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Zweite Demonstration in Belgrad: Kirche gegen EuroPride

EPA-EFE/ANDREJ CUKIC
EPA-EFE/ANDREJ CUKIC

KOMMENTAR

Die EuroPride Woche hat eigentlich schon begonnen. Ursprünglich sollte sie von heute, 12. September bis Sonntag, 18. September in Belgrad laufen. Die Pride Parade ist (noch immer) für Samstag geplant. Doch erneut gingen tausende Menschen auf die Straße um der orthodoxen Kirchen den Rücken zu stärken und gegen die LGBTQ Community zu protestieren.

Die Vienna Pride Wochen fanden heuer vom 1. bis zum 12. Juli statt. Die Regenbogenparade bildete das Highlight am 11. Juli. Ohne große Zwischenfälle und ohne Tumulte von Anti-Gruppen nahm das Event seinen Lauf. So ähnlich sollte es sich auch in Serbien abspielen. Nachdem das Event 2009, 2011, 2012 und 2013 verfassungswidrig abgesagt wurde, sollte es heuer nur noch größer und prächtiger werden. Die Veranstalter, allem voran, Initiator Marko Mihajlovic, hätte sich bestimmt nicht gedacht, dass die religiösen Gruppierungen in Belgrad so ein großes Arsenal auffahren, um einen Spaziergang zu unterbinden.

Der Krux mit der Kirche

Allem voran sei gesagt: die Kirche – besonders die orthodoxe – hat einen besonderen Stellenwert in Serbien, beziehungsweise am ganzen Balkan. Ganz anders als in Österreich. Hier sind Rechtsstaatlichkeit und Kirche strikt getrennt. Keinem Geistlichen würde in den Sinn kommen, eine Partei wissentlich und lautstark zu unterstützen. Und keinem Politiker würde es in den Sinn kommen, eine bestimmte Religion in den Himmel hoch zu loben – eigentlich logisch. Man will ja keine Wähler vergraulen.

Heißt aber nicht, dass das auf der ganzen Welt so ist. Die Form der Verbindung zwischen Kirche und Politik wird am Balkan besonders stark hervorgehoben. So sieht sich die Orthodoxe Kirche in Serbien (sowie Rumänien und Griechenland) als Nationalkirche. Da die Bevölkerung und allem voran die Politik dem nicht widerspricht, kann die Kirche ganz in ihrer Rolle als Moralapostel aufgehen. Ein politischer Faktor, der am Balkan nicht mehr wegzudenken ist.

Fest steht, dass die Kirche ein wesentlicher Bestandteil der politischen Funktionen am Balkan beeinflusst. Und das mit Zustimmung der Bevölkerung, zumindest einem großen Teil davon.

Vucic gegen EuroPride

Nichts desto trotz kann man behaupten, dass die Kirche sogar mehr Einfluss auf die Menschen in Serbien hat, als die Politik. Wie soll man es sich sonst erklären, dass Präsident Vucic die EuroPride absagt, obwohl ihn nebenan seine offenkundig lesbische (und durchaus fähige) Ministerpräsidentin (Brnabić) beäugt.

So erteilte Vucic – froh darüber – der Pride einfach eine Absage: „Das sage ich nicht nur weil ich darüber glücklich bin, sondern wir können in diesem Moment nicht.“ Gemeint ist, dass es viele andere politische Anliegen gibt, die ihm momentan wichtiger erscheinen. Ob die Aussage als Grund oder Ausrede dient, sei dahingestellt. Fraglich ist nur, was am 17. September passiert. Denn Mihajlovic hat nicht vor den Marsch der LGBTQ-Community zu verschieben oder abzusagen. Nein. Stattdessen wird der Walk einfach vor das Regierungsgebäude verlegt. Die Politik hingegen ist sich ganz sicher: am Samstag findet nichts statt.

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Anmerkung der Redaktion:
Dieser Beitrag spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider.
Nicht die Meinung der KOSMO Redaktion.
Sandra Plesser
Als zweites Kind jugoslawischer Gastarbeiter wurde Sandra in Wien geboren und studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Während ihrer Tätigkeit als Redakteurin bei Advanced Photoshop, mokant und Der Standard baute sie mittels Weiterbildungen ihr Wissen im Bereich Social Media-, Content- und Veranstaltungsmanagement aus. Nach drei Jahren in der Eventorganisation widmet sie sich bei KOSMO wieder ihrer Passion: dem Journalismus.