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KOMMUNALWAHLEN

Machtwechsel in Bosnien: Dodik verliert Banja Luka und Izetbegović Sarajevo

(FOTOS: Screenshots)

Die Kommunalwahlen in Bosnien-Herzegowina überraschten mit einer Trendwende in einigen Teilen des Landes, wo bisher dominierende ethno-nationalistische Parteien stark abgestraft wurden.

Die Partei der Demokratischen Aktion (Stranka demokratske akcije – SDA), der Bakir Izetbegović vorsitzt und die Allianz der Unabhängigen Sozialdemokraten (Savez nezavisnih socijaldemokrata – SNSD) unter Milorad Dodik haben die beiden größten Städte Bosnien-Herzegowinas – Sarajevo und Banja Luka – verloren.  

Ethnischer Serbische gewinnt in Sarajevo
„Die SDA hat drei wichtige Gemeinden im Kanton Sarajevo verloren. Es war schwer, diese zu halten, da sich alle gegen uns vereint haben“, kommentierte Bakir Izetbegović am Abend nach der Wahl. Der SDA-Parteivorsitzende kündigte eine detaillierte Analyse an, um die „Affären, die in letzten Monaten die bosnisch-herzegowinische Öffentlichkeit erschütterten und in welcher die Hauptakteure SDA-Mitglieder waren“, aufzudecken. „Diese Affären müssten nicht nur uns bzw. drei Gemeinden in Sarajevo, sondern ganz Bosnien-Herzegowina erschüttern“, so Izetbegović weiter.

Der Spitzenkandidat des Wahlbündnisses Naše stranka, Narod i Pravda, Socijaldemokratska partija BiH und Nezavisna bosanskohercegovačka lista, Srđan Mandić gewann in der Gemeinde Sarajevo-Zentrum. „Jetzt bin ich der Vorsitzender aller Bürger und vor allem all jener, die nicht für mich gestimmt haben. Ich bin ein Kind dieser Stadt und werde alle vertreten, die hier leben. Es ist der Beginn eines neuen Bosnien-Herzegowinas“, mit diesen Worten verkündete Mandić seinen Wahlsieg.

Youngster stößt Dodik-Partei vom Thron
In der von Dodiks Partei dominierten größten Stadt der Republika Srpska, Banja Luka, setzte sich der 27-Jährige Spitzenkandidat der Parteien Partije demokratskog progresa (PDP) und Srpske demokratske partije (SDS), Draško Stanivuković durch. „Ich kann sagen, dass nach 22 Jahren endlich ein Mensch gewonnen hat“, kommentierte der Wahlsieger und fügte hinzu, dass es der „glücklichste Tag in der modernen Geschichte der Stadt sei“.

Auch der SNSD-Chef, Milorad Dodik, gestand öffentlich den großen Wahlverlust seiner Partei in Banja Luka ein. „Ich bin überhaupt nicht glücklich und sehr traurig darüber, dass wir Banja Luka verloren haben. Igor Radojičić [der SNSD-Spitzenkandidat – Anm.d.Red.] hat seinen Job sehr gewissenhaft gemacht. Gleichzeitig sind wir der Meinung, dass die Wahl ein großer Fehler der Stadt war. Die Bürger haben entschieden. Es ist eine unangenehme Tatsache, dass wir Banja Luka verlieren“, betonte Dodik nach der Wahl.

Nationalparteien trotzdem voran
Laut der neuesten Auszählung (54 Prozent) hat sich die SNSD bisher 23 Bürgermeister- bzw. Gemeindevorsitzposten gesichert. In 18 Gemeinden gewann die SDA, die HDZ BiH erreichte 15 dieser Posten. Trotz der Niederlagen der ethno-nationalen Parteien in Banja Luka und Sarajevo sind weiterhin die drei Parteien der drei konstitutiven Völker (Bosniaken, Kroaten und Serben) die stärksten Parteien im Land. Die aktuellen Wahlergebnisse findet ihr auf der Website der bosnisch-herzegowinischen Wahlbehörde.

Politische Kehrtwende am Balkan?
Bosnien-Herzegowina ist in den vergangenen Jahren nicht das einzige Land, in welchem sich politische Machtwechsel ereigneten. Im Oktober 2019 wurden am Kosovo die bis dahin regierenden Parteien abgestraft. Die Wahl gewannen die beiden Oppositionsparteien Vetevendosje (zu Deutsch: Selbstbestimmung) und die Demokratische Liga (LDK).

Der nächste Umbruch ereignete sich im August 2020, als der montenegrinische Langzeitpräsident, Milo Đukanović, nach drei Jahrzehnten von den Wählern abgestraft wurde. Seine Partei DPS verlor die Regierungsmehrheit. Das Zünglein an der Waage wurde der albanisch-montenegrische Politiker Dritan Abazović, der mit den vier erreichten Mandaten seiner Bürgerbewegung URA (Ujedinjena reformska akcija – Vereinte Reformaktion) maßgeblich bei der Regierungsbildung durch die bisherige Opposition ist.

Ebenfalls im Sommer dieses Jahres wurde die ersten Wahlen in Nordmazedonien seit der Namensänderung abgehalten. Die Sozialdemokraten von Premier Zoran Zaevs einen hauchdünnen Sieg über das Lager der Nationalisten (VMRO-DPMNE) rund um Nikola Gruevski errungen. Eineinhalb Monate nach der Wahl ließ das Parlament in Skopje das neue Regierungsbündnis zwischen den Sozialdemokraten und der größten Partei der albanischen Minderheit, der Demokratischen Union für Integration (DUI), zu.

„Die Region verdient mehr“
Abazović kommentierte die Wahlen in Bosnien-Herzegowina auf Twitter und meint, dass die „Welle aus Montenegro auf Bosnien-Herzegowina“ übergeschwappt sei. „Die Region verdient mehr. Wir wollen neue Werte, neue Menschen und eine neue Regierung. Ich gratuliere“, schrieb er weiter.