde – die schnellste Papstwahl der Geschichte.

Bei seinem Nachfolger Coelestin IV. gestaltete sich die Entscheidungsfindung schon wieder deutlich zäher. Die Kardinäle benötigten volle zwei Monate, um sich auf ihn zu einigen.

⇢ Vatikan am Scheideweg: Wer erbt das Vermächtnis des „Armen-Papstes“? Reformer gegen Traditionalisten

Drastische Maßnahmen

Doch den absoluten Negativrekord stellte die Papstwahl in Viterbo auf. Als sich die Kardinäle 1268 zur Beratung zurückzogen, ahnte niemand, dass der Prozess zwei Jahre in Anspruch nehmen würde. Die Bürger der Stadt verloren 1270 endgültig die Geduld und griffen zu drastischen Mitteln: Zunächst mauerten sie den Ausgang des Beratungsgebäudes zu. Als selbst das nicht half, deckten sie kurzerhand das Dach ab, um die Kirchenfürsten Wind und Wetter auszusetzen. Trotz dieser Unbill dauerte es bis September 1271, bis mit Gregor X. endlich ein neuer Papst gewählt wurde.

Vermutlich geprägt von seiner eigenen turbulenten Wahl, erließ Gregor X. im Jahr 1274 die Bulle „Ubi periculum“ (päpstliches Dekret). Dieses Dokument machte das Konklave zum offiziellen Wahlsystem und schrieb die vollständige Isolation der Kardinäle während des Entscheidungsprozesses verbindlich vor.

Moderne Reformen

Erst im 20. Jahrhundert erfuhr das Verfahren weitere bedeutende Reformen: 1904 führte Papst Pius X. per Dekret die geheime Abstimmung ein. Pius XII. präzisierte später die Mehrheitsregel auf Zweidrittelmehrheit plus eine Stimme.

Mit der wachsenden Zahl von Kardinälen weltweit wurden weitere Anpassungen notwendig. Johannes Paul II. war der erste Papst, der nach der neuen Regelung gewählt wurde, wonach nur noch maximal 120 Kardinäle unter 80 Jahren stimmberechtigt sind.

⇢ Papstwahl: Wird das Konklave vorverlegt?

Er lockerte auch die strengen Isolationsvorschriften etwas: Die Kardinäle müssen nicht mehr in der Sixtinischen Kapelle übernachten, dürfen aber in ihren Hotelunterkünften weder Mobiltelefone noch andere Kommunikationsmittel nutzen, die ihre Entscheidungsfindung beeinflussen könnten.

Nach geltendem Kirchenrecht versammeln sich die Kardinäle aus aller Welt nach dem Tod oder Rücktritt eines Papstes zu den sogenannten Generalkongregationen – besser bekannt als Konklave – um einen Nachfolger zu bestimmen. Dieser Wahlprozess muss frühestens 15 und spätestens 20 Tage nach der Vakanz des Heiligen Stuhls (Zeitraum ohne amtierenden Papst) beginnen.

Besondere Herausforderungen der Neuzeit

Der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2013 stellte das Konklave-System vor eine historische Besonderheit: Erstmals seit Jahrhunderten wurde das Wahlsystem nicht nach dem Tod, sondern nach dem freiwilligen Amtsverzicht eines Papstes angewendet. Das vatikanische Protokoll musste hierfür spezielle Anpassungen vornehmen, insbesondere hinsichtlich der Vorbereitung der „Sedisvakanz“ (leerer Stuhl Petri) und der protokollarischen Rolle des zurückgetretenen Papstes.

Die COVID-19-Pandemie brachte weitere, bisher ungekannte Herausforderungen für das Konklave-System mit sich. Die Teilnahme ausländischer Kardinäle hätte im Falle einer Papstwahl durch internationale Reisebeschränkungen und Quarantäneregeln stark erschwert werden können. Der Vatikan erarbeitete daher gesundheitliche Sicherheitsmaßnahmen und neue Hygieneprotokolle für künftige Konklaven. Eine digitale oder virtuelle Übertragung der Konklave wurde aus Gründen der strikten Geheimhaltungstradition jedoch ausdrücklich ausgeschlossen.

Was genau geschieht, vom Moment der Einschließung bis zum weißen Rauch und dem feierlichen „Habemus Papam!“ (Wir haben einen Papst!), wird bei jedem Wechsel an der Spitze der katholischen Kirche ausführlich dokumentiert und berichtet.

Die heutige Form der Papstwahl ist das Ergebnis jahrhundertelanger Entwicklung und wurde in ihrer aktuellen Gestalt erst im 20. Jahrhundert festgelegt – hauptsächlich, um die Wiederholung einiger unangenehmer Situationen aus der Vergangenheit zu vermeiden.

⇢ Papst Franziskus wurde in den Petersdom überführt