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INTERVIEW

Köstinger: „Klare und einheitliche Reisestandards anstatt Fleckerlteppich“

(FOTO: Paul Gruber)

Wir sprachen mit der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, Elisabeth Köstinger (ÖVP) über die Auswirkungen der Coronakrise auf den Tourismus, Pläne für Öffnungsschritte und Impfungen beim Reisen.

KOSMO: Tourismus und Gastronomie stehen seit Corona quasi still. Sie selbst bezeichneten die Situation als „katastrophal“. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie die Zeit bis zum geplanten kompletten Aufsperren im Sommer überbrücken?
Elisabeth Köstinger: Tourismus, Gastronomie und Freizeitwirtschaft gehören – neben den Veranstaltern und der Reisebranche – seit Beginn zu den Hauptbetroffenen der Coronakrise. Hier geht es um zehntausende Existenzen und Arbeitsplätze, vom Wirtshaus in der Gemeinde, übers Caféhaus im Grätzl, bis hin zum Freizeitbetrieb oder dem Fitnessstudio. Wir setzen daher alle Hebel in Bewegung, um die Betriebe zu unterstützen und die wirtschaftlichen Folgen bestmöglich abzufedern.

Dazu haben wir zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, etwa den Fixkostenzuschuss, Überbrückungsfinanzierungen, Umsatzersatz, Härtefallfonds oder Kurzarbeit. Zusätzlich haben wir den Ausfallbonus ermöglicht, der unsere Betriebe bis zum Ende der Coronakrise finanziell unterstützt und die größten Verluste abfedern soll. Ich bin in ständigem Kontakt mit Wirten, Hoteliers, Freizeitbetrieben und Veranstaltern. Und mir blutet als Tourismusministerin das Herz, dass diese engagierten Unternehmerinnen und Unternehmern aufgrund der Pandemie nicht tun dürfen, was sie am liebsten tun und am besten können: Gäste bewirten und schöne Erlebnisse in Österreich ermöglichen.  

Glauben Sie heuer an eine Situation wie vor Corona, oder wird es eine „neue Normalität“ geben und wie könnte diese aussehen?
Unsere Betriebe haben im letzten Sommer bereits bewiesen, dass sichere Gastfreundschaft möglich ist. Sämtliche Wirte und Hoteliers, mit denen ich spreche, sind bereit alle notwendigen Maßnahmen zu setzen, um höchstmögliche Sicherheit für Gäste und Mitarbeiter zu gewährleisten. Von Mitarbeitertestungen, bis hin zu Abstandsregeln oder FFP2-Masken. Ziel ist, dass Sommerurlaub in Österreich auch heuer wieder möglich ist. Der Weg zu diesem Ziel führt über regelmäßige Testungen und rasche Impfungen. Bei Mitarbeitern genauso wie bei Gästen.

„Fakt ist aber, dass die Impfung unser „Game Changer“ in dieser Pandemie sein wird. Aus touristischer Sicht ist die Impfung eine sehr gute und wichtige Maßnahme“

– Elisabeth Köstinger.

In den letzten Wochen wurde in der Öffentlichkeit lautstark bekrittelt, dass Ski-Lifte geöffnet haben, während andere Outdoor-Sporteinrichtungen jedoch geschlossen sind. Wie entgegen Sie diesen Stimmen?
Ich verstehe nicht, was der Unterschied sein sollte zwischen Eislaufen am Wiener Rathausplatz, Spazierengehen auf der Donauinsel oder Skifahren auf einer Piste. In Österreich gehört Skifahren im Winter zu den beliebtesten Sportarten – speziell in den westlichen Bundesländern. Daher soll Sport und Erholung im Freien für Einheimische und Tagesgäste möglich sein. Wichtig ist, dass alle Sicherheitsregeln eingehalten werden, egal um welche Aktivität es geht.

Bundeskanzler Kurz sprach sich für EU-weite Reisebeschränkungen bzw. „klare Reisestandards“ aus. Wie stehen Sie zu diesem Thema und wie würden sich solche Regelung auf den Tourismus auswirken?
Der Bundeskanzler hat völlig recht.  Klare und einheitliche Reisestandards innerhalb der EU wären für den Tourismus sehr wichtig und für die Reisenden eine wesentliche Vereinfachung. Ansonsten haben wir einen europäischen Fleckerlteppich an verschiedenen Regelungen, über die sich jeder Reisende einzeln informieren muss.

Die Vakzine soll die Pandemie Schritt für Schritt beenden. Wie stehen Sie, aus tourismuspolitischer Sicht wohlgemerkt, zum Thema Impfpflicht für Angestellte zum Schutz der Mitarbeiter und Gäste?
Impfpflicht wird es in Österreich keine geben. Ob man sich impfen lässt, liegt in der Entscheidung und Eigenverantwortung des Einzelnen. Fakt ist aber, dass die Impfung unser „Game Changer“ in dieser Pandemie sein wird. Aus touristischer Sicht ist die Impfung eine sehr gute und wichtige Maßnahme – je mehr geimpft sind, desto eher kommen wir wieder zu einer gewissen Normalität und bekommen unser gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben zurück.

Sie forcieren den Ausbau der Lebensmittelkennzeichnung. Warum ist Ihnen dieses Projekt so wichtig?
Der Trend zu regionalen Lebensmitteln nimmt laufend zu. Immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten wollen wissen, woher die Produkte auf ihrem Teller kommen. Um das Bewusstsein in regionale Qualität zu schärfen und das Vertrauen der Verbraucher zu festigen, ist eine Herkunftskennzeichnung der richtige Hebel. Zuerst brauchen wir eine Kennzeichnung der Lebensmittel in Speisen der Gemeinschaftsverpflegung und bei verarbeiteten Produkten. Ob in der Büro-Kantine, in der Schulküche, im Pflegeheim oder beim Griff ins Supermarkt-Regal – die Konsumenten sollen leicht erkennen können, woher die Produkte stammen. Wo Österreich draufsteht, soll Österreich drinnen sein. Wer auf regionale Lebensmittel achtet, stärkt zudem unsere bäuerlichen Familienbetriebe und schützt die Umwelt durch kürzere Transportwege. Unsere Bäuerinnen und Bauern produzieren Lebensmittel bester Qualität unter Einhaltung höchster Standards – das wollen wir vor den Vorhang holen.