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Präzedenzentscheidung

Illegale Pushbacks: EU-Gericht weist Klage gegen Frontex ab

(FOTO: EPA-EFE/GEORGI LICOVSKI)
(FOTO: EPA-EFE/GEORGI LICOVSKI)

In einer Präzedenzentscheidung hat das Europäische Gericht am Mittwoch die Klage einer syrischen Flüchtlingsfamilie gegen die EU-Grenzschutzagentur Frontex abgewiesen. Das Gericht stellte klar, dass Frontex nicht für Schäden bei illegalen Pushbacks haftet, was die Anwältin der Familie als „rechtsstaatliches Defizit in der EU“ bezeichnete.

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex hat laut Gericht lediglich den Auftrag, die EU-Staaten bei Rückkehraktionen technisch und operativ zu unterstützen. Die Verantwortung für die Prüfung von Rückkehrentscheidungen und Asylanträgen liegt demnach ausschließlich bei den Mitgliedsstaaten. „Dagegen sind die Mitgliedsstaaten ausschließlich zuständig, um die Begründetheit von Rückkehrentscheidungen zu würdigen und Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen“, so das Gericht.

Asylantrag zur Rückführung

Im Zentrum des Falles stand eine sechsköpfige Familie aus Syrien, die 2016 Griechenland erreichte und dort Asyl beantragen wollte. Stattdessen wurde sie in einer gemeinsamen Rückkehraktion von Griechenland und Frontex in die Türkei geflogen. Aktuell lebt die Familie im Irak. Die Anwältin der Familie, Lisa-Marie Komp, argumentierte, dass die Behandlung der Kinder gegen die Menschenrechte verstoßen habe. Sie forderte rund 136.000 Euro Schadenersatz, doch das Gericht wies die Forderung zurück.

Frontex: Unter nationaler Kontrolle

Frontex betonte, dass sie alle Berichte über mutmaßliche Grundrechtsverletzungen ernst nehme. Allerdings arbeite die Agentur immer unter dem Kommando der nationalen Behörden und habe keine Möglichkeit, gegen diese zu ermitteln. Das Gericht folgte dieser Ansicht und entschied, dass die EU-Agentur bei gemeinsamen Operationen keine Verantwortung für eventuelle Menschenrechtsverletzungen trage.

Weitreichende Folgen

Die Anwältin der Familie bezeichnete die Entscheidung als „sehr relevantes Urteil“. Sie kritisierte, dass durch das Urteil ein deutliches rechtsstaatliches Defizit in der EU sichtbar werde, „dass eine mächtige EU-Behörde wie Frontex nicht zur Verantwortung gerufen wird“. Dieses Urteil kann noch vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angefochten werden.

EU-Kommission will Grenzwache Frontex auf Balkan einsetzen

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex wurde in der Vergangenheit häufig mit Vorwürfen konfrontiert, die Rechte von Flüchtlingen nicht ausreichend zu schützen. Erst im vergangenen Jahr trat der damalige Frontex-Chef Fabrice Leggeri im Zuge von Ermittlungen zu illegalen Zurückweisungen Geflüchteter im Mittelmeer zurück. Zudem läuft seit Ende Juli eine Untersuchung der Flüchtlingskatastrophe vor Griechenland mit vermutlich Hunderten Toten. Der neue Frontex-Chef Hans Leijtens betonte jedoch, dass Frontex „Hilfe angeboten, aber es gab keine Antwort der griechischen Behörden“.

Sandra Plesser
Als zweites Kind jugoslawischer Gastarbeiter wurde Sandra in Wien geboren und studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Während ihrer Tätigkeit als Redakteurin bei Advanced Photoshop, mokant und Der Standard baute sie mittels Weiterbildungen ihr Wissen im Bereich Social Media-, Content- und Veranstaltungsmanagement aus. Nach drei Jahren in der Eventorganisation widmet sie sich bei KOSMO wieder ihrer Passion: dem Journalismus.