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INTERVIEW

Diaspora-Business: Wienerin startet mit bosnischer Bio-Tee- und Gewürzmarke durch

Bio Bosnien
Ivana Stjepanović packt selbst mit an. (Foto: Facebook/Bosnia Grows Organic)

Ivana Stjepanović kündigte einen sicheren Job um ihr Ziel zu erreichen: ein Ökodorf, in dem Menschen wieder in Frieden leben. Ehemalige Äcker und Felder von geflüchteten Familien sollen gereinigt werden, um zertifizierte Bio-Kräuter für den weltweiten Export anzubauen. KOSMO hat bei der Projektgründerin nachgefragt, ob sie ihre Vision verwirklicht hat.

Vor zwei Jahren kündigte Ivana Stjepanović ihren sicheren Job und kehrte in ihre alte Heimat, Bosnien-Herzegowina, zurück (KOSMO hat berichtet). In Wien war sie im Marketingbereich bei Bio Austria beschäftigt, wo sie viel bewegen konnte. Doch die 36-Jährige wollte mehr. Seit zwei Jahren führt sie ihr eigenes Unternehmen, „Bosnia grows Organic“. Stjepanović ist in Derventa geboren, 1992 musste sie ihre Heimat verlassen. Ihre Familie flüchtete nach Österreich, doch den Bezug zu Bosnien-Herzegowina hat sie nie verloren.

23 Jahre nach dem Krieg liegt das Land nach wie vor brach. Die schlechte wirtschaftliche Lage zwingt viele Bosnien-Herzegowina zu verlassen. Doch Ivana Stjepanović schwimmt gegen den Strom. Mit ihrem Unternehmen will sie Arbeitsplätze schaffen und den Menschen Hoffnung auf eine besser Zukunft geben. KOSMO hat die Unternehmerin zum Gespräch getroffen, um heraus zu finden, was sich in den letzten zwei Jahren getan hat.

KOSMO: Wie läuft das Projekt Bosnia grows Organic?
Ivana Stjepanović: Das Projekt läuft nachfrageseitig hervorragend – die Nachfrage nach unseren Kräutern ist so hoch, dass wir Käufer on hold setzen mussten. Das bedeutet, dass wir die benötigten Kapazitäten noch nicht zur Gänze erfüllen können. Wir erweitern die Anbauflächen –  nach finanzieller Möglichkeit – Schritt für Schritt. Inzwischen sind bereits zehn Hektar angepflanzt und für nächstes Jahr planen wir weitere fünf zu pflanzen.  Aktuell verhandeln wir auch mit potentiellen Kunden aus den USA. Es hat sich also über den Atlantik herum gesprochen, was wir in Bosnien-Herzegowina so tun: Und was wir tun ist Revitalisierung in jedem Sinne – von Land und Leuten.

„Bald sind wir auch Bio Suisse zertifiziert, die Bio Suisse Standards gehören zu den höchsten Bio-Standards in Europa“, Ivana Stjepanović

Unsere Bio-Heilkräuter sind dabei das beste Mittel für Heilung, zu der auch Heilung von noch vorhandenen Kriegswunden gehört. Angebotsseitig, d.h. auch intern sind wir noch am Lernen über beste Anbaumethoden und am Optimieren als auch Erweitern von Produktionskapazitäten inkl. unserer Verarbeitung. Wir sind stets dran, die Qualität unserer getrockneten Bio-Kräuter auch mit Erweiterung der Anbauflächen und somit höheren Produktionsmengen auf dem höchsten Standard zu halten. Deshalb haben wir heuer beispielsweise auch in neue Heizkanonen, Ventilatoren etc. investiert. Bald sind wir auch Bio Suisse zertifiziert, die Bio Suisse Standards gehören zu den höchsten Bio-Standards in Europa.

Arbeitsplätze Bosnien
Mit ihrem Projekt schafft Ivana Stjepanović neue Arbeitsplätze. (Foto: Bosnia grows Organic/Facebook)

„Mein Team macht mich sehr stolz. Wir haben sehr fähige, sehr vielfältige Mitarbeiter, die auch unterschiedliche ethnische Zugehörigkeiten tragen“, Ivana Stjepanović

Was habt ihr bisher erreicht?
22 Hektar von insgesamt knapp 40 Hektar gepachteter Flächen sind bereits im zweiten Jahr von Verwucherungen und tlw. auch Kriegsruinen „gereinigt“, 10 davon sind bepflanzt, weitere 12 bereit für den Anbau. Wir haben heuer neue Kunden dazu gewonnen, das Sortiment von zwei Kulturen auf vier erweitert. Unsere Trocknungskapazitäten sind erweitert, wir haben nun eine bessere Trocknungsausrüstung. Wir haben – gemeinsam mit der Gemeinde Derventa – den Weg zu ihren Häusern für unsere Pachtgeber saniert und somit auch den Zugang zu unseren Anbauflächen erleichtert. Wir haben nach 25 Jahren wieder Strom in diesem Ortsteil. Die gesamte Infrastruktur wurde im Krieg ja zerstört. Wir haben auch frühere Bäche und natürliche Quellen revitalisiert. Heuer hatten wir unseren ersten internationalen Trainee aus Frankreich, der zwei Monate mit uns auf unseren Äckern gearbeitet hat. Zwei weiteren Studenten aus Banja Luka haben wir Traineeplätze geboten und haben sie bei uns vor Ort weiter gebildet.

„Papiere, Papiere, Papiere zu füllen! Mit so wenig organisierten und ineffizient als auch ineffektiv arbeitenden staatlichen Institutionen wie in Bosnien-Herzegowina war ich bisher nicht konfrontiert“, Ivana Stjepanović

Worauf bist du besonders stolz?
Besonders stolz bin ich auf die Ergebnisse der qualitativen Analyse unserer Bio-Brennnessel durch unsere deutschen Partner. Ich darf zitieren: „Bitte mehr davon, super saubere und reine Ware – komplett frei von Pestiziden, Herbiziden und Beikräutern!“ Und mein Team – das macht mich beinahe tagtäglich sehr stolz. Wir haben sehr fähige, sehr vielfältige Mitarbeiter, die auch unterschiedliche ethnische Zugehörigkeiten tragen. Die Verschiedenheit wird bei uns offen diskutiert und sehr geschätzt. Unser Projekt ist vielfältig und wirkt verbindend.

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