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EXPERTENMEINUNG

Bleiburg: Vom Gedenkort zur Pilgerstätte von Faschisten

Bilder von den faschistischen Teilnehmern an der Bleiburger Gedenkfeier. (FOTOS: zVg.)

NDH-Šahovnica – „Za dom! Spremni!“ – Crna legija
In Bleiburg können die NDH- und Ustascha-Symbole öffentlich zur Schau getragen werden und dies passiert jedes Jahr bei den Gedenkfeiern am Loibacher Feld. Diese Tatsache ist auch Grund für die heftige Kritik, nicht die Kommemoration per se.

„Es sind vor allem antiserbische Ressentiments und die neuerliche Radikalisierung des kroatischen Nationalismus, die eine realitätsgerechte Wahrnehmung der Ustascha verhindert. Auch in Österreich weigerten sich Politik und Gesellschaft über Jahrzehnte, sich der Nazi-Vergangenheit und der Täterschaft von Österreichern zu stellen“, erklärte Peham vom DÖW.

LESEN SIE AUCH: Online-Petition gegen Duden-Eintrag über Ustascha

Die Definition des Begriffs “Ustascha” im wohl größten und am weitesten verbreiteten Wörterbuch der deutschen Sprache sorgt nun für große Furore. Eine Online-Petition bezeichnet diesen als Verleumdung von faschistischen Verbrechen an Serben, Roma und Juden und verlangt eine Richtigstellung.

 

Auch die Bekleidung der Gedenkfeierteilnehmer ist bedenklich. Einige von ihnen tragen Leibchen mit faschistischen Symbolen, haben eindeutige Tätowierungen und schwenken NDH- bzw. „Crna Legija“-Flaggen. Hierbei handle es sich nicht um Einzelfälle, sondern unübersehbare Gruppen.

„Man spricht von unschuldigen Opfern, auch wenn wir wissen, dass viele von ihnen gar nicht unschuldig waren.“ – Tvrtko Jakovina

Auch wenn in Österreich ein Verbots- bzw. Abzeichengesetz bestehe, so scheint es, dass diese für die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt nur für die NSDAP gelten würden. „Ja, aber dies ist nur die Ansicht der zuständigen Behörde! Für das DÖW gelten sowohl das Verbots- als auch das Abzeichengesetz auch für jene Faschismen, die mit dem Nazismus kollaborierten“, entgegnete der Mitarbeiter des DÖW Andreas Peham.

Lokales, rechtliches Versagen in Bleiburg?
Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) stellte vergangenes Jahr einen Antrag (KOSMO hat berichtet), der sich auf ein Denkmal in Bleiburg bezieht, auf welchem ein Symbol einer SS-Einheit abgebildet sei.

Streitobjekt ist hierbei das Schachbrett auf dem Gedenkstein (kroat.: šahovnica), welches jenes des faschistischen NDH-Staates und nicht des heutigen Kroatiens sei. Unterscheiden kann man die beiden daran, dass jenes auf der heutigen kroatischen Flagge mit einem roten Quadrat und nicht einem mit weißen beginnt.

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Die kroatische Gedenkstätte auf dem Loibacher Feld mit dem umstrittenen Schachbrett-Wappen. (FOTO: kleinedenkmaeler.at)

Die Initiative des DÖW trug keine Früchte und wurde seitens der zuständigen Behörden abgeschmettert: „Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt begründete ihre Untätigkeit mit einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des örtlichen Verfassungsschutzes. Dessen verharmlosende Beurteilung faschistischer Symbolik steht in der unseligen Tradition des Behördenversagens, insbesondere in Kärnten, wo es bis heute starke deutschnationalistische (antislawische) Seilschaften in Politik und Ämtern gibt“, so Peham.

Auch heuer versucht eine neu ins Leben gerufene Initiative mit Namen „Stop Ustascha“ ein Verbot der Versammlung von Faschisten in Bleiburg zu bewirken.

Nicht aufgearbeitete Geschichte und Unwissen
Der Rechtsextremisums-Experte Peham vom DÖW kritisiert vor allem das fehlende Bewusstsein bzw. den Mangel an Informationen über die Geschehnisse in Bleiburg und die Gedenkfeier an sich. Insbesondere das zeitgeschichtliche Wissen vieler würde dramatische Lücken aufweisen.

Mit solch einem Verhalten würde man laut dem Historiker Jakovina eine unlösbare Situation schaffen, welche dem Umgang mit der Vergangenheit eines demokratischen Staates nicht entspreche. Es sei die ungesundeste Art und Weise der Geschichtsverarbeitung immer wieder „die dort“, „wir kenne sie nur zu gut“ zu sagen, oder Sachverhalten einfach stillschweigend hinzunehmen und nicht zu diskutieren.

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Auf die Frage, wie das Gedenken in Bleiburg gestaltet werden soll, um einen Missbrauch der Feierlichkeiten für neo-faschistische Zwecke unmöglich zu machen, antworte Peham:

„Wenn die Ereignisse jener Tage im Frühsommer 1945 kontextualisiert, sie also nicht von der Vorgeschichte der Nazi- und Ustascha-Verbrechen abgetrennt werden würden, fiele es Neofaschisten schwer, das Gedenken für ihre revisionistischen Zwecke und ihrer Verklärung kroatischen „Heldentums“ zu instrumentalisieren. Aber die vorherrschende Ustascha-Apologetik im Gedenken, welche keinen Platz ist für das Andenken an die Opfer des Faschismus lässt, zieht Neofaschisten geradezu an.“