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Leitzinsen

Die Europäische Zentralbank im Inflations-Dilemma: Steht nächste Zinserhöhung bevor?

EZB
(Foto: iStockphoto)

Die Europäische Zentralbank (EZB) steht vor einer geldpolitischen Gratwanderung. Nach zehn aufeinanderfolgenden Erhöhungen wird die EZB voraussichtlich am Donnerstag, den 26. Oktober, die Leitzinsen bestätigen. Obwohl EZB-Präsidentin Christine Lagarde weitere Anhebungen nicht ausschließen dürfte, signalisieren die ökonomischen Zeichen eine längere Phase der Stabilität.

„Die EZB dürfte auf der Sitzung ihre Leitzinsen nicht weiter anheben,“ analysiert Marco Wagner, Volkswirt bei der Commerzbank. Der Grund: eine deutlich gesunkene Inflationsrate, die sich im Einklang mit den Erwartungen der Notenbank befindet. Im September fiel die Inflationsrate im Euroraum auf 4,3 Prozent – die niedrigste Rate seit Oktober 2021. Nur ein Jahr zuvor war sie noch auf 10,6 Prozent gestiegen.

Die Wirtschaftsprognosen deuten auf eine Fortsetzung des Abwärtstrends bei der Inflation hin. Ziel ist eine Annäherung an den Idealwert von zwei Prozent. „Dennoch bleiben Inflationsgefahren bestehen,“ warnt Ulrike Karstens, Volkswirtin bei der Fondsgesellschaft DWS. Als Gründe nennt sie den jüngsten Anstieg der Energiepreise, die Lohnentwicklung und deren Auswirkungen auf die Dienstleistungspreise.

Die Konjunktur in der Eurozone zeigt Schwächen, besonders in der Bauwirtschaft und der Industrie. Diese Entwicklungen, zusammen mit der gesunkenen Inflationsrate, sprechen gegen eine weitere Zinserhöhung. Ein weiteres Indiz dafür ist die Entwicklung der Geldmenge. Die breit gefasste Geldmenge M3 ist in den Monaten Juli und August sogar geschrumpft. „Selbst in der großen Rezession 2008/2009 stagnierte die Geldmenge M3 nur,“ erläutern die Volkswirte vom Bankhaus Metzler. Sie sehen darin ein „starkes Signal für eine deutlich fallende Inflation.“

Trotz der Unwägbarkeiten scheint die EZB vorerst an ihrem Kurs festzuhalten. Beim Thema Bilanzabbau erwartet die Finanzwelt keine Überraschungen. „Bisher scheint dies aber unter den Notenbankern keine Mehrheit zu finden, sodass die EZB an dem bisherigen Beschluss festhalten dürfte, die auslaufenden Pepp-Anleihen mindestens bis Ende 2024 zu reinvestieren,“ resümiert Commerzbank-Ökonom Wagner. Trotz der stabilen Leitzinsen bleibt die Geldpolitik der EZB also ein Balanceakt zwischen Inflationsbekämpfung und Wirtschaftsförderung.