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INTERVIEW

„In ‚Die Migrantigen‘ darf man ohne schlechtes Gewissen über alles und jeden lachen“

STARBESETZUNG: Neben österreichischen Größen überzeugte die Migrantenkomödie auch die Balkanlegende Zijah Sokolović. (FOTO: Golden Girls Filmproduktion)

„Die Migrantigen“ spielt in der Hauptstadt, welche Drehorte haben es euch besonders angetan und weshalb habt ihr euch genau für diese entschieden?
Arman: Wir erzählen die Geschichte von jemandem, der aus einem Migrantengrätzel weggegangen ist und gleichzeitig aber auch die Community-Geschichte dieses Viertels, wo man sich untereinander kennt. Daher musste der Drehort etwas Kleines, Geschäfte, einen Gemeindebau und ähnliche visuelle Elemente haben und noch nicht ghettofiziert sein. Daher gab es für mich nur den Hannovermarkt als Hauptmotiv.
Aleksandar: Wir haben uns bewusst gegen Ottakring oder andere stereotypische Drehorte entschieden. Der Film spielt im fiktiven Rudolfsgrund, was uns auch ermöglichte, von den wahren Geschehnissen im Alltag abzuweichen, da uns niemand nachsagen kann, dass dieses oder jenes dort nie passieren könnte, wie es bei einem reellen Drehort der Fall gewesen wäre. Das gibt dem kompletten Setting auch die Möglichkeit überall zu sein, nicht nur in Österreich, sondern auch Deutschland oder sonst wo.

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DIE WELT DER SCHAUSPIELEREI. Neben vielen anderen Einsätzen hat ihn seine Rolle in der neuen Serie und im gleichnamigen Film „Vojna akademija“ sowie auch die Hauptrolle im Film „Biser Bojane“ in den Orbit der Megapopularität geschossen. KOSMO stellt Ihnen Slaven Došlo vor, ein neues Gesicht in der Balkan Schauspiel- und Filmszene..

 

Unser Redakteur durfte den Film vorab sehen und ist überzeugt, dass „Die Migrantigen“ ein riesen Hit wird. (FOTO: KOSMO/Diva Shookur)

Wenn man sich die Liste der Mitwirkenden ansieht, fallen einem sofort viele nicht österreichische Namen auf. War es für euch ein besonderes Anliegen migrantische Schauspieler zu engagieren und welche besondere Note verliehen sie dem Film?
Arman: Wenn man einen Film über Migranten schreibt, sollte man im besten Fall auch Migranten casten und im allerbesten Fall auch entsprechend ihrer Rollen und Figuren engagieren. Es ist zum Beispiel sinnlos einen Kroaten als Türken, oder umgekehrt, zu casten. Wenn es diese Leute nicht geben würde, dann wäre es in Ordnung, jedoch gibt es diese Leute. Man muss sie nur suchen und finden, was sich im Endeffekt nicht so schwer herausgestellt hat, da wir den Film ja primär für uns, das Team, welches jahrelang befreundet ist, geschrieben haben.
Aleksandar: Was ich auch betonen möchte, dass wir bekannte Schauspieler für unseren Film bekommen haben, da sie unser Drehbuch überzeugt hat. Neben österreichischen Größen, wie Josef Hader auch auch den Balkanstar Zijah Sokolović. Gleichzeitig muss man Arman sehr hoch anrechnen, dass er sich dafür entschieden hat, seinen Erstlingsfilm mit jenen Leuten zu besetzten, die er wollte, aber die kaum jemand kennt und damit volles Risiko einging

Wenn ihr für die Integrationspolitik in Österreich zuständig wärt, welche Dinge würden auf eurer Änderungsliste ganz oben stehen?
Arman: Zuerst würde ich den Namen Integrationspolitik auf Inklusionspolitik ändern. Das Wichtigste und gleichzeitig auch das, was fehlt: Menschen die nach Österreich kommen an der Hand zu nehmen. Wenn die Leute das Gefühl haben, an politischen Entscheidungen, der Kultur, etc. nicht teilnehmen zu können – dann ist es klar, dass Parallelgesellschaften entstehen, Jugendliche heranwachsen, die sich nicht mit Österreich identifizieren können , usw. Wenn wir uns umschauen, so sehen wir jedoch, dass es Menschen gibt, die sich trotz des ungemeinen Angebots und der Möglichkeiten in Österreich im Stich gelassen fühlen. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass etwas mit der Kommunikationspolitik nicht stimmt. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich in Österreich mein Leben nicht bereichern kann, so ist es logisch, dass man sich in seine Heimat zurückbesinnt.

„Mit diesem Augenzwinkern schaffen „Die Migrantigen“ etwas, was im Alltag schwer möglich ist“- Arman T. Riahi

Aleksandar: Es ist auch ganz wichtig, reale Vorbilder zu schaffen. Wir haben da unseren Teil mit unserem Film, als Regisseur und Schauspieler dazu beigetragen. Selbstverständlich muss jetzt nicht mit der Filmbranche beschäftigen, jedoch kann man nicht davon sprechen, dass z.B. mehr Mädchen in technischen Berufen gebraucht werden und dann einen 60-jähriger Österreicher vortragen lassen. Dann stimmt da etwas nicht! Kurz gesagt muss man für die Menschen und Jugendliche reale Vorbildfiguren in allen Bereichen schaffen, mit welchen sie sich auch identifizieren und auch die Möglichkeiten für ihre Zukunft erkennen können.

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Zum Abschluss: Warum muss jeder „echter“ Österreicher und jeder Migrant euren Film unbedingt sehen?
Aleksandar: Jeder muss den Film sehen! (lacht) Denn man darf in „Die Migrantigen“ einfach über alles und jeden lachen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Wir sind der erste österreichische Film, der dieses Thema mit Humor behandelt – Das macht unseren Film mit Sicherheit einzigartig.Man darf aber auch nicht vergessen, dass es sich im Endeffekt um einen lustigen Film handelt. Selbstverständlich sind wir nicht blauäugig und wissen ganz genau, welches Thema wir behandelt haben.
Arman: Ich bin davon überzeugt, dass neun von zehn, die unseren Film sehen sich köstlich amüsieren werden. Man kann den Film nämlich ganz einfach 98 Minuten rezipieren, viel lachen und nach Hause gehen. Noch dazu hat man einen Film über seine Stadt oder Österreich gesehen. Man kann jedoch auch etwas in die Tiefe gehen und sich in allen Situationen des Filmes real wiederfinden. Das besonders Schöne ist einfach, dass sich ein jeder über unseren Film kaputtlachen kann. Mit diesem Augenzwinkern schaffen „Die Migrantigen“ etwas, was im Alltag unmöglich ist und vielleicht regt er ja doch den einen oder anderen zum Nachdenken an.

Mehr Infos zur Premiere, Spielterminen und den Trailer findet ihr auf der nächsten Seite!