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GESUNDHEIT

Doktor Google, alles tut mir weh!

Doktor Google, alles tut mir weh! (FOTO: iStock)

Vor dem Besuch einer Arztpraxis wenden sich viele Menschen, die an sich Krankheitssymptome festellen, an Dr. Google. Da fast alle einen Internetzugang haben, ist das sehr leicht, kann aber auch sehr gefährlich sein.

Wenn im Fernsehen irgendein medizinisches Präparat beworben wird, wird am Ende immer gewarnt: „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“. Niemand empfiehlt in diesem Zusammenhang, sich in der Google-Ordination zu informieren! Der Grund dafür ist, dass man weiß, dass im Internet zahlreiche Fehlinformationen umgehen und auf den Seiten, die sich medizinisch geben, oft Ratschläge inkompetenter Personen zu lesen sind. Aber Dr. Google arbeitet 24 Stunden täglich und die Fülle unterschiedlichster Informationen weckt den Eindruck unendlichen Wissens. Darüber hat KOSMO mit Dr. Vesna Budić Spasić, Ärztin in Wien, gesprochen.

KOSMO: Ist Google wirklich so schlau?
Dr. Vesna Budić Spasić: Google, der moderne Lehrer, der alles weiß, ist für fast jeden Menschen erreichbar und gibt Antworten auf jede Frage, die einem einfallen kann. Die Informationen, über die die digitale Welt verfügt, sind überwiegend richtig und nützlich. Eine besondere Interpretation dieser Daten ist nicht notwendig. Wenn wir eine Suchmaschine fragen, wann die olympische Flamme in Sarajevo brannte, bekommen wir die richtige Antwort; da gibt es keine Probleme. Aber wenn wir fragen, wie man Schuppenflechte oder Diabetes behandelt, werden wir weniger Glück haben und unser Problem kaum lösen können.

Warum darf man den Diagnosen von Dr. Google nicht trauen?
Dr. Google unterscheidet sich von seinen „Kollegen”, den Ärzten, in zwei Dingen: Erstens hat er keine Universität abgeschlossen und zweitens hat er keinen einzigen Tag Berufserfahrung. Seine Arbeit wird auch dadurch erschwert, dass er den Patienten nicht sieht und ihn nicht untersuchen kann. Dennoch hat er einen enormen Patientenstamm, denn man findet ihn immer am gleichen Ort, er ist immer und überall erreichbar, ist sehr tolerant und teilt seine Informationen gerne. Ein Problem bereitet ihm die Vielzahl an Informationen, die er besitzt, denn er kann sich nicht auf die beschränken, die im Einzelfall zutreffend und nützlich sind. Alles, was er zu bieten hat, gilt für alle, d.h. für ihn sind alle Patienten gleich und er bietet jedem dieselbe Lösung.

Manche Menschen überprüfen die Meinung ihrer Ärzte im Google.

Warum glauben ihm dann einige Menschen bedingungslos?
Wir können uns fragen: Warum überprüfen manche Menschen bei ihm ihre Ärzte, die ihnen bereits aufgrund verschiedener Untersuchungen ihre Meinung gesagt haben? Der liebe Herr Google ist immer da, so wie der liebe Nachbar, dem man auch grenzenlos vertraut, wenn er einem seine erprobten und wirksamen Mittel anbietet mit den Worten: „Nimm das, mir hat das super geholfen!“. Es ist vorgekommen, dass ein Placebo aus einem Antibiotikum das beste Kopfschmerzmittel gemacht hat. Man muss nur daran glauben!

Kann Dr. Google auch schädlich sein?
So nützlich Google in anderen Bereichen sein kann, in der Medizin kann er wirklich Verwirrung auslösen und Patienten verunsichern. Der Informationsfluss von Google zum Patienten ist tatsächlich wie das Fischen im Trüben. Weder sind die Informationen richtig und ausreichend, noch kann die Person, die sie bekommt, sie verstehen und richtig anwenden. In vielen Fällen ist schon die Diagnose falsch und klingt meistens viel zu gefährlich, sodass der verängstigte Patient versucht, ein rettendes Medikament zu finden, obwohl er in Wirklichkeit gar keines braucht.

Dr. Google macht auch dort Probleme, wo es keine gibt, steckt seine Nase in Dinge, die ihn nichts angehen.

Was sagen Ihre Patienten, nachdem sie Dr. Google konsultiert haben?
Es gibt viele verschiedene Reaktionen wie: „Frau Doktor, ich habe gelesen, dass diese schreckliche Krankheit die und die Symptome hat und ich habe sie alle. Ich bin totkrank! Haben Sie gehört, dass dieses Medikament meine Krankheit heilen kann? Ich habe gelesen und weiß, dass nur das mir helfen kann. Frau Doktor, ich möchte zu dieser Röntgenuntersuchung überwiesen werden, denn nur so kann man sehen, was mir fehlt! Ich werde all ihre Medikamente auf Google überprüfen!” D.h. Dr. Google macht auch dort Probleme, wo es keine gibt, steckt seine Nase in Dinge, die ihn nichts angehen, macht seine Arbeit ohne Diplom und Erfahrung und schädigt die Leute mit seinen Bemühungen.

Haben Sie eine Botschaft für Dr. Google?
Mit allem Respekt vor seinem Ansehen und seinem Wissen bitte ich Dr. Google, bloß kein Skalpell in die Hand zu nehmen und anzufangen, Patienten zu operieren, die sich selbst eine Diagnose gestellt haben. Darum, Dr. Google, bleiben Sie im Rahmen der überprüften Kenntnisse. Und Sie, liebe Patienten, gehen Sie zum Arzt, wenn Ihnen etwas wehtut!

TIPPS:
– Um nicht in der Fülle der Informationen unterzugehen, sollte eine Suchanfrage bei Google möglichst präzise sein. Das engt die Online-Suche ein, aber die besten Informationen kommen nicht immer zuerst.
– Bevor Sie eine Information glauben, prüfen Sie, wer hinter der Internetseite steht, bzw. ob diejenigen, die ihre Meinung abgeben, wirklich qualifiziert und kompetent sind.
– Überprüfen Sie sorgfältig, worauf Informationen basieren und welche Beweise es für eine Behauptung gibt. Am besten ist es, wenn Ärzte oder medizinische Institutionen ihr Wissen teilen, und es ist ein gutes Zeichen, wenn sich eine Webseite auf Fachliteratur bezieht.
– Überprüfen Sie, wann Informationen veröffentlicht wurden, denn sie könnten veraltet sein, d.h. es ist möglich, dass es bereits neuere Studien gibt.
– Glauben Sie keinen Formulierungen wie „Medikamente für alles“ oder „hundertprozentige Wirksamkeitsgarantie“.
– Glauben Sie Informationen aus Internetforen nicht, denn sie sind meistens subjektiv und nicht überprüft. Sprechen Sie stattdessen mit ihrem Arzt!

Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.