Die USA drohen mit dem Ende ihrer Vermittlerrolle im Ukraine-Konflikt. Präsident Trump und Außenminister Rubio haben unmissverständlich signalisiert, dass Washington die Friedensbemühungen zwischen Moskau und Kiew einstellen könnte.
„Wenn eine der beiden Seiten das unmöglich macht, sagen wir einfach: Ihr seid Narren – und wir steigen aus“, erklärte Trump im Weißen Haus. Rubio setzte in Paris ein klares Zeitlimit: „Wir reden nicht von Wochen oder Monaten – wir reden von Tagen.“ Die amerikanische Geduld scheint erschöpft.
Interne Quellen bestätigen laut Reuters, dass Trump bereits grundsätzlich an den Erfolgsaussichten der Vermittlungsbemühungen zweifelt. Besonders die ukrainische Seite hat das Missfallen Washingtons erregt. Präsident Selenskyj provozierte mit dem Vorwurf, Trumps Sondergesandter Witkoff verbreite „russische Narrative“ – eine Äußerung, die das Weiße Haus als kontraproduktiv bewertete.
Der jüngste Teil-Waffenstillstand, der in Saudi-Arabien ausgehandelt wurde, hat keine nachhaltige Wirkung gezeigt. Russland beharrt auf weitreichenden Forderungen: Kiew soll auf NATO-Ambitionen verzichten, vier Regionen abtreten und seine Streitkräfte reduzieren. Für Selenskyj sind diese Bedingungen „inakzeptabel“. Unterdessen geht das Blutvergießen weiter – bei einem russischen Raketenangriff auf Sumy kamen kürzlich 35 Menschen ums Leben.
Weitreichende Konsequenzen
Die Konsequenzen eines amerikanischen Rückzugs wären weitreichend. Kein anderer internationaler Akteur verfügt über vergleichbaren Einfluss in beiden Hauptstädten. Ohne US-Vermittlung wären substantielle Friedensverhandlungen kaum denkbar.
Als Kompromisslösung könnte Trump die Sanktionen gegen Russland beibehalten, aber die Finanzhilfen für die Ukraine einstellen – ein Szenario, das die europäische Position im Konflikt fundamental verändern würde. Laut Bloomberg-Informationen erwägt Washington sogar, Russlands Kontrolle über die 2014 annektierte Krim als Teil eines Friedensabkommens anzuerkennen. Rubio betonte bereits, Europa müsse künftig mehr Verantwortung übernehmen.
In Brüssel laufen bereits Vorbereitungen, um auf einen möglichen US-Rückzug zu reagieren. Die EU plant, zusätzliche Mittel im Haushalt für die Ukraine bereitzustellen und bestehende Waffenlieferprogramme weiterzuführen. Besonders Deutschland und Frankreich drängen auf eine stärkere europäische Führungsrolle in dem Konflikt und diskutieren den Aufbau eigenständiger europäischer Verhandlungsformate, etwa im Rahmen einer möglichen „Kopenhagener Kontaktgruppe“.
Phillips O’Brien, Professor für strategische Studien an der University of St Andrews, sieht in der aktuellen Entwicklung einen möglichen Wendepunkt. Nach seiner Einschätzung war es nie Trumps Absicht, die Ukraine dauerhaft zu unterstützen. Vielmehr strebe der US-Präsident eine Distanzierung von Kiew und eine Annäherung an Moskau an.
Strategische Neuausrichtung
Ein solcher Kurswechsel könnte eine völlig neue Kriegsphase mit unkalkulierbaren Folgen für Europa einleiten. O’Brien zufolge würde ein US-Rückzug nicht Neutralität bedeuten, sondern wahrscheinlich die Wiederaufnahme wirtschaftlicher Beziehungen mit Russland, ein Ende der Sanktionen und den Stopp militärischer und finanzieller Hilfen für die Ukraine. Bereits jetzt habe die US-Regierung Waffenlieferungen weitgehend eingestellt.
Berichten zufolge könnte die Aufhebung der Russland-Sanktionen Teil des von den USA angestrebten Friedenspakets sein. O’Brien verweist in seinem Substack-Blog darauf, dass Trump schon im Wahlkampf erklärt hatte, Sanktionen „so wenig wie möglich“ einsetzen zu wollen, da sie langfristig die Rolle des Dollars gefährden könnten.
Stattdessen betonte der Präsident mehrfach seine Absicht, die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland zu normalisieren. Sondergesandter Witkoff führt dazu bereits intensive Gespräche mit Moskau. Ein weiteres Indiz für die strategische Neuausrichtung: Bei Trumps neuer Zollpolitik wurde Russland explizit ausgenommen.
Ein Ende der Sanktionen könnte nach O’Briens Analyse eine historisch beispiellose Konstellation schaffen: Russland würde gleichzeitig Unterstützung von beiden gegenwärtigen Supermächten – China und den USA – erhalten. Dieses Szenario könnte erklären, warum Moskau trotz erheblicher Verluste unbeirrt weiterkämpft. Die Frage, wie weit diese Unterstützung gehen könnte, bleibt offen.
Sollte China erkennen, dass es Russland ohne westliche Konsequenzen massiv militärisch unterstützen kann, könnte dies den Kriegsverlauf dramatisch verändern. Europa entwickelt daher zunehmend eigene Strategien, um eine mögliche Isolation der Ukraine zu verhindern und die Verhandlungsposition gegenüber Moskau zu stärken.
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