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Vertuschung?

Dunkle Schatten über Leo XIV.: Drei Frauen erheben schwere Vorwürfe

Leo XIV
FOTO: EPA/RICCARDO ANTIMIANI

Der erste US-amerikanische Papst Leo XIV. sieht sich mit dunklen Schatten aus seiner Vergangenheit konfrontiert. Drei Frauen erheben schwere Vorwürfe gegen den früheren Bischof.

Kaum war der Applaus auf dem Petersplatz verstummt, da sah sich der frisch gewählte Papst Leo XIV. bereits mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Als erster US-Amerikaner auf dem Heiligen Stuhl steht Robert Francis Prevost, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, nun im Zentrum schwerwiegender Anschuldigungen aus seiner ehemaligen Diözese in Peru. Drei Frauen, die nach eigenen Angaben Opfer sexueller Übergriffe durch zwei Geistliche wurden, werfen ihm vor, nicht angemessen reagiert oder die Vorfälle bewusst ignoriert zu haben. Besonders brisant: Vor seiner Papstwahl leitete Prevost ausgerechnet das vatikanische Bischofsdikasterium – jene Behörde, die für Missbrauchsfälle und Disziplinarmaßnahmen gegen Bischöfe zuständig ist. Nun steht der Verdacht im Raum, er könnte einen Skandal eher verwaltet als aufgearbeitet haben.

Die peruanische Investigativsendung Cuarto Poder berichtet, dass Ana Maria Quispe und ihre jüngeren Schwestern Aura Teresa und Juana Mercedes im April 2022 an Prevost herantraten, der damals als Bischof von Chiclayo amtierte. Sie schilderten Übergriffe durch zwei Priester. Ana Maria beschrieb vor laufender Kamera, wie sie als Neunjährige in einem Pfarrhaus von einem Geistlichen geküsst wurde. Später, während einer Missionsreise, habe sie gezwungenermaßen das Bett mit einem der Männer teilen müssen. „Ich erstarrte. Ich tat so, als ob ich schlief, aber ich schlief überhaupt nicht“, erklärte sie laut dem Portal National Catholic Reporter (NCR). Am folgenden Tag habe sie sich übergeben und danach geschwiegen – bis zu jenem April.

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Widersprüchliche Darstellungen

Nach Darstellung der Kirche empfing Prevost die Frauen, initiierte eine Untersuchung und übermittelte die Ergebnisse nach Rom. Die Diözese gibt an, Vorsichtsmaßnahmen ergriffen zu haben: Die beschuldigten Priester seien aus der Pfarrei entfernt und vom Priesteramt suspendiert worden. Das römische Glaubensdikasterium (vatikanische Behörde für Glaubensfragen) habe den Fall jedoch aufgrund mangelnder Beweise nicht weiterverfolgt. Auch die peruanische Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen wegen Verjährung ein, wie NCR berichtet.

Die betroffenen Frauen stellen diese Version jedoch in Abrede. In einer von der investigativen Plattform The Pillar veröffentlichten Erklärung bestreiten sie, jemals eine kirchenrechtliche Anhörung erhalten zu haben. Sie verlangen Nachweise und offizielle Dokumente und betrachten die kirchliche Darstellung als Versuch, den Fall abzuwiegeln. Für zusätzliche Brisanz sorgt ein Bericht, wonach die Diözese den drei Frauen 150.000 US-Dollar gezahlt haben soll. Diese Summe, so die Andeutung, könnte geflossen sein, um öffentliche Kritik zu unterbinden. Eine offizielle Bestätigung oder ein Dementi dieser Zahlung steht bislang aus. Welche Vereinbarungen getroffen wurden und welche Rolle Prevost dabei spielte, bleibt unklar.

Neue Recherchen zeigen, dass die Missbrauchsopferorganisation SNAP (Survivors Network of those Abused by Priests) bereits im März 2025 öffentlich Vorwürfe gegen Robert Francis Prevost und fünf weitere prominente Kardinäle erhoben hatte. Die Organisation beschuldigte die Kirchenmänner, Missbrauchsfälle in ihren Diözesen nicht konsequent verfolgt zu haben. Im Fall der peruanischen Schwestern hat die Diözese Chiclayo in einer offiziellen Stellungnahme vom September 2024 erklärt, dass entgegen einiger Behauptungen kein Geständnis des beschuldigten Priesters Eleuterio Vásquez González vorliege und die kirchenrechtlichen Verfahrensschritte korrekt eingehalten wurden – darunter die sofortige Suspendierung der beschuldigten Priester vom öffentlichen Dienst.

Belastete Amtszeit

Nach Jahren der Missbrauchsskandale hat die katholische Kirche gelobt, weder Täter zu schützen noch Verantwortlichkeiten zu verschleiern. Papst Franziskus erklärte den Kampf gegen Vertuschung sogar zur Priorität. Nun sieht sich sein Nachfolger selbst mit dem Vorwurf konfrontiert, genau dies getan zu haben. Ob Prevost tatsächlich Fehlverhalten vorzuwerfen ist, lässt sich derzeit nicht eindeutig belegen. Doch ein Papst, der Aufklärung fordert, muss sich daran messen lassen, ob er diese auch dort praktiziert hat, wo er persönlich in der Verantwortung stand.

Wie geht es weiter? Die Diözese Chiclayo beruft sich auf kirchenrechtliche Verfahren, die Opfer auf ihre Erinnerungen. Der Vatikan hüllt sich in Schweigen.

Und Papst Leo XIV. steht unter moralischem, wenn auch nicht juristischem Druck.