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Balkan Stories: Paradoxe Intervention

(FOTO: Fedja Kiselicki, Christoph Baumgarten)

Beograds Bürgermeister Aleksandar Šapić will Titos Leichnam vom Muzej Jugoslavije nach Kumrovec in Kroatien umbetten lassen – und das Muzej Jugoslavije in Serbiens Hauptstadt schließen. Das beschert dem Museum und Titos Grabmal einen Besucherstrom. Teil 2 einer Reportagereihe.

Jasna beugt sich zu einer der Rosen im Park der Kuća cveća und riecht intensiv an der Blume.

„Schau mal, wie herrlich das durftet! Riech doch mal“, sagt sie zu mir.

Sie hat mich instinktiv auf Deutsch angesprochen, mit distinkt bundesdeutschem Akzent.

Davor hat sie mich vielleicht eine Sekunde lang gesehen.

Was soll ich auch sonst für eine Muttersprache haben? Einem Einheimischen reicht da ein kurzer Blick.

Jasna ist ein Gastarbeiterkind. Geboren in Sindelfingen in Deutschland, aufgewachsen in Derventa in Bosnien, zurück nach Deutschland mit 16.

Gemeinsam mit ihrem Bruder besucht sie die Eltern in Derventa und macht an diesem Sonntag im Mai einen Ausflug ins Muzej Jugoslavije und die Kuća cveća mit Titos Grabmal.

(FOTO: Fedja Kiselicki, Christoph Baumgarten)

„Ich hab gehört, sie wollen das Grab von Tito hier auflösen und ihn nach Kumrovec umbetten“, sagt Jasna. „Wir sind heute da, um Titos Grab noch ein letztes
Mal zu sehen“.

Jasna, ihr Bruder und die Eltern sind nicht die Einzigen, die es heute hierherzieht.

(FOTO: Fedja Kiselicki, Christoph Baumgarten)

So voll wie an diesem Sonntag hab ich das Muzej Jugoslavije noch nie gesehen.

Heute steht man für einen Kaffee in der kleinen Cafeteria Schlange. „Seit ungefähr zehn Jahren geht es steil aufwärts“, erzählt mir eine Angestellte des Museums, die Souvenirs verkauft. „So viele wie heuer waren es aber noch nie“.

Das liegt sicher auch daran, dass Umbau des Hauptmuseums nach mehreren Jahren abgeschlossen ist und das Museum wieder seine spannenden Dauerausstellungen präsentieren kann.

(FOTO: Fedja Kiselicki, Christoph Baumgarten)

Im Haus des Igels

Aktuell ist das etwa die Ausstellung Ježeva kućica – Izmišljanje boljeg sveta. Das Haus des Igels – die Erfindung einer besseren Welt.

Sie hat das bekannteste Gedicht von Branko Ćopić zum Thema. In Jugoslawien war es eines der meistgelesenen Kinderbücher und ist bis heute populär.

Gemeinsam mit den Schwestermuseen in Zagreb und in Sarajevo wie etwa dem Historischen Museum Bosniens und der Hercegovina hat das Team des Muzej Jugoslavije Kinder aus Serbien, Kroatien und Bosnien animiert, sich mit Ćopićs Buch auseinanderzusetzen, und damit, wie sich seine Botschaft ins Heute übertragen lässt.

Die künstlerischen Entwürfe der Kinder hat man im ersten Stock des Hauptmuseums umgesetzt. Die Schau zeigt, wie sehr der jugoslawische Klassiker Ježeva kućica bis heute Kinder anspricht und in ihnen Gefühle wie Solidarität erweckt.

Ein kluges Konzept, das aus dem Erbe Jugoslawiens neue Hoffnung schöpfen lässt. Vorwärtsgerichtete Jugonostalgie, sozusagen.

Die Ausstellung ist gut besucht.

Dass so viele Menschen heute hier sind, hat freilich weitgehend andere Gründe. Zum einen gibt es einen langsamen und stetigen Aufwärtstrend beim positiven Bezug auf das untergegangene Jugoslawien.

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